Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
ein schlechter kurzer Rock«, sagte sie schließlich.
    Er sah sie verständnislos an. » Ich verstehe nicht …«
    » Es gibt die Wirtschaftstheorie, wonach die Röcke kürzer werden, wenn das Verbrauchervertrauen und die Stimmung gut sind. Deshalb heißt diese positive Wirtschaftsphase › kurze Röcke.‹ Aber wenn Zuversicht und gute Stimmung unbegründet sind: schlechter kurzer Rock.«
    » Dann pass auf, vielleicht kannst du noch was lernen«, sagte Nicholas und stieg aus.
    Sie folgte ihm widerwillig zum Pfarrhaus.

15
    Reverend Pritam Anand trank den letzten Rest der aufgelösten Kodeintabletten und zuckte bei dem Geschmack zusammen. Trotzdem, dachte er, wenn das Zeug diese Kopfschmerzen lindert, könnte es von mir aus noch hundertmal schlimmer schmecken. Er war am Morgen mit pochendem Schädel und einem Gefühl aufgewacht, als hätten unsichtbare Hände sein Hirn gepackt und ausgewrungen wie ein nasses Handtuch. Es war den ganzen Tag nicht besser geworden, und er freute sich auf ein wenig Ruhe, ehe er seine Schachpartie mit John fortsetzte, als er es an der Tür des Pfarrhauses klopfen hörte.
    Kurz darauf saßen zwei Gäste im Wohnzimmer.
    Pritam schloss leise die Tür auf der anderen Seite des Raums, die zu den Schlafzimmern, dem Bad und der Küche führte.
    » Ich will Reverend Hird nicht wecken«, erklärte er. » Er hat sehr merkwürdige Schlafgewohnheiten. Gegen zehn Uhr abends wird er wieder aufstehen und bis zwei oder drei Uhr morgens wach bleiben.«
    Er setzte sich gegenüber von Nicholas Close und seiner Schwester Suzette Moynahan. Die Geschwister hielten jeweils eine dampfende Tasse Kaffee in den Händen.
    Die Wände des Wohnzimmers waren von Bücherregalen gesäumt. Die ledernen Clubsessel waren alt, aber bequem. Auf einem kleinen Beistelltisch stand ein Schachbrett mit einer offenen Partie. Eine Kaminuhr tickte, und ein Heizkörper tuckerte freundlich; warme Ziegel, dunkles Holz. An einer Wand hing ein Turner-Druck, an einer andern ein einsames Kruzifix. Die Wand gegenüber schmückten zwei Dutzend gerahmte Fotografien von den Reverends der Kirche, angefangen vom jetzigen Reverend Hird bis zurück zum ersten im 19. Jahrhundert: de Witt.
    Pritam fiel auf, dass Nicholas es angestrengt vermied, das letzte Foto anzusehen. Er mochte Nicholas; er hatte sich als interessanter Gesprächspartner erwiesen, als er ihn nach Gavin Boyes Beerdigung in die Kirche eingeladen hatte. Heute Abend sah er jedoch blass aus, mit dunklen Ringen unter den Augen. Hätte Pritam den Mann nicht bereits gekannt, er hätte ihn für einen Junkie gehalten.
    » Sie beide wohnen also hier?«, fragte Nicholas.
    Pritam erklärte, dass Hird der Inhaber der Pfarrei sei, Ende des Jahres jedoch in Ruhestand zu gehen beabsichtige. Es sei ihm gesundheitlich zuletzt nicht gut gegangen, und als ihn die Synode um Vorschläge gebeten hatte, was sie mit einem frisch gebackenen Reverend aus Goa anstellen könnten, hatte der alte Mann eine erfreuliche Lösung parat gehabt: Pritam zu seinem Nachfolger zu machen.
    » Vor allem glaube ich, genießt er es, jemanden um sich zu haben, mit dem er streiten kann«, sagte Pritam.
    » Das Gefühl kenne ich«, sagte Nicholas und lächelte Suzette freundlich an. Sie kniff die Augen zusammen.
    » Pritam, wird das Archiv der Kirche hier aufbewahrt?«, fuhr er fort. » Oder … keine Ahnung, im Anglikanischen Hauptquartier?«
    » Hier.« Pritam zeigte auf eine Tür mit der Aufschrift » Lager«. » Alles. Wöchentliche Abgaben. Reparaturrechnungen. Wer hier geheiratet hat. Taufen. Begräbnisse. Steuerunterlagen. Kopien gehen an das › Anglikanische Hauptquartier‹«, bemerkte er trocken, » aber die Originale bewahren wir hier auf. Da drin sind vielleicht neun oder zehn Archivkisten. Wieso fragen Sie?«
    » Wie weit gehen die Unterlagen zurück?«
    » Bis zum Anfang.«
    » Können wir sie sehen?«
    Pritam dehnte den Hals, behielt den Blick aber auf seine Gäste gerichtet. Er hatte nicht erwartet, mit all diesen merkwürdigen Fragen konfrontiert zu werden, als er die Tür geöffnet hatte. Andererseits, dachte er, waren die letzten Tage alle merkwürdig gewesen.
    » Kommt drauf an«, erwiderte er. » Noch einmal: Warum fragen Sie? Und bitte bedenken Sie, dass ich üble Kopfschmerzen habe und überhaupt nicht in der Stimmung für diese bescheuerte Tarngeschichte von einem historischen Newsletter bin.«
    Er sah, wie Suzette ihrem Bruder einen kühlen Blick zuwarf.
    » Es tut mir leid, Pritam, aber ich fürchte, wir

Weitere Kostenlose Bücher