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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hätte bedeutet, dass er definitiv nicht zurückkam. Aber du … du hast einen Blick hineingeworfen?«
    Mehr als einen Blick. An Wochenenden, wenn Mum damit beschäftigt war, ihre neue Töpferscheibe zu verfluchen und Nicholas in der Bibliothek war, klappte sie die quietschende, hölzerne Stehleiter auseinander und holte die Koffer herunter. Einer war blass olivgrün, die andern beiden hatten ein beigefarbenes und schwarzes Fischgrätmuster. Sie waren nicht schwer – sie enthielten nicht viel. In einem waren eine graue Strickweste, geflickte Hosen und ein halbes Dutzend Tabakdosen mit Schwimmern, Rollen, Haken und Angelleine. Die andere enthielt das, wofür Suzette immer wieder kam und sie aufmachte.
    Bücher.
    Manche waren billige, zerfledderte Dinger mit Titeln wie Das große Buch vom Kerzenverbrennen oder Koptische Zaubertexte. Ein Buch war dick, mit Schwarzweißtafeln, auf denen man Spiritualisten an der Wende zum 20. Jahrhundert sah, wie sie sich Ektoplasma aus Nasen und Ohren zogen. Es gab Beowulf, Das sechste Buch Moses, einen Taschenführer zum Übernatürlichen. Und die beiden Bücher, die Suzette heimlich in ihr Zimmer geschafft und zwischen ihren Susan-Cooper-Romanen versteckt hatte: Wurzeln, Kräuter und Öle sowie Zeichen und Schutzmaßnahmen.
    Das alles erklärte sie Nicholas. Sein Gesicht lag im Dunkeln, aber seine Augen glänzten. Sie konnte nicht sagen, ob er lächelte oder wütend war.
    » Ich verstehe es nicht«, sagte er. » Mum hasst diesen Mist. Immer wenn im Fernsehen irgendein Typ kam, der Löffel verbog, hat sie umgeschaltet.«
    Suzette sah ihn geduldig an. » Du wirst vielleicht bemerkt haben, dass unsere Eltern nicht die lustigste Ehe führten.«
    » Aber was willst du eigentlich sagen? Dass Dad … ja was, eine Art Druide war?«
    » Ich habe ihn nicht gekannt, Nicholas. Alles, was ich weiß, ist, was ich in seinen Koffern gefunden habe.«
    Nicholas wandte ihr den Blick zu, als wäre ihm endlich eine verborgene Wahrheit aufgegangen. » Und du … großer Gott! Die ganzen Kräuter und das Zeug, das du als Kind im Garten angebaut hast. Ich dachte, du hast einfach Spaß am Gärtnern! Was war das alles? Schierling und Alraune und Hokuspokusfidibus-Zeug?«
    Suzette schürzte die Lippen. » Du hast nie gefragt.«
    » Aber was treibst du so? Ferkel opfern, während du den nackten Hintern in Richtung Vollmond streckst? Herrgott noch mal, du hast Wirtschaft studiert. Ich dachte, du bist gekommen, um mir vernünftig zuzureden, mir zu erklären, ich müsste zu jemandem gehen, der mich mit Psychopharmaka vollpumpt, und jetzt erzählst du mir hier … Scheiße, was erzählst du mir überhaupt?«
    Suzette unterdrückte den Wunsch, ihn anzufahren. » Ich sage nur, es gibt mehr auf der Welt als das Periodensystem.«
    » Und was hält Bryan von deinem Faible für …« Er rang um das richtige Wort.
    » Hexerei?«, schlug sie vor.
    Nicholas lachte, aber sein Lachen verwehte im Nachtwind.
    » Bryan hat kein Problem damit. Am Wochenende hilft er mir, meinen Kräutergarten zu jäten, er kauft mir Bücher, von denen er glaubt, sie könnten mich interessieren. Und apropos Mond, er liebt es, wenn meine tierische Seite zum Vorschein …«
    » Ja, schon gut.« Nicholas schnitt ihr das Wort ab. » Und die Kinder?«
    » Bei Quincy tut sich nichts. Sie will nichts weiter, als die Saturnringe beobachten, und würde am liebsten sämtliche Viecher aus dem Tierheim anschleppen. Nelson dagegen, der ist …« Sie sah Nicholas an. » Er ist wie du. Begabt. Aber ahnungslos.«
    » Ich bin nicht ahnungslos«, sträubte sich Nicholas.
    » Was Zauberei angeht bist du es.«
    » Das liegt daran, dass ich nicht an Zauberei glaube.«
    » Herrgott, Nicholas.« Sie blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. » Du wirst von Geistern verfolgt. Du siehst Tote. Wie kannst du nicht an Zauberei glauben?«
    » Zauberei ist nur Zeug, mit dessen Erklärung Wissenschaftler kein Geld verdienen können.« Er drehte sich um und ging weiter. » Aber ich freue mich, dass du ein Hobby hast. Bist du eine gute Hexe?«
    Sie holte ihn ein. » Ich besitze drei Häuser in Sydney und habe fünf schuldenfinanzierte Eigentumsinvestments. Ich bin in allem gut, was ich mache.«
    » Ich meinte › gut‹ im Gegensatz zu › böse‹.«
    » Menschen sind gut oder böse. Zauberei ist Zauberei. Manche wird in guter Absicht durchgeführt. Andere nicht. Manche ist einfach. Andere schwer. Es ist wie in der Physik. Actio gleich Reactio, für alles gibt es eine

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