Der Sodomit
verschwinden. Ich habe genug gesehen.“ Das reichte für eine Anzeige. Das reichte auch für Folter und Scheiterhaufen. „Du bist Zeuge, Bence. Merke dir genau, was du siehst.“
Bences Kinn sank auf seine Hand, die immer noch am Felsen lag. „Ich bin Zeuge“, brabbelte er und begann über seine Haut zu lecken. „So eine Abscheulichkeit.“
Nun küsste er sich auch noch. Das musste ein Ende haben. Tamás zerrte ihn am Kragen hinter sich her. Bence war labil. Trotz der Kälte stand sein Geschlecht ab und wippte bei jedem Schritt. Es war größer, als es neulich Nacht in seiner Faust ausgesehen hatte.
„Was ist los mit dir? Bei dem Anblick von Barti und seinem Gesellen hast du dich nicht so aufgeführt.“
„Barti ist alt.“ Bences Blick schweifte zu dem Buckligen. „Und der junge Mann da, der mit dem krummen Rücken, stell dir mal vor …“
„Den Teufel werde ich!“ Wie entsetzlich! Der Gehörte griff bereits nach Bence, wollte auch ihn in seinen Bann ziehen. Tamás verpasste seinem Kollegen eine schallende Ohrfeige.
„Wir berichten dem König, was wir gesehen haben. Der wird sich wundern, wenn er die Verderbtheit seines heiß geliebten Wundarztes erkennt.“ Er warf Bence die Hosen zu, der es jedoch nicht registrierte, sondern über die Schulter zum Ort der Schlechtigkeit blickte.
Der Kerl brachte sich noch selbst den Tod. Tamás schlug ihm die Hand ein zweites Mal ins Gesicht. Bence zuckte zusammen und blinzelte, als wache er eben aus einem Traum auf. „Zieh dich an! Wir müssen zum Palast. Der König muss hören, welche Widerwärtigkeiten sich vor seiner Nase abspielen.“
„Sie werden Szábo ein Geständnis abpressen.“
Sieh an. Bence schien seine Denkfähigkeit wiedererlangt zu haben.
„So, wie ich ihn kenne, wird er den anderen nicht verraten.“ Mit einer Leidensmiene zog er sich die Hosen über die nassen Beine.
Wen kümmerte es, was Szábo verriet oder nicht? Solange er nur dingfest gemacht wurde.
*
Was war nur mit ihm los? Mihály floss über vor Liebe. Sie brach sich eine breite Bahn und umströmte Josias, bis nichts mehr von ihm herausschaute. All die Zärtlichkeit, die Sehnsucht, die sich über die Jahre aufgestaut hatte, umgab den jungen Mann, dessen Buckel keinerlei Rolle mehr spielte. Mihály umfasste das lieb gewonnene Gesicht mit seinen Händen. Er musste Josias warnen. Musste ihm erklären, auf welchen lebensgefährlichen Weg er sich mit ihm begab, doch es ging nicht.
Seine Stirn an die des anderen legen, die Augen schließen und für ihre Liebe beten. Was sollten sie tun?
„Es wird niemand erfahren“, sagte Josias leise. „Ich bleibe im Keller. Wir verriegeln das Gatter nach draußen. Nachts werde ich alle Fackeln löschen, aber bitte, höre nicht auf, mich zu küssen.“ Seine Lippen fanden Mihálys Mund. „Als ob ich jetzt erst lebe. Als ob alles davor nur ein Albtraum gewesen ist, aus dem du mich geweckt hast.“
Wenn er ihn nur nicht in einen neuen, sehr viel schlimmeren Albtraum stieß. Einen, aus dem sie beide nicht mehr erwachen konnten.
Josias zitterte wie Espenlaub. Er drängte sich dicht an Mihály, doch nackt wie er war, wurde es nicht besser.
„Warum ziehst du dich nicht endlich an?“ Und warum standen sie mit den Füßen im Wasser und das kurz vor dem Winter? Liebe kostete den Verstand. Mihály nahm Josias an der Hand und führte ihn zurück ins Gewölbe. Wenn sie den Feuerkorb näher an den Eingang schoben, zog der Rauch besser ab und Josias konnte sich wärmen, ohne dabei zu ersticken.
Josias schlug Funken aus dem Feuerstein, ließ ihn in einem Knäuel aus Heu wachsen und bettete die schwelende Flamme zwischen die Holzscheite. Er wäre ein guter Gehilfe. Seine Hände waren geschickt und ruhig. Er könnte Bader werden. Könnte dieselbe Ausbildung erhalten wie er selbst.
Dasselbe hast du bei Dávid auch gedacht.
Nein, nicht diese Gedanken.
Du hast dich und ihn in Sicherheit gewähnt, bist unvorsichtig geworden - und wohin hat es dich geführt?
Josias war nicht Dávid und Mihály hatte seine Lektion gelernt. Vorsicht. In jedem Augenblick.
Dávid ist tot.
Josias lebte.
„Ich fühle mich jetzt schon gerader.“
War das schön, Josias lächeln zu sehen.
Kein Vorwurf im Blick, keiner in der Stimme. Der Junge war einfach nur glücklich.
Beende es!
Unmöglich. Es war längst zu spät. Mihály holte zwei Decken von der Pritsche. Eine für sich, eine für Josias. Dicht aneinander gedrängt sahen sie den Flammen beim Tanzen
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