Der Sodomit
verderbter Seelen lediglich in den Mund eingeführt werden.“
Ádám Szábos Mund. Weit aufgerissen inmitten eines Meeres aus Flammen und Schmerz. Mihály suchte Matthias’ Blick. Er hatte ihn dem Woiwoden abgeschwatzt. Wozu? Um ihn hier zugrunde gehen zu lassen?
„Ádám Szábo gestand erst, als sein Mund auch nach dem Entfernen dieses hilfreichen Gerätes nicht mehr in der Lage war, Worte zu formulieren.“
Kaltes Lächeln. Wie konnte Jacquier ein Mann Gottes sein?
„Doch ich war gnädig und verstand, was er mir mit seinem Krächzen und Keuchen mitteilen wollte.“ Er drehte die Schraube. Wie eine schimmernde Blüte öffneten sich die Blätter aus Metall. Spreizten sich voneinander ab, bis sie einen rechten Winkel erreichten. Aus den Metallscharnieren tropfte es dunkel. Das makellose Weiß der Handschuhe färbte sich braunrot. Jacquiers Mund wellte sich vor Ekel. Er winkte die Wache zu sich. „Reinige das hier gründlich.“
Dieses Ding in sich zu haben. Fühlen, wie es sich ausdehnte, wie die scharfen Kanten des Metalls zartes Gewebe zerschnitten.
Flackern vor den Augen. Das Gefühl, in die Tiefe gezogen zu werden. Die Schreie des Apothekers hallten ihm im Ohr, zogen ihm die Beine weg.
Emotionslose Worte fielen aus einem fremden Mund, zersplitterten wie Glas in Mihálys Bewusstsein. Lange bevor er sie verstand. Was wollte der Mann mit den Handschuhen und dem steifen Kragen von ihm? Er sollte Josias verraten? Sollte Gefühle beschreiben, die er in ihm empfunden hatte? Die Glut, die Intensität erklären und begründen, warum sich ein kluger und bei den Menschen geschätzter Mann wie er der Ketzerei in den Gedärmen eines anderen Mannes ergab.
Ketzerei?
Liebe.
Sie war noch da.
War noch nicht unter seiner stinkenden Angst erstickt.
Von irgendwoher kam der Mut, alles zu leugnen, was ihm Jacquier vorwarf.
Damit verriet er Josias nicht. Was der Mann mit dem vor Gier leuchtendem Blick erfragte, hatte nichts mit ihrer Liebe zu tun.
„Entkleide dich.“
Ein Befehl kalt wie Eis.
Wie konnte diese Stimme aus einem menschlichen Mund kommen?
Mihály hob seine gefesselten Hände. „Tut es selbst. Mir sind die Hände gebunden.“
Mut?
Resignation gepaart mit Hass. Er würgte an beidem.
Wieder räusperte sich der König. Sollte er es tun oder lassen. Niemand konnte ihm mehr helfen.
„Eure Eminenz?“ Der Mann, dem er die Schulter operiert hatte, hob das Metall-Ei hoch. Zwei der ausgeklappten Blütenblätter hingen schlaff nach unten. „Ich wollte es reinigen, wie Ihr befohlen habt. Auch in den Scharnieren. Da hatte sich Scheiße …“ Er schluckte und sah erschrocken zum König. Der Zuckte nur mit der Braue. Nach einem tiefen Atemzug fing sich der Mann wieder. „Da hatte sich wohl etwas Kot drin verhangen. Ich schrubbte die Birne mit der Bürste. Leider ist sie nicht sehr stabil.“ Betrübt senkte er den Blick. „War sicher teuer, das gute Stück. Eine Schande, wie nachlässig der Schmied gearbeitet hat.“
Aus dem spitzenbesetzten Kragen des Inquisitors wuchsen rote Flecke seinen Hals hinauf bis übers Kinn zu seinen Wangen. „So möge bis auf Weiteres die Streckbank genügen“, presste er zwischen den Zähnen hindurch. „Sie lockt tief empfundene Reue aus den verstocktesten Herzen. Vor allem, wenn ihr glühende Zangen zu Hilfe kommen.“
Der Knecht des Scharfrichters schlenderte zu einer Feuerschale und stieß die Enden einer langen Eisenzange in die Glut.
Der König senkte den Blick. Wie konnte er ihn in diesem Moment allein lassen? Hinter Mihály klirrten Ketten. Jemand führte ihn zu der Bank, drückte ihn darauf. Fußschellen schlossen sich um seine Gelenke, ein Messer zerschnitt das Seil, um an seiner statt Eisen um die Handgelenke zu legen.
Wie ein Traum.
Nicht sein Leben.
Aufwachen.
In seinem Bett liegen, Josias im Arm halten. Seine Wärme spüren, in seiner Geborgenheit versinken.
Wieder forderte die kalte Stimme ein Geständnis. Was sollte er ihr gestehen? Dass es wunderbar war, einen Mann zu vögeln? Dass es sich enger, besser anfühlte, als in eine Frau rein und raus zu flutschen? Dass ihn die festeren Küsse und derberen Berührungen berauschten? Oder wollte der Mann, der sich gerade die Handschuhe abstreifte und nach neuen verlangte, hören, dass Mihálys Herz einem jungen Mann gehörte, weil der ihm vertraute? Weil er wusste, dass Mihály es gut mit ihm meinte?
Küsse statt Schlägen.
Für Josias war die Entscheidung leicht gewesen.
An seinem Kopfende griffen die
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