Der Sodomit
Zahnräder ineinander. Das dumpfe Aufeinanderschlagen von Eisen durchdrang das Knarren der Seile. Es ging schnell, bis sein Körper straff gespannt war.
Ob ihm klar wäre, dass er mit dem Teufel gehurt habe.
Zweimal schlug Eisen aufeinander. Zweimal wurde das Knarren des Seiles lauter.
Ob er nicht gewillt wäre, seine Seele zu retten?
Eisen.
Seil.
Reißen in den Schultern, in den Handgelenken.
Eisen.
Schmerz.
Auf die Zunge beißen.
Kein Laut.
War Atmen ein Laut? War es keuchen?
War dem Knecht bewusst, wie leicht Schultergelenke aus der Verankerung sprangen?
Eisen.
Blutgeschmack im Mund.
War dem Mann klar, wie viel Zug Muskeln ertrugen?
Knarren.
Das Knacken seiner Gelenke war lauter.
*
Den haarfeinen Schnitt knapp unterhalb des Kehlkopfes bekam der Mann nicht mit. Genießend hielt er die Augen geschlossen und nur auf Josias’ Bitte hin hatte er das Plaudern eingestellt. Josias schwitze vor Konzentration. Mit rauem Schaben glitt die Klinge über den schon faltigen Hals.
Silas hatte mit ihm geübt. Ausgiebig. Zuerst an dem Schleifleder, dann an seinem eigenen Gesicht.
Vorher war Silas hübscher gewesen, aber sei ’ s drum.
Zwischen Daumen und Zeigefinger spannte Josias die dünne Haut. Leskes strenger Blick ruhte auf ihm. Einen zweiten Patzer durfte er sich nicht erlauben.
Beim ersten Mal mit der Wuchsrichtung, beim zweiten Mal dagegen.
Einer der Gehilfen rannte durch die Badestube. Er übergab Leske einen Brief.
Schaum von dem Rasiermesser abwischen, lächeln, Klinge erneut ansetzen und gleichmäßig über die Haut ziehen.
Leske las mit einem strichgeraden Mund.
Schlechte Nachrichten?
„Junge, pass doch auf.“
Der Schaum färbte sich rot. Ausgerechnet beim letzten Stück. Josias wusch ihn vorsichtig ab und kühlte Hals und Wangen mit einem feuchten Tuch.
Leske blickte zu ihm. Um seinen Mund war es weiß.
Zorn, weil er den Mann geschnitten hatte? In Josias Bauch rumorte es vor Schreck. Silas sprach von Strafen, die er fürchtete. Welche?
Leske winkte Fanni heran. Sie sollte sich weiter um den Gast kümmern. Ihn selbst schob Leske durch die Tür auf den Innenhof.
„Meister, es tut mir leid, dass ich den Mann …“
„Sie haben Attila eingesperrt.“ Leske reichte ihm den Brief. Er war nicht unterzeichnet. Die Schrift war ungeübt und krakelig, doch viel beunruhigender war der Inhalt. Jacquier predigte auf dem Marktplatz von Visegrád. Er sprach von einer Sodomiter-Verschwörung und forderte, dass sich die Schuldigen ihrer gerechten Strafe stellten. Aus Dömös war ein Schweinehirte gefangen genommen worden. Und aus Visegrád nicht nur Mihály, sondern auch der Apotheker. Der Schreiber sprach von Herrn Barti. Demnach war er nicht so vertraut mit ihm wie Leske.
„Mein Bruder hält ein Inquisitionsverfahren niemals durch.“ Leske fuhr sich übers Gesicht. „Er wird reden. Der Schmerz wird ihm schneller die Zunge lösen, als er über seine Taten nachdenken kann und ehe ich mich versehe, bin ich der Nächste auf der Streckbank.“
„Dann lass uns aufbrechen.“
„Um was zu tun?“, herrschte Leske. „Die Gefangenen vor den Augen des Inquisitors entführen? Sie aus dicken Mauern zaubern? Wir brauchen einen Plan. Wir brauchen Hilfe.“
Er fasste ihn am Ärmel und zog ihn hinter sich her durchs Haus bis in sein Zimmer. Auf dem Weg pfiff er nach einem Knecht, der sofort den Eimer stehen ließ und ihnen nacheilte.
„Die Wirtin ist eine Freundin.“ Hektisch kramte Leske in einer Truhe und beförderte Lederbeutel zutage. Aus ihrem Innern klimperte es. „Sie wird uns mit den Wachen helfen. Sind wir im Kerker, ist alles gut.“ Sein Lachen klang bitter. „Oder auch nicht. Je nach dem. Wenn es schiefläuft, stirbst du an der Seite deines geliebten Wundarztes und ich an der Seite meines jüngeren Bruders.“ Zähneknirschend ballte er die Fäuste. „Noch im Tod werde ich ihn und seinen Leichtsinn verfluchen!“ Plötzlich packte er Josias am Kragen. „Damit wir uns recht verstehen. Sollte meine Rechnung aufgehen, will ich dich mit deinem Arsch für mindestens ein halbes Jahr. Szábo kann sich hier erholen. Aber du wirst für ihn arbeiten. Alles, was du verdienst, gibst du mir.“
Josias nickte. Wenn sie nur endlich etwas unternahmen.
Leske schrieb einen langen Brief und gab ihn dem Knecht. „Damit reitest du wie der Teufel nach Visegrád. Übergib ihn nur der Wirtin der Zitadelle. Verstehst du?“
Der Mann nickte, steckte den Brief ein und trabte davon.
„Sara ist
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