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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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er plötzlich das Zirpen von Grashüpfern nachahmen und sich auf die Weise mit ihnen verständigen«, flüsterte Borro.
    » Ich hoffe, du bist dir im Klaren darüber, dass er dich hört«, mahnte ihn Zalea.
    Lirandil zeigte den Wachen unterdessen ein Amulett, dazu sagte er einige Worte in der Ogersprache. Einer der Oger nahm das Amulett und ging fort. Arvan sah, wie er durch die Tür eines Nebengebäudes verschwand. Wenig später kam er im Eilschritt herausgelaufen und rannte zum Haupttor des Hexagonturms.
    Lirandil schritt auf die Halblinge und Arvan zu. » Es wird nicht lange dauern, dann wird man uns einlassen.« Er blickte auf Arvans nackte Füße. » Ohne Schuhe den Thronsaal eines der mächtigsten Herrscher von Athranor zu betreten ist allerdings nicht gerade die feine Art.«
    Arvan blickte an sich herab. Barfuß zu laufen war für ihn vollkommen selbstverständlich. Er hatte noch nie in seinem Leben Schuhe getragen. Das war unter Halblingen auch nicht üblich, denn sie brauchten ihre kräftigen Zehen fürs Klettern. Im Laufe der Zeit hatte sich außerdem eine starke Hornhaut gebildet, die seine Füße ziemlich unempfindlich machte.
    Er konnte sich kaum vorstellen, so schwere Stiefel zu tragen, wie er sie bei den Harabansöldnern oder den Orks gesehen hatte. Das musste sein, als hätte man Gewichte an den Füßen hängen. Andererseits schienen die geschmeidigen, eng anliegenden und sehr leicht wirkenden Stiefel, in denen Lirandils Elbenfüße steckten, den nahezu lautlosen Gang des Fährtensuchers in keiner Weise zu beschweren. Dennoch… » Ich bin…«
    » …ein Halbling?«, fragte Lirandil nachsichtig lächelnd. » Bei Halblingen nimmt man es hin, dass sie barfuß laufen, schon deswegen, weil es für so enorm große Füße nur unansehnlich klobiges Schuhwerk gibt.«
    » Nun erlaubt aber mal, werter Lirandil«, protestierte Borro.
    » Immer im Vergleich zur Körpergröße betrachtet«, schränkte Lirandil ein, was Borros Empörung ein wenig milderte. » Doch wenn ein Mensch kein Schuhwerk träg, dann gilt das als ungebührlich.«
    » Der alte Grebu hat mir niemals erzählt, dass er in Carabor Schuhe hätte tragen müssen«, entgegnete Arvan.
    » Von Grebu hat das auch niemand erwartet.«
    » Er war doch Schreiber eines vornehmen Handelshauses?«
    » Aber er war eben ein Halbling.«
    » Und das macht einen Unterschied?«
    » Einen ganz erheblichen.«
    » Ich glaube, was Lirandil sagen will«, mischte sich Borro wieder ein, » ist, dass man uns Halblinge in den Reichen der Menschen nicht für voll nimmt und es daher auch nicht so wichtig ist, ob wir Schuhe tragen oder nicht. Wahrscheinlich stehen Halblinge, die sich in ihren Städten verdingen und ihr Glück zu machen versuchen, für die Menschen auf einer Stufe mit ihren Hunden und Pferden; denen ziehen sie ja auch keine Schuhe an, wie ich in den Straßen beobachten konnte. Sie und wir Halblinge sind nützlich, verdienen aber keinerlei Respekt.«
    » Das ist sehr drastisch ausgedrückt«, stellte Lirandil klar, dem diese Diskussion offensichtlich nicht behagte.
    Borro kratzte sich in seinem dichten roten Haarschopf. » Aber es trifft doch zu, oder?«
    » Mag sein, dass es so ist, wie du sagst«, gestand Lirandil widerwillig ein. » Aber wie ich bereits anmerkte, solltest du hier, nahe der Residenz des Waldkönigs, deine Worte sorgfältig wählen. Elben sind nicht die einzigen Geschöpfe mit guten Ohren, und so manche unbedachte Rede hat schon den einen und anderen unters Henkersbeil gebracht. Haraban ist kein Freund offener Worte.«
    » Verzeiht, das habe ich nicht bedacht«, gestand Borro.
    Lirandil blickte auf Arvans Füße. » Schuhe bekommen wir jetzt ohnehin nicht auf die Schnelle für dich. Und außerdem…«
    » …bin ich in gewisser Weise ein Halbling«, erklärte Arvan. » Auch wenn mein plumper Körper der eines Menschen ist, wurde ich nun mal von Halblingen aufgezogen und habe wahrscheinlich mehr von ihrer Lebensart angenommen, als mir selbst bisher klar war.«
    Im nächsten Moment kehrte der Oger mit dem Amulett zurück. Er kam allerdings nicht allein, sondern wurde von einem Dutzend Männern in der Livree der Harabansöldner eskortiert, die Hellebarden mit sich trugen. Angeführt wurden sie von einem geckenhaft wirkenden Edelmann in eng anliegenden Hosen und einem bronzefarbenen Zier-Harnisch. Außerdem trug er einen purpurfarbenen, goldbestickten Umhang und auf dem Kopf eine Lederkappe mit der Feder eines Waldfasans.
    » Seid willkommen, edler

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