Der Sodom Kontrakt
fahren. Alle waren sich einig gewesen, dass man dafür einen Kleinkredit aufnehmen und Urlaubstage opfern musste. War ja Ehrensache.
“Klar, Mänätscher, auf uns kann sich die Borussia verlassen.”
Soviel geballte Prollverblödung machte Kubek fertig. Aber hier, mitten in dieser schwarzgelb wogenden Masse fühlte er sich sicher. Wo so viele Menschen zusammen waren, würde Cobra keinen Versuch machen, ihn umzubringen. Es war Kubek ein Rätsel, wie Cobra ihn gefunden hatte. Es konnte nur ein dummer Zufall gewesen sein. Warum hatte er auch in der City rumlaufen müssen?
Auf dem Rasen tat sich Dramatisches. An Heinrich war das Spiel vorbeigelaufen. Er war nicht in die Zweikämpfe gegangen und hatte sich im hohen Gras versteckt. Plötzlich schnappte er sich den Ball an der Mittellinie und startete durch. Er sah die Lücke halblinks und schoss los. Noch einen ungelenken Knochenbrecher der gegnerischen Abwehr umspielt, und er stand siebzehn Meter allein vor dem Torwart. Bevor die Abwehrspieler die Lücke schließen konnten, zog er eine Granate ab, die wie an einer Schnur ins rechte obere Eck einschlug. Null Chance für den Torwart. Heinrich hatte ein Tor gemacht, alles war vergessen und vergeben. Die Menge tobte. Wie aus einer Kehle brüllte es aus fünfzigtausend Kehlen: “Jörg Heinrich bester Mann der Welt.” Dann sangen alle irgendein Lied, in dem Borussia Dortmund alles einsackte, was man im Fußball gewinnen konnte und jeder Fan als gottgleich anzusehen sei.
Von hinten reichte ihm jemand zum dritten Mal einen Glühweinbecher. Angeekelt nahm er ihn und trank ein paar heiße Schlucke. Der Glühwein schmeckte diesmal etwas bitter. Anders als die beiden Male davor. Panik ergriff ihn.
Er drehte sich um und starrte in Cobras ausdruckslose Augen. Cobra sagte: “Gleich wird es dunkel.” Dann drehte er sich um und drängelte sich zwischen aufgesprungenen, schreienden Fans hindurch.
Kubeks Hals begann zu brennen. Er schrie. Plötzlich schüttelten ihn Magenkrämpfe. Jemand riss seine Eingeweide auseinander. Schaum bildete sich auf seinen Lippen. Er fiel über seinen Vordermann und zuckte wild. Er hörte nicht wie der Mann ihn wütend anblökte. “Eh, du Arsch! Geh nach Haus, wenne keine Nerven für dat Spiel has.”
Kubek starb unter schlimmen Schmerzen. Sein Leichnam wurde über die Köpfe und Schultern der Borussenfans zum Ausgang gereicht und abgelegt. Es dauerte bis zur Halbzeit, bevor sich jemand den Mann anschaute und feststellte, dass er tot war. Weitere Minuten vergingen, bis die Sanitäter kamen.
GOES. Sie gingen das schneeglatte Kopfsteinpflaster einer ansteigenden Einkaufsstraße hinauf. Nach zwei Kurven standen sie vor dem kleinen Hafenbecken mitten in Goes. Um das eiförmige Becken standen schmale Giebelgebäude und ehemalige Lagerhäuser. Über den engen Kanal, der in den Hafen führte, reichte eine typische holländische Brücke. Einige Segelschiffe, die mit einer Schneedecke überzogen waren, ankerten zwei Meter tiefer an der Beckenmauer und verliehen dem Ort eine weitere romantische Note.
“Wie schön es hier ist", sagte Monika. "Es muss herrlich sein, mit so einem Schiff durch die Grachten zu fahren."
“Bestimmt. Ich hab mal drei Tage eine Bootstour durch die englischen Kanäle gemacht. Es war der beste Urlaub meines Lebens.”
“Warum kratzen wir nicht unser Geld zusammen und kaufen ein Schiff? Dann verbringen wir den Rest unseres Lebens in der Südsee.”
“Der alte Jack London-Traum. Für mich ist es zu spät. Aber was hindert Sie daran?”
Sie waren halb um das Hafenbecken herumgegangen. An den Rändern hatte sich Eis gebildet und die Boote festgefroren.
“Wieso ist es für Sie zu spät?”
Gill blieb vor einem ehemaligen Getreidespeicher stehen, der zu einem Wohnhaus umgebaut worden war.
“Außerdem hab ich etwas zu erledigen. Hier muss es sein.” Kein Namenschild stand an der Tür. Aber es war die Hausnummer, die Kees genannt hatte. Gill drückte auf die Türklingel. Nichts. Nach einer Minute klingelte er ein weiteres Mal, diesmal länger. Durch den Briefkastenschlitz wurde ein Blatt Papier geschoben. Gill nahm es. Monika rückte näher an ihn heran, um mitzulesen.
Die Gesamtheit der Ursachen, welche die Gesamtheit der Wirkungen bestimmen, übersteigt die Fassungskraft des menschlichen Verstandes. (Raymond Arons).
1. Vermeiden Sie jede Aussage über das heutige Datum. Nennen Sie auf keinen Fall das gegenwärtige Jahr!
2. Erwähnen Sie keine Markenartikel.
3.
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