Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Lirandil«, sagte er und verneigte sich übertrieben tief. » Verzeiht mir, dass man Euch so lange warten ließ, aber zwischen Euren Besuchen liegen oft so viele Jahre, dass man es den Wachen nicht vorwerfen kann, wenn sie Euch nicht gleich erkennen.«
    Der Oger, dem Lirandil das Amulett gegeben hatte, knurrte etwas Zustimmendes und gab Lirandil das Amulett zurück. Er ließ noch ein paar Worte in der Ogersprache folgen, die Lirandil in der gleichen Zunge beantwortete. Vielleicht hatte sich der Oger bei dem Elben entschuldigt, aber da konnte Arvan nur rätseln.
    » Folgt mir«, bat der Edelmann. » Der erhabene Immerwährende Herrscher erwartet Euch.«
    » Das freut mich zu hören«, erwiderte Lirandil.
    » Ich hoffe, dass Ihr frohe Kunde für ihn habt. Für Euch und Euer Gefolge werden Gästequartiere vorbereitet, und man wird alles für Euer Wohlbefinden tun.«
    » Daran zweifle ich nicht, aber… Verzeiht, wenn ich mich nicht zu erinnern vermag– wie war gleich Euer Name?«
    » Ich bin Hauptmann Grelvos. Als Ihr das letzte Mal hier am Hof des Waldkönigs weiltet, hatte ich gerade meinen Dienst in der Garde der Palastwächter aufgenommen. Jetzt bin ich ihr Kommandant.«
    » Dann habt Ihr schnell Karriere gemacht, Grelvos.«
    » Zwanzig Jahre habe ich gebraucht, um mich hochzudienen«, sagte Grelvos. » Aber Ihr seid mir gut in Erinnerung geblieben. Ich stand an der Tür des Thronsaals, als Ihr vehement ein Bündnis aller Menschenreiche mit den verhassten Magiern aus Thuvasien, den Trollen und den Dunkelalben aus Albanoy gefordert habt, um einer finsteren Bedrohung zu begegnen, die sich irgendwo in einer fernen Ödnis erneut erheben würde.«
    » Zwanzig Jahre sind für den wiedererwachten Schickalsverderber Ghool keine lange Zeit«, erklärte Lirandil. » Davon abgesehen wächst das Übel schon viel länger heran. Es wächst und wuchert, und je länger man es nicht mit der nötigen Entschlossenheit bekämpft, desto aussichtsloser wird es am Ende, dieser dunklen Macht überhaupt noch Einhalt zu gebieten.«
    Grelvus war zu höflich, um Lirandil zu widersprechen. Aber Arvan bemerkte sehr wohl den skeptischen Gesichtsausdruck des Hauptmanns. Er schien die Worte des Fährtensuchers wohl für reichlich übertrieben zu halten. Wahrscheinlich hatte er in diesen zwanzig Jahren, in denen er in der Palastgarde aufgestiegen war, eine Familie gegründet, seine Kinder aufwachsen sehen und die wachsende Anzahl von Münzen in seinem Geldbeutel gezählt, die ihm der Waldkönig für seine Dienste zahlte und die ihm ein angenehmes Leben ermöglichten. Welchen Grund hatte er also, an irgendeine ferne Bedrohung zu denken, die auf sein Leben doch offenbar gar keinen Einfluss hatte?
    » Nun, welche üblen Mächte uns auch immer bedrohen mögen«, entgegnete Grelvus schließlich, » der Hof des Waldkönigs ist einer der sichersten Orte in ganz Athranor.«
    » Täuscht Euch nicht, werter Grelvus«, widersprach Lirandil. » Aber nicht Ihr seid es, den ich zu überzeugen habe, sondern den König.«
    » Das dürfte Euch schon vor vielen Jahren gelungen sein, Lirandil.«
    » So?«
    » König Haraban hält große Stücke auf Euch und lobt in den höchsten Tönen Eure Weitsicht und Euren Scharfsinn.«
    » Er gab mir bisher keinen Anlass, dies zu vermuten.«
    » Mein Herrscher weiß, dass Freundlichkeit oft für Schwäche gehalten wird, und ist deswegen damit sehr sparsam.«
    » Nun, diesen Eindruck hatte ich bei unserem letzten Zusammentreffen allerdings, werter Grelvus.«
    Der Hauptmann bedachte Arvans nackte Füße nur mit einem kurzen Blick, er enthielt sich auch jedes Kommentars, allerdings war sein Stirnrunzeln nicht zu übersehen.
    Die Wachen nahmen Lirandil und sein Gefolge in ihre Mitte und begleiteten sie zum Haupttor des Hexagonturms, das sie anstandslos passieren konnten. Man ließ ihnen sogar die Waffen, was einer besonderen Ehrerbietung gleichkam.
    Anschließend folgten sie einem breiten, hohen Säulengang. Die Säulen waren aus Baumstämmen gefertigt und mit kunstvollen Schnitzereien versehen. Sieben bis zehn Männer wären nötig gewesen, um sie mit gestreckten Armen zu umfassen. Es waren junge Riesenbäume, aus denen die Säulen gemacht worden waren, erkannte Arvan.
    Sie erreichten einen der Aufstiegsschächte, durch die hölzerne Kabinen mithilfe von Seilen und Flaschenzügen gezogen wurden.
    » Wir wollen ja nicht, dass Ihr schon müde seid, wenn Ihr den Thronsaal des Königs erreicht«, sagte Grelvus lächelnd. » In den

Weitere Kostenlose Bücher