Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Ich möchte unsere Gäste im Namen meines Vaters König Péandir und meiner Mutter Königin Israwén begrüßen«, sagte er in fließendem Relinga, das allerdings mit altertümlichen Worten durchsetzt war, so als hätte er es vor Jahrhunderten gelernt und sich seitdem nur selten mit Menschen unterhalten. » Ich bin Prinz Eandorn, und es soll Lirandils Begleitern an nichts mangeln.«
König Péandir äußerte daraufhin ein paar Worte auf Elbisch und nahm wieder auf seinem Thron Platz.
» Mein Vater sagt, dass viele wichtige Fragen in aller Ausführlichkeit zu besprechen sind. So werdet Ihr als unsere Gäste wohl länger auf der Burg am Elbenfjord verweilen. Gemächer werden für Euch hergerichtet, damit die nächsten Monate angenehm für Euch werden. Ich selbst bin gespannt auf die Neuigkeiten, die jeder von Euch zu berichten hat.«
» Monate?«, entfuhr es Arvan, woraufhin sich alle Blicke auf ihn richteten. Er schluckte. Aber dann sagte er sich, dass er die Aufmerksamkeit, die ihm in diesem Moment zuteilwurde, auch ausnutzen konnte. » Das ist unmöglich! Ghools Horden werden bis dahin halb Athranor erobert haben. Wie könnt ihr so lange eine Entscheidung herauszögern, die doch unumgänglich ist? Die Bewohner Athranors brauchen die Hilfe der Elbenheit, sonst wird es keine Macht geben, die sich auf Dauer dem Schicksalsverderber entgegenzustellen vermag.«
Eisiges Schweigen schlug Arvan entgegen. Lediglich Prinz Eandorn schien die Äußerung dieses barfüßigen Menschlings zu begrüßen.
Er trat auf ihn zu. Seine schlanke Gestalt überragte Arvan noch um einen halben Kopf. » Wer bist du?«, fragte Eandorn.
» Ich bin Arvan Aradis, Sohn von Kemron Aradis. Einst gab man mich in die Hand Eures Schamanen Brass Elimbor, der an mir ein magisches Ritual durchführte, das mich zwar nicht unverwundbar machte, mich aber schnell heilen lässt, wenn ich mich verletze. Darum gelang es mir, viele von Ghools Orkschergen zu erschlagen und Lirandil dem Fährtensucher auf seiner Flucht das Leben zu retten.«
Eandorn sprach ein paar Worte auf Elbisch mit Brass Elimbor. » Es scheint wahr zu sein, was du sprichst«, sagte der Elbenprinz dann zu Arvan. » Brass Elimbor erinnert sich an dich.«
» So wie ich mich an ihn erinnere, obwohl ich damals noch ein Säugling war. Aber Lirandil hat an mir eine Geistverschmelzung vorgenommen, als meine Selbstheilungskräfte nicht ausreichten, um mir das Leben zu erhalten.«
Schweig jetzt!, erreichte Arvan ein unmissverständlicher Gedanke des Fährtensuchers. Nicht alles, was ich fern von hier tue, entspricht den Gesetzen und den Sitten der Elbenheit, und ich habe angesichts der bedrohlichen Lage wenig Lust, mich dafür rechtfertigen zu müssen.
Eandorn runzelte die Stirn. Er blickte von Arvan zu Lirandil und wieder zurück. » Es scheint eine besondere Verbindung zwischen euch zu bestehen«, stellte er fest. » Wie auch immer, du scheinst Mut zu haben, Arvan Aradis. Und ich würde mich später gern mit dir unterhalten.«
König Péandir ergriff wieder das Wort. Wieder sprach er Elbisch und zu seinem Sohn. Eandorn verneigte sich daraufhin leicht und ging zurück an seinen Platz, ohne die Worte seines Vaters für die Gäste zu übersetzen. Das übernahm Lirandil.
» König Péandir meint, dass gewisse Dinge nur unter Elben besprochen werden sollten.«
» Dann sagt ihm bitte, dass es noch andere Geschöpfe als Elben in Athranor gib«, wagte Arvan aufzubegehren.
» Das ist dem König durchaus bewusst«, entgegnete Lirandil. » Allerdings bezweifelt er, dass diese anderen Geschöpfe für die Elbenheit eine größere Bedeutung haben als für dich vielleicht eine Eintagsfliege, die dich umschwirrt.«
» Aber…«
» Im Übrigen solltest du bedenken, dass er jedes Wort, das du sprichst, zu verstehen vermag. Er beherrscht Relinga nämlich durchaus, auch wenn sich diese Sprache seit der Zeit, da er sie erlernte, stark verändert hat.«
Die Quartiere, die man Lirandils Begleitern zuwies, waren im Vergleich zu den Räumlichkeiten am Hof des Waldkönigs recht bescheiden. Aber dies entsprach anscheinend dem elbischen Stil, wie Arvan glaubte.
Für Lirandil war auf Péandirs Burg ein Raum reserviert, den er offenbar als seine eigentliche Wohnstatt ansah, obwohl er sich dort genau genommen kaum aufhielt. Die meiste Zeit befand sich der rastlose Fährtensucher auf irgendeiner Reise, um dann bei der Rückkehr von seinen Erlebnissen zu berichten und Neuigkeiten zu überbringen, die unter Umständen
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