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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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alle Richtungen. Verflixt, lagen die Pilze schwer im Magen.
     
    *
     
    Wie lange schon? Niemand sagte es ihm. Das Gewölbe war hoch, besaß keine Fenster. Kein Tageslicht, keine Nacht. Wenn er ohnmächtig wurde, klatsche ihm einer der Männer einen Eimer Wasser ins Gesicht. Wieder Fragen, wieder hörte er Antworten von sich, die Jacquier nicht zufriedenstellten, denn warum ließ er ihn auf dieser Bank?
    Waren seine Knechte zu faul, ihn abzuschnallen und in die Zelle zurückzuschleppen? Vielleicht gab es nichts mehr zum Abschleppen. Seine Arme spürte er schon lange nicht mehr. Nur dann, wenn die Eisenzähne aufeinanderschlugen. Also waren sie noch da. Auch seine Beine. Sie bluteten, wie vieles an ihm. Sein Verstand tröstete mit Schwachsinn.  Sei froh, dass hier unten keine Fliegen herumschwirren, sei dankbar, dass es keine Ratten gibt.  Die gab es, aber nur in den Gängen und im Kerker. Ob sie von Barti etwas übrig gelassen hatten? Da ihn der Scharfrichter nicht mehr zum Verhör holte, musste er gestanden haben. Manchmal sehnte sich Mihály in diesem zeitlosen Raum, dasselbe zu tun. Doch dann traten die Bilder seines brennenden Vaters vor seine Augen, und er biss sich die Zunge wieder und wieder blutig.
    Zu dumm, dass er die Gewebe kannte, die in seinen Schultern rissen. Das machte es nicht leichter, den Geräuschen zu lauschen.
    Einmal renkte ihm der Scharfrichter die Schultern wieder ein. Er fütterte ihn, gab ihm etwas zu trinken. „Gesteh’s halt“, sagte er lapidar. „Dann hast du’s hinter dir.“
    Eine Vereinigung gotteslästerlicher Sodomiten gestehen? Es gab keine. Welche Namen hätte er nennen sollen?
    Ob er auf das Kreuz onaniert oder sich auf ihm entleert hätte.
    Wie weit sein Geschlecht ins falsche Gefäß seines Gespielen reichte.
    Wie oft und wie schnell er zustoßen müsste und welche Laute währenddessen über seine Lippen kämen.
    Welche Gerade der Wollust er in welchen Stadien seines gotteslästerlichen Treibens empfunden hätte.
    Ob er auch mit Frauen Unzucht triebe.
    Ob er auch bei ihnen das falsche Gefäß wählte.
    Ob ihn der Bau des Kreuzes erst dazu verleitet hätte, derlei Ungeheuerlichkeiten zu begehen.
    Mihály brach den Versuch, die Funktion des Gestelles zu erklären, ab, als sich Jacquier gähnend die Hand vor den Mund hielt. Dieser Mann wollte nicht die Wahrheit. Er wollte eine Geschichte, die zu seinen Ängsten und geheimen Lüsten passte. Mihály konnte sie ihm nicht liefern. Noch nicht. Sollte das eiförmige Gerät repariert werden, sah es anders aus.
    Sich in den Wahnsinn zu fürchten, und dennoch vernünftig über seine Lage nachdenken zu können. War das die erste Erscheinung, dass ihn sein Geist verließ?
    Nimm den Körper mit,  dachte er zu der Stelle, wo sich die Streben des Gewölbes über ihm kreuzten.  Ich bin nur noch Angst, sobald ich aufhöre, Mist zu denken.
    Nach dem Morgengrauen, hatte Jacquier gesagt, würde er ihn ein letztes Mal auf das empfindlichste Befragen. Seine letzte Aussicht, dem Fegefeuer zu entrinnen. Es konnte nicht schlimmer sein als das, was hier mit ihm geschah.
    Seltsam, den Geruch des eigenen, verbrannten Fleisches zu riechen. Er verflog schnell. Hinterließ nur Schmerz. Seine Welt bestand aus nichts anderem mehr.
    Kniffe mit der Feuerzange.
    In seine Brust. In seinen Bauch.
    Der Knecht hatte sich bloß über die tränenden Augen gewischt. Durch nichts ließ er sich in seiner Arbeit aus der Ruhe bringen.
    Nenne ihm eine Reihe von Männernamen und hoffe auf ein gnädiges Ende.
    Wie entsetzlich, dass er sich für diesen Gedanken nicht schämte.
    „Der Woiwode hat mir von dem Zwischenfall im Lazarettzelt berichtet.“
    Die Stimme kam ihm bekannt vor, auch wenn sie dumpf klang. Mihály versuchte den Kopf zu drehen, doch sein Blick verschwand hinter seinen Oberarmen. Sie waren nicht übermäßig gestreckt aber so, dass die Gelenke nicht zurückspringen konnten.
    „Ich soll dich von ihm grüßen und dir ausrichten, dass du zwar ein genialer, aber auch dummer Mensch wärest, denselben Fehler zu wiederholen.“
    Die einzige Fackel steckte neben der Empore.
    Die vermummte Gestalt konnte ein Mönch oder der Teufel oder sonst wer sein. Sie blieb im Schatten, doch Mihály spürte ihren Blick auf sich gerichtet.
    „Er bat mich eindringlich, Jacquier Einhalt zu gebieten. Also höre mein Angebot: Gestehe dem Inquisitor alles, was er hören will. Wenn es Komplotte gegen die Mutter Kirche sind, sag ja. Wenn er von Teufelsritten im Mondschein erzählt

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