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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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in die Hütte, damit der Schnee schmolz und ihnen Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen zur Verfügung stand. Heißes Wasser war eine Kostbarkeit; es wurde im Topf auf dem Herd oder in einem Kessel über der Glut des Kamins erhitzt. Mit diesem Wasser bereitete er alles zu, von Instant-Haferflocken bis zu Fertigsuppen und –eintöpfen. Es war ihm ja sogar gelungen, im Backofen des Herds Maisbrot zu backen.
    MacGregor war gut auf ihre Isolation vorbereitet; sie hatten bisher nicht hungern müssen. Dennoch war die Hütte natürlich kein Fünf-Sterne-Hotel, ja kam nicht annähernd an ein Ein-Stern-Hotel heran.
    Jillian warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Wanne mit Dusche und stellte sich vor, wie es wäre, heißes Wasser über die schmerzenden Muskeln und shampooniertes Haar prasseln zu lassen. Das wäre der Himmel auf Erden. Sie sah sich selbst bei Kerzenlicht bis zum Hals in warmem, duftendem Wasser, ihre Haut weich von Badeöl. Sie würde die Augen schließen und … MacGregor würde einen Waschlappen nehmen und sie sanft baden, mit den Fingerspitzen über ihre Haut streichen, ihre Brüste berühren und sie auch weiter unten streicheln, bis ihre Brustwarzen sich aufrichteten und ihr der Atem stockte, während er ihre nasse Haut verwöhnte …
    Ihr entschlüpfte ein empörter kleiner Laut. Wohin verstieg sie sich? Der Lagerkoller verwirrte ihren Verstand, ließ sie von Sex mit einem Unbekannten träumen.
    Ärgerlich auf sich selbst, hinkte sie zurück in die Küche, holte ein Gefäß und goss ein wenig heißes Wasser aus dem Topf auf dem Herd hinein. Vorsichtig ging sie damit zurück ins Bad, gab etwas kaltes Wasser aus dem Eimer hinzu und wusch sich mit einem Lappen Gesicht, Hände und die Körperteile, die es am nötigsten hatten. Ihr Haar musste noch warten, doch sie feuchtete es immerhin an, massierte ein wenig Seifenschaum hinein und spülte es aus, so gut es ging. Das war keine professionelle Haarwäsche, doch sie fühlte sich immerhin ein wenig sauberer. Mit den Fingern glättete sie die Knoten, dann bürstete sie ihr Haar aus. »Allerbeste Schönheitspflege in den Bitterroots«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, das immer noch Blutergüsse im Gesicht zeigte.
    Als sie die Tür öffnete, sah sie MacGregor und den Hund in der Küche stehen. Er war offenbar schon länger zurück, denn er trug Jeans und Pullover. Seine Jacke war nirgends zu sehen.
    »Da hat sich jemand gewaschen«, bemerkte er.
    »Wurde auch Zeit, oder?«
    Er nickte. »Gut siehst du aus.«
    Jillian hätte beinahe gelacht. »Im Vergleich zu wem? Quasimodo oder Jabba der Hutte oder Mr. Hyde? Machst du Witze?«
    »Nein. Ich meine, im Vergleich zu deinem Aussehen, als ich dich nach dem Unfall in deinem Wagen gefunden habe.«
    »Kein sonderlich hohes Niveau, MacGregor.«
    »Vielleicht nicht, aber ehrlich, du siehst … sehr viel besser aus. Und jetzt würde mir ein Kaffee guttun«, sagte er so gelassen, als wären sie ein altes Ehepaar, dem nichts mehr einfiel, außer gemeinsam die Zeitung zu lesen.
    »Hört sich himmlisch an.« Bei diesen Worten wand sie sich innerlich. Du liebe Zeit, sie flirtete doch wohl nicht mit ihm? Was um alles in der Welt war in sie gefahren?
    »Spar dir dein Urteil lieber auf, bis du ihn probiert hast.« MacGregor öffnete einen Schrank neben dem Herd und entnahm ihm einen Plastikbehälter mit Kaffeepulver. »Vorgeröstet, gemahlen und vakuumverpackt«, erklärte er. »Nichts geht über diese Sorte, ganz gleich, was die Kaffeewerbung dir einreden will.« Er warf einen Blick auf die Kaffeemaschine, die nutzlos auf dem zerkratzten Holztresen stand. »Da wir keinen Strom haben, müssen wir ihn wohl auf die althergebrachte Weise aufbrühen.«
    »Klingt gut«, sagte Jillian und fing seinen Blick auf. Der Atem stockte ihr angesichts der Geheimnisse in den Tiefen seiner Augen.
Ich habe ein Problem,
dachte sie, doch sie hatte keine Angst.
     
    Alvarez’ Handy klingelte, als sie die Tür ihres Jeeps abschloss und ins Büro gehen wollte. Nach einem Blick auf das Display, das die Nummer ihrer Mutter anzeigte, machte sie sich auf einiges gefasst. Sie erwog, sich gar nicht zu melden, doch dadurch würde sie das Unvermeidliche nur auf die lange Bank schieben.
    »Guten Morgen, Mom.« Die Laptoptasche in der Hand, eilte sie durch den schneidenden Wind zum Eingang des Gebäudes.
    »Hi, Schätzchen.«
    Trotz des Handys an ihrem Ohr eilten Selenas Gedanken voraus zu ihrem bevorstehenden Arbeitstag. Immerhin schneite es noch nicht, und

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