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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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kleinen elbischen Buch zu lesen, das Lirandil ihm für seine Leseübungen gegeben hatte. Die Erwartungen des Söldners hinsichtlich Carabor schienen begrenzt zu sein. Arvan hatte ihm von der größten Stadt mit dem gewaltigsten Hafen erzählt. Er hatte ihm gesagt, dass innerhalb der mächtigen, schier unüberwindlichen Mauern mehr Menschen lebten als in ganzen Königreichen. Doch Whuon hatte gelächelt und gesagt: » Ein Hafen also– wie Dutzende, in denen ich schon war. Ich wette, du bist noch nie dort gewesen. Sonst würdest du anders über Carabor reden.«
    » Ich war dort– auch wenn es lange her ist«, hatte Arvan erwidert, doch seither hatte der Söldner den Blick nicht mehr von den Seiten des Elbenbuches genommen.
    » Ich hoffe nur, dass Lirandil nicht so unvorsichtig war, ihm etwa magische Formeln zur Lektüre zu geben«, flüsterte Zalea besorgt.
    » Soweit ich es mitbekommen habe, handelt es sich um elbische Kinderreime«, entgegnete Arvan. Er zuckte mit den Schultern. » Lirandil meint wohl, Whuon sollte mit etwas Leichtem anfangen. Allerdings gehe ich jede Wette ein, dass elbische Kinderreime länger sind als so manche epische Dichtung von Halblingen oder Menschen.«
    Brogandas gesellte sich zu ihnen und blickte in die Ferne. Die Kapuze seines Gewands hatte er zurückgeschlagen, sodass die Zeichen auf seiner Haut deutlich zu sehen waren. Hier und dort veränderten sie sich und bildeten dornenähnliche Muster. Arvan fragte sich, was das wohl zu bedeuten hatte. Der Dunkelalb schnüffelte wie ein wildes Tier, das eine Beute wittert.
    » Was beunruhigt Euch, Brogandas?«, fragte Arvan.
    » Wir werden in Carabor eine andere Lage vorfinden, als wir erwartet haben«, erwiderte der Dunkelalb.
    » Wie kommt Ihr zu dieser Einschätzung?«
    Er schnüffelte noch einmal, schloss dabei die Augen und sog die Luft auf eine geräuschvolle, äußerst unangenehm klingende Weise ein. » Es riecht verbrannt«, stellte er fest. » Ich rieche Feuer.«

Brennende Schiffe
    Es dauerte nicht lange, und sie sahen die ersten Rauchfahnen am Horizont, die schwarz zum Himmel aufstiegen. Die Elben waren längst darauf aufmerksam geworden. Lirandil und Eandorn hatten sich besorgt vom Heck zum Bug der » Tharnawn« begeben. Stirnrunzelnd und mit angestrengt blickenden Augen standen sie da und sahen in die Ferne.
    » Brennende Schiffe! Und zwar Hunderte!«, sagte Lirandil. Er schüttelte fassungslos den Kopf. » Das kann nicht wahr sein…«
    » Was bedeutet das?«, fragte Arvan.
    » Das ist die Flotte von Carabor!« Der Fährtensucher schluckte. Der Schrecken stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Die » Tharnawn« musste ihren Kurs korrigieren, um nicht den Weg brennender Schiffe zu kreuzen. Wie schwimmende Fackeln trieben sie mit dem Wind dahin, Richtung Süden, der Kochenden See entgegen, wo heiße giftige Gase aus dem Meer brodelten. Sie verschlangen jedes Schiff und ließen die Besatzungen ersticken. Das war der eigentliche Grund dafür, dass seit vielen Zeitaltern keine Verbindung mehr zu den Ländern der Meeresherrscher von Relian bestand.
    » Könnte es sein, dass diese Schiffe bereits im Hafen in Brand gerieten und man sie forttreiben ließ, damit das Feuer nicht auf die Stadt übergreift?«, fragte sich Arvan laut.
    » Aber wer sollte die Flotte angezündet haben?«, sagte Whuon . » Orks?«
    » Das hieße ja, dass sie schon in der Stadt sind.«
    » So ist es«, murmelte Lirandil finster.
    Der Rauch verdunkelte den Himmel, und in der Ferne tauchten die Türme von Carabor auf. Die Hafeneinfahrt stand offen. Einige brennende, herrenlos dahintreibende Schiffe blieben an den weit ins Meer hineinragenden Hafenmauern hängen und verbrannten dort.
    Das Elbenschiff erreichte den Hafen. Die Elbenkrieger an Bord, die Prinz Eandorn auf dieser Fahrt begleiteten, nahmen ihre Bogen und legten Pfeile ein. Schließlich war nicht klar, welche Situation man in der Stadt vorfinden würde. Aber an den Kaimauern waren nur bewaffnete Caraboreaner zu sehen. Unter ihren Harnischen trugen sie die blaue Livree der Stadtwachen. Einige von ihnen warfen erschlagene Orks ins Wasser.
    » Scheint, als kämen wir zu spät, um noch am Kampf um Carabor teilzunehmen«, sagte Whuon bedauernd.
    » Hier hat es keinen Kampf um die Stadt gegeben«, behauptete Lirandil, der mit seinem feinen Gehör die Gespräche der Stadtwachen aus der Ferne vernahm. » Es war der Anschlag einer kleinen Gruppe, der es gelungen ist, in den Hafen zu gelangen und die Flotte in Brand zu

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