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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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jemanden anrufen?«, schlug er vor.
    » Ich gehe«, flüsterte Suzette.
    Aus Türen und Fenstern von Nachbarhäusern wurden Köpfe gereckt. Nicholas winkte ihnen freudlos zu. Dann spürte er etwas auf seiner Lippe und wischte es fort. Ein Fleischbrocken, kompakt, weiß und rosa. Er würgte trocken zwischen den Knien.
    » Ich hole einen Lappen«, sagte Katharine mit zittriger Stimme und entfernte sich auf unsicheren Beinen.
    Während Nicholas sich den zähflüssigen Speichel vom Mund wischte, fiel sein Blick auf das gestutzte Gewehr, das neben Gavins Leiche lag. In den Schaft war etwas eingeschnitzt. Die Meißelspuren im Walnussholz waren frisch, sie hoben sich hell von der dunkleren, polierten Oberfläche ab. Die Zeichnung ergab in etwa ein Oval. Zwei gezackte Linien sprossen wie Geweihe daraus hervor. Innerhalb des Ovals befand sich ein Symbol: ein senkrechter Strich mit einem Halbdiamanten auf einer Seite.
    Nicholas drehte das Gewehr um, damit Suzette es nicht sehen konnte.
    Bis zehn Uhr hatte Nicholas elf Polizisten gezählt, die durch das vordere Gartentor spaziert waren, und Katharine hatte für alle Tee gemacht. Vier waren – mit Blaulicht und Sirene – auf Suzettes Anruf hin erschienen, dann noch einmal zwei, die kurz darauf wieder wegfuhren, weil sie feststellten, dass sich bereits jemand der Sache annahm, danach der Polizeifotograf, begleitet vom Kriminaltechniker, der telefonisch einen Waffenspezialisten anforderte. Schließlich stellten sich zwei Zivilbeamte vor, ein Mann und eine Frau. Nicholas vergaß den Namen des Mannes augenblicklich, aber die Frau hieß Waller, und er dachte, sie würde ganz hübsch aussehen, wenn nicht so ein finsterer Blick auf ihrem Gesicht lasten würde. Als diese letzten beiden eintrafen, hatte Nicholas die Geschichte von Gavins überraschendem Auftauchen und nicht minder überraschendem Abgang fünfmal erzählt. Dennoch erzählte er sie den Detectives noch einmal.
    Während seines ganzen Berichts machte sich der große Detective Notizen und Detective Waller beobachtete Nicholas und blickte finster. Wie üblich, und ohne es in Frage zu stellen, ließ er den größten Teil seiner Unterhaltung mit Gavin weg und beschränkte sich auf Gavins Aussage, er habe gehört, dass Nicholas wieder zurück sei, und dass er glaube, Nicholas, nicht Tristram, sei derjenige gewesen, der 1982 hätte sterben sollen.
    » Sterben?«, fragte der männliche Detective.
    » Ermordet werden«, antwortete Nicholas. » Wie der kleine Thomas. Sie sollten sich vielleicht ein Archiv zulegen, bei Ihrer Polizei. Das ist ganz praktisch, wenn …«
    » Sie waren als Kind in einen Mordfall verwickelt?«
    » Ich wäre als Kind beinahe das Mord opfer geworden«, sagte Nicholas.
    Er hat den Vogel berührt. Aber eigentlich warst du gemeint.
    Er war entsetzlich müde. Schock konnte einen Menschen erschöpfen, das wusste er, aber das hier war einfach nur verdammt öde.
    » Ich hatte Gavin seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen. Ich weiß nicht, woher er wusste, dass ich wieder hier bin, aber es ist keine Geheimsache. Er hatte sicher einen Groll, weil Teale seinen Bruder anstatt mich ermordet hat. Und ja, das sind seine Kippen hier.«
    Nicholas zündete sich noch eine an und hielt den Detectives die offene Packung hin. Sie lehnten ab, und er sah, wie sie einen Blick wechselten.
    Katharine erschien mit einem Tablett frischem Tee und Tassen in der Wohnzimmertür, stellte es ab und zog sich lautlos wieder zurück. Nicholas wollte nur schlafen.
    » Himmel«, sagte er. » Sie beide …«
    » War’s das?«, fragte der männliche Detective.
    » Ich hätte verdammt noch mal nichts dagegen, wenn es das gewesen wäre.«
    Er rieb sich über das stopplige Kinn und spürte, wie sich etwas löste. Es war ein Stück rosa Knochen, von der Größe eines Streichholzkopfs. Er fühlte, wie seine Zunge in den Rachen zurücksank. Er wollte nur duschen und ins Bett gehen.
    » Okay.« Der Detective klappte sein Notizbuch zu, dann sah er Nicholas wieder ins Gesicht. » Warum glauben Sie, hat er Sie nicht erschossen?«
    » Na ja«, sagte Nicholas. » Er brauchte zwei Schüsse, um sein eigenes Hirn zu treffen. Vielleicht hatte er Angst, dass er daneben schießt.«
    » Welche Beziehung hatten Sie zu ihm?«
    Nicholas stützte den Kopf in die Hände. » Welche Beziehung? Himmel, ich dachte, wir sind fertig!«
    » Welche Beziehung hatten sie als Kind zu Gavin Boye?«
    Nicholas rauchte und schüttelte den Kopf. » Er war der ältere Bruder meines

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