Der Sodomit
erkannte ganz offensichtlich den Ernst der Lage nicht.
Die Frau fegte den Gastraum, als sie eintraten. Sie blickte kurz auf und deutete ein höfliches Nicken lediglich an. Pfui Teufel, wie er es hasste, dass sie Zeugin seines moralischen Ausrutschers geworden war. Sollte er auch ihr ins Gewissen reden? Doch was kümmerte sich ein König um das Gewäsch eines Wirtsweibes, das schlechten Umgang pflegte? Die Bekanntschaft mit dem kupplerischen Leske war schlechtester Umgang. Warum hatte ihn Gott dieser Prüfung unterziehen müssen?
Nein, nicht Gott. Auch Leske war eine Ranke derselben teuflischen Schlingpflanze. Gott sei Dank hatte sich Tamás rechtzeitig davon befreit.
Sara runzelte die Stirn und richtete sich auf. „Und? Womit kann ich den Herren dienen? Dirnen sind leider aus. Aber in der Küche liegen kopflose Hühner, die aufs Rupfen warten. Wenn die Not zu arg ist, mögen sie zur Abhilfe herhalten.“
„Wie kannst du dich erdreisten …“
Im Durchgang zur Küche öffnete sich eine Klappe. Der Knecht der Wirtin steckte den Kopf daraus hervor und schleuderte ein Netz mit Fischen aus der Versenkung. Sie zappelten in den Seilen und schlugen ihre Schwänze auf den Boden.
Tamás rieb sich die Augen. Sah er nur noch junge Männer, die aus irgendwelchen Löchern krochen oder darin verschwanden?
„Schöne Grüße vom alten Vogdt.“ Der Kerl grinste die Wirtin an. „Die Forellen wären nur für dich in sein Netz gesprungen.“
„Ein Fischer fischt nicht im Keller“, raunte Bence. „Sondern in der Donau. Wenn der Junge mit noch lebenden Fischen aus der Luke steigt, muss der Keller einen Ausgang nach draußen haben.“
Das Gasthaus lag mit der Rückseite zum Ufer hin.
Szábos Haus ebenfalls.
*
Viel besser, als wenn er es mit sich allein trieb. Viel, viel besser. Auch wenn er wund war. Auch wenn ihm der halbe Balken in den Backen steckte. Von innen und außen genommen zu werden, war mit nichts zu vergleichen. Gott, wie sein Unterleib zog. Am liebsten hätte er Mihálys Hand genommen und ihn gebeten, sie nur ruhig zwischen seine Beine zu legen.
Die waren ohnehin schwach und versagten ihm fast ihren Dienst. Auch sein restlicher Körper fühlte sich weich an. Weich und gut.
„Zieh dich an“, sagte Mihály mit seiner tiefen Stimme. „Sonst wirst du kalt.“
„Mir war noch nie so warm.“ Sein Körper glühte. Arme und Beine prickelten, als liefen Ameisen darin herum. Und sein Rücken erst.
Mihály streifte ihm das Hemd über und stopft ihn in das Wams. „Ich schnüre dir das ganz fest. Dann hat dein Oberkörper ein wenig Halt.“
Ein Herr half einem Krüppel beim Anziehen. Mihály war und blieb ein komischer Kauz. Ein Kauz mit schönem Mund, der gut schmeckte und sich noch besser küssen ließ. Ein Kauz, der eben in ihm gesteckt hatte.
Sünde. Ganz sicher.
„Kommen wir jetzt ins Fegefeuer?“
Mihály zuckte die Schultern. „Du nicht. Habe keine Angst. Wenn, dann nur ich.“ Er ließ den Kopf hängen. „Ich habe dich dazu verführt. Dich trifft keine …“
„Machst du das morgen wieder mit mir?“ Allein bei der Vorstellung zog es stärker zwischen seinen Beinen.
„Ist das dein Ernst?“ Völlig erstaunt sah Mihály hoch. „Stört es dich nicht, dass ich ein Mann bin?“
„Stört es dich, dass ich ein Mann bin?“
Seufzend setzte sich Mihály auf das Holzgestell und fuhr sich mit den Fingern durch seine kurzen Haare. „Mich würde höchstens stören, wenn du eine Frau wärest. Wenn dir etwas an mir liegt, sage niemandem etwas davon.“
Schweigen war in Mihálys Dasein wichtig. Überlebenswichtig. Ebenso wie bei ihm das Unsichtbarsein wichtig gewesen war. Josias setzte sich neben ihn und bereute diese Tat sofort.
Mihály verzog das Gesicht, als wäre er selbst wund. Er faltete die Decke auseinander, die eben noch Josias Rücken gequält hatte, und legte sie ihm unter. „Besser?“
„Ein bisschen.“
„Ich habe oben eine Salbe.“ Mihály zwinkerte. „Die hilft bei jeder Art Wundsein.“ Schon wollte er aufstehen, aber die Salbe konnte warten. Josias hielt Mihály fest. Was ihm durch den Kopf ging, war wichtig und Mihály sollte es hören.
„Zu den Gottesdiensten habe ich mir jedes Mal anhören müssen, dass mir der Teufel im Leib steckte.“ Dafür hatte er den Priester gehasst. Wegen ihm und seinen Worten durfte ihn jeder aus dem Dorf prügeln, wann immer er wollte.
„Bis auf meine Mutter bist du der erste Mensch, der mich gut behandelt. Ich wäre ein Idiot, wenn
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