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Der Sodom Kontrakt

Der Sodom Kontrakt

Titel: Der Sodom Kontrakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Compart
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wenn Sie im Wagen warten.”
    “Sicher nicht”, sagte Monika und stieß die Tür auf. Die Luft war mehrere Grad kälter als in Brüssel, und von der Schelde her wehte ein scharfer Wind. Gill befürchtete, dass es frieren und die schlechten Straßen Probleme bereiten könnten. Die leichte Schneedecke reichte jetzt schon bis über den Rand seiner Schuhsohlen. Sie gingen den Weg hinunter, an einem parkenden Citroën mit Brüsseler Nummernschild vorbei.
    Eine Haustür wurde geöffnet. Ein untersetzter Mann mit Vollbart und dicker Brille trat heraus. Er musterte Gill und Monika misstrauisch, bevor er in den Citroën stieg. Sie blieben stehen und sahen ihn davonfahren. Gill betrachtete das Haus, aus dem der Mann gekommen war.
    “Das ist Klebers Adresse.” Er klingelte. Nach wenigen Sekunden wurde die Tür geöffnet.
    “Was vergessen?” Der Mann - zweifellos Kleber - sah Gill und Monika überrascht an. Er war klein und drahtig und wirkte nicht wie ein über Sechzigjähriger. Sein kurzgeschnittenes Haar und das kantige Kinn verliehen ihm ein robustes Aussehen. Ein Energiebündel. “Wer sind Sie?”
    “Mein Name ist Gill. Ich habe Ihre Anschrift von Masy.”
    In den scharfen Augen des Kleinen flackerte es. “Moment. Warten Sie.”
    Die Tür wurde ihnen vor der Nase zugeschlagen. Monika umschlang sich mit den Armen gegen die Kälte und stampfte mit den Füßen. “Wenigstens in den Flur hätte er uns bitten können.”
    Gill zündete sich seine letzte Reval an. Sie warteten mehrere Minuten. Dann wurde die Tür wieder geöffnet. “Kommen Sie rein. Erster Stock”, sagte Kleber auf Deutsch mit französischen Akzent.
    Im ersten Stock erwartete sie das Arbeitszimmer eines Mannes, der mit Büchern lebte. Die Wände waren bis an die Decke mit Regalen bedeckt. Auf dem Schreibtisch türmten sich Zeitungen und Akten. Kleber bot ihnen Platz auf einem abgenutzten Ledersofa zwischen zwei Buchstapeln an. Er verließ den Raum und kam mit zwei dampfenden Kaffeebechern zurück. “Bitte. Zucker oder Milch habe ich nicht.”
    “Das ist doch hoffentlich keine heiße Apotheke?” entfuhr es Monika.
    “Ah, Madame kennt die Bräuche. Um eins gleich klarzustellen: Ich mag die Deutschen nicht. Ich kann sie nicht ausstehen. Ich rede nur mit Ihnen, weil ich ein paar deutsche Kameraden hatte, die die Ausnahme von der Regel waren.”
    “Ich habe für meine Landsleute auch keine besonderen Sympathien”, sagte Gill. “Aber ich habe eigentlich für kein Volk besondere Sympathien. Volk, Masse, das ist mir viel zu abstrakt, um Emotionalität zu verspüren.”
    Der kleine Mann sprang durch den Raum. “Ha! Das ausgerechnet von einem Deutschen! Ihr habt doch die nationale Sentimentalität erfunden! Kein anderes Volk salbadert so mit seiner Geschichte. Das letzte angeblich zivilisierte Land, in dem die Zugehörigkeit durch Blut bestimmt wird. Die Propheten des Inzest.”
    Kleber hielt gerne Vorträge. Wenn dies der Preis für seine Informationen war, musste Gill ihn bezahlen.
    “Früher waren die Deutschen wenigstens gute Soldaten. Ihr Untertanengeist war gut fürs Militär. Ein Deutscher ließ sich lieber totschießen als den falschen Befehl eines unfähigen Vorgesetzten zu verweigern. Ein merkwürdiges Volk. Geistig sind sie so unterentwickelt wie die Russen. Vielleicht war es der Dreißigjährige Krieg, wie einige Historiker behaupten, von dem sich Deutschland nie erholt hat. Danach waren sie von fortschrittlichen Entwicklungen in Europa für sehr lange Zeit abgeschnitten. Sie stecken noch in feudalistischen Denkmustern. Die Deutschen können mit Demokratie nichts anfangen. Sie wollen keine freien Entscheidungen oder Selbstverantwortung. Sie wollen, dass man ihnen sagt, wo es langgeht. Sie haben die Mentalität von Leibeigenen. Aber für ihre Knechtschaft verlangen sie die totale Versorgung. Briten oder Franzosen halten Freiheit für das Wichtigste, die Deutschen Sicherheit. Tief verwurzelte Existenzängste beherrschen ihr Leben. Und wehe, wenn ihre Sicherheit zum Teufel geht. Dann rasten sie aus und zünden die Welt an. In welchem anderen Land gibt es so viele Versicherungen? Wie kann ein Sechzehnjähriger auf die Idee kommen, eine Lebensversicherung abzuschließen? Das gibt es nur in Deutschland. Was ist das überhaupt für ein Wort: Lebensversicherung? Im Deutschen klingt es geradezu metaphysisch. Die Deutschen sind die einzigen Europäer, die sich wundern, wenn sie entdecken, dass ihre Politiker Verbrecher sind. Wenn ihr Kanzler

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