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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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sein Rapier dabei, mit dem er hervorragend umzugehen wusste. Diese zweischneidigen, schlanken und recht zierlich wirkenden Schwerter erfreuten sich bei den Halblingen großer Beliebtheit. Sie hatten durch ihre perforierten Klingen erheblich weniger Gewicht und waren in der Hand eines Halblings so schnell und tödlich, dass die größere Kraft und längere Reichweite von Kriegern anderer Völker damit ausgeglichen wurde.
    Auch Arvan besaß ein Rapier. Gomlo hatte es ihm zu seinem vierzehnten Geburtstag geschenkt, und natürlich hatte Arvan auch an den Fechtübungen teilgenommen, die Asrado, der Rapiermeister von Gomlos Baum, regelmäßig mit allen durchführte, die sich in der Waffenkunst vervollkommnen wollten. Naturgemäß war die Beteiligung immer dann besonders hoch, wenn wieder einmal eine Horde Orks die Grasmark von Rasal überquert und in den Wäldern am Langen See für Tod und Verwüstung gesorgt hatte. In den friedlicheren Perioden ließ die Begeisterung für die Fechtkunst entsprechend nach.
    Auch wenn sich Arvan nie als besonders geschickter Fechter hervorgetan hatte, weil er für den Umgang mit dieser Waffe einfach zu plump und langsam war, hatte Gomlo darauf bestanden, dass er sein Rapier diesmal mit sich führte. Er trug es zusätzlich zu einem Langmesser, das er zumindest als Werkzeug benutzen konnte.
    » Man spricht überall von einem großen Krieg, der heraufdämmert«, meinte Neldo, während sie auf dem Weg zum Herdenbaum waren.
    » Die Reiter von Rasal werden die Orks auf Dauer schon daran hindern, die Grasmark als Durchgangskorridor für ihre Raubzüge zu benutzen«, gab sich Arvan optimistisch. » Ist es nicht immer so gekommen?«
    » Niemand weiß, wie stark das Reiterheer des Herzogs von Rasal noch ist«, gab Neldo zu bedenken. » Mein Vater hat darüber schon vor einigen Monaten gesprochen.«
    » Woher weiß denn dein Vater darüber Bescheid?«, fragte Arvan erstaunt. » Soweit mir bekannt ist, hat er die Wälder am Langen See noch nie verlassen.«
    » Hat er auch nicht. Aber wir haben Verwandte in der Dichtwaldmark, und dort ist er vor ein paar Wochen gewesen, obwohl er nun wirklich nicht gern auf Reisen geht. Aber es ging um eine Erbschaft.«
    » Ich verstehe«, meinte Arvan, und er dachte dabei an das Sprichwort, das unter den Halblingen am Langen See kursierte: Heirate innerhalb deines Stammes, dann brauchst du weniger zu reisen! Irgendjemand in Neldos Familie schien diesen Rat nicht beherzigt zu haben.
    » Wie gesagt, ein Verwandter von uns lebt in Telontea an der rasalischen Küste und betreibt dort eine Weberei und einen Handel mit Baumschafswolle. Angeblich ist die Lage dort verzweifelt. Die Orks kommen in immer größeren Horden über die Grenze, und abseits befestigter Burgen ist man seines Lebens kaum noch sicher.«
    Arvan zuckte mit den Schultern. » Orks kommen und gehen wie schlechtes Wetter.«
    » Von wem hast du denn den Spruch?«, fragte Neldo amüsiert.
    » Vom alten Grebu. Du weißt doch, er bringt mir Lesen und Schreiben bei.«
    » Ja, richtig.«
    Der alte Grebu lebte abseits der Wohnbäume. Er galt schon deshalb als Sonderling, weil er den Großteil seines langen Lebens in Carabor verbracht hatte, dem Zentrum des Handels und der Seefahrt– und der Sünde und Verderbtheit, wie viele Halblinge behaupteten, denen allein der Name dieser Stadt Schauder über den Rücken jagte. Nein, das war kein Ort, an dem ein Halbling in glücklicher Beschaulichkeit leben konnte, wie es eigentlich seiner Art entsprach. Zu viele Versuchungen gab es dort, und viele Halblinge, die dennoch ihr Glück in Carabor suchten, bestritten dort ihren Lebensunterhalt als Diebe. Nicht wenige kehrten irgendwann zurück, nur um festzustellen, dass sie die Wälder am Langen See besser niemals verlassen hätten.
    Der alte Grebu sprach jedenfalls niemals über seine Zeit in Carabor. So sehr ihn Arvan auch mit Fragen löcherte, er schwieg eisern. Brongelle hatte ihrem Ziehsohn verraten, dass Grebu früher ein anderer gewesen und völlig verändert aus der Fremde zurückgekehrt sei.
    Der alte Grebu war tatsächlich anders als die meisten Halblinge, die Arvan kannte, aber in mancher Hinsicht auch im positiven Sinne. Zum Beispiel hatte er die notwendige Geduld, auch einem Menschling mit ungeschickten Händen das Schreiben beizubringen. Und das sowohl im caraboreanischen Alphabet, das sich in nahezu allen Relinga sprechenden Menschenreichen durchgesetzt hatte, als auch in der alten Halblingsschrift. Sie bestand

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