Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
überlegen seine Art zu kämpfen der von Arvan war und wie viel er noch zu lernen hatte.
Whuon wiederum ließ sich von Lirandil die Grundlagen der elbischen Schrift und Sprache beibringen. Der Fährtensucher hatte geglaubt, sein Schüler würde schnell aufgeben. Aber es stellte sich heraus, dass der Barbar viel talentierter war, als es Lirandil je für möglich gehalten hätte.
Manches von diesen Lektionen schnappte Arvan auf. Und einmal hörte er, wie Lirandil zu seinem Schüler sagte: » Eure Wissbegier ist groß, aber Ihr braucht Euch nicht so sehr mit dem Erwerb Eurer Kenntnisse zu beeilen.«
» Ich möchte so schnell wie möglich in den Schriften der Elben lesen können«, wandte Whuon ein.
» Ich empfehle Euch, mindestens ein Jahrzehnt zu warten, ehe Ihr wieder im Palast am Elbenfjord vorstellig werdet, Whuon.«
» Ein Jahrzehnt?«
» Besser wären zwei oder drei. Man könnte Euch sonst für ungeduldig und aufdringlich halten und Euch trotz meiner Fürsprache abweisen. Aber Ihr müsst meinen Empfehlungen natürlich nicht folgen, werter Whuon.«
Brogandas wirkte sehr in sich gekehrt und zurückgezogen, seit sie sich an Bord der » Tharnawn« befanden. Schon Brass Elimbor hatte ihn bei seinem Besuch an Bord, bevor das Schiff ausgelaufen war, mehr oder minder ignoriert, und ähnlich behandelten ihn auch die Mitglieder der elbischen Besatzung. Selbst dem vergleichsweise weltoffenen Prinzen Eandorn gefiel es offensichtlich nicht, einen Dunkelalben an Bord zu haben. Er sprach ihn niemals direkt an. Wenn er ein Anliegen hatte, das auch Brogandas betraf, richtete er seine Worte an Lirandil oder einen der anderen aus der Gruppe. Das lag an der alten Feindschaft zwischen den Herren von Albanoy und den Elben, obwohl Prinz Eandorn viel zu jung war, um diese Zeiten noch erlebt zu haben.
Die » Tharnawn« umrundete schließlich in einem großen Bogen die Orkländer, die auf der großen Halbinsel des Kontinents Athranor lagen. Zumeist hielt das Schiff einen Kurs, der weit von den Küsten entfernt verlief, allein schon, um nicht für unnötiges Aufsehen zu sorgen. Nur einmal kamen sie dem Land etwas näher.
Arvan und die Halblinge staunten über gewaltige, walgroße wurmähnliche Wesen, die sich über das karge Land bis zum Wasser schoben und sich von den Wellen umspülen ließen.
» Das sind Lindwürmer«, erklärte ihnen Lirandil. » Sie füllen an der Lindwurmküste ihre Körper mit Salzwasser, und dieser Wasservorrat reicht ihnen für ihre Wanderungen bis in das glutheiße, trockene Innere der Hornechsenwüste. Für die Orks sind die Lindwürmer eine Art natürliches Verkehrsmittel ins Wüsteninnere.«
» Sagt bloß, Ihr habt auch schon auf so einem Ungetüm gesessen?«, fragte Borro.
Lirandil ging darauf nicht ein. » Vielleicht wird eines Tages jemand von uns diesen Weg nehmen müssen, um in das Zentrum der Wüste jenseits des Namenlosen Gebirges zu gelangen. Denn genau dort ist der Ursprung von Ghools Macht zu finden.«
Arvan sah plötzlich etwas über den Wellen schimmern. Er hatte es schon einmal bemerkt, aber es für eine Täuschung gehalten, für Sonnenlicht, das sich auf dem Wasser spiegelte.
Nun aber erkannte er, dass es etwas anderes war. Eine durchscheinende Gestalt, die im ersten Moment nur aus Licht zu bestehen schien, schwebte geisterhaft über den Wellen des Caraboreanischen Meeres. Erst auf den zweiten Blick erkannte Arvan darin einen Elbenkrieger.
» Das ist ein Eldran«, sagte Lirandil. » Er folgt uns schon seit einer ganzen Weile. Offenbar hat ihn Brass Elimbor geschickt, sodass wir davon ausgehen können, dass zumindest er über den Fortgang unserer Mission informiert sein wird.«
Die Gestalt schwebte noch eine Weile hinter dem Schiff her, verblasste dann und war nicht mehr zu sehen.
Als Arvan den Fährtensucher darauf ansprach, lächelte dieser nachsichtig. » Dass du ihn nicht mehr siehst, heißt nicht, dass er nicht mehr da ist. Es sagt nur etwas über das Vermögen deiner Augen aus.«
Tagelang hatte sich Brogandas kaum blicken lassen. Doch als sich die » Tharnawn« Carabor so weit genähert hatte, dass man sie von den Zinnen und Türmen dieser riesigen Stadt am Horizont auftauchen sehen konnte, fand er sich an Deck ein. Arvan vermutete, dass er mit seinen feinen Ohren die Gespräche der elbischen Besatzung belauscht hatte.
Arvan selbst befand sich mit seinen drei Halblingfreunden am Bug des Schiffes, und sie besahen sich die Stadt. Whuon hingegen nutzte die Zeit, um in einem
Weitere Kostenlose Bücher