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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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bisher nur mit dem Finger auf den Landkarten des alten Grebu gereist.«
    » Und zweitens?«, fragte Borro.
    » Zweitens hat Lirandil gesagt, ich sei der Säugling, der Brass Elimbor übergeben wurde.« Als er die zweifelnden Blicke der drei jungen Halblinge sah, erklärte er: » Er hat es nicht laut gesagt, sondern mir meine entsprechende Frage mit einer Gedankenbotschaft beantwortet, die ich ganz deutlich vernommen habe. Dieses Kind aus meinem Traum soll ich gewesen sein. Aber wie kann dieser Traum meine Erinnerung sein? Ich meine, niemand erinnert sich so weit zurück.«
    » Sag das nicht«, meinte Zalea. » Es gibt bestimmte Heiltränke, die sogar die Erinnerungen an die Zeit im Mutterleib wachrufen können.«
    » Wer will sich denn daran erinnern?« Borro schüttelte den Kopf. » Dürfte recht langweilig und dunkel gewesen sein.«
    » Du würdest dich an die Stimmen erinnern, die du gehört hast, oder an einen Zwilling, der dort mit dir zusammen war«, widersprach Zalea. » Es ist eine sehr alte Heilmethode gegen eine Krankheit, die in den Lehrbüchern der Heiler als die Grundlose Furcht bezeichnet wird.«
    » Bei allen Waldgöttern! Und mit solchen Dingen willst du dich wirklich dein Leben lang befassen?«, entfuhr es Borro. Wieder einmal eilten seine Worte seinen Gedanken voraus. Borro legte sich unwillkürlich eine Hand vor den Mund, aber das Gesagte war schon heraus.
    » Vielleicht könntest du deine Gedanken auch einfach mal für dich behalten, Borro«, schimpfte Zalea. » Gegen deinen unaufhaltsamen Wortfluss haben selbst wir Heiler kein Mittel. Am besten fragst du Lirandil bei Gelegenheit, ob es nicht eine Art elbischen Schweigezauber oder etwas in der Art gibt.«
    Borro hob die Hände. » Ist ja gut, ich will nichts gesagt haben!«
    » Hast du aber«, widersprach Zalea. » Das ist es ja!«
    Neldo wandte sich an Arvan. » Sicherlich hat das, was du gesehen hast, mit Lirandils Heilbehandlung zu tun.«
    » Was hat er denn genau getan?«, fragte Arvan. » War jemand von euch dabei?«
    » Nein«, sagte Zalea. » Niemand durfte dabei sein. Aber ich denke, Neldo hat recht. Von den Menschenstämmen des Dornlandes wird berichtet, dass sie durch innere Sammlung den Körper verlassen und sich selbst beobachten können. Etwas Ähnliches könnte es mit deiner Erinnerung auf sich haben.«
    » Die Magie und Heilkunst der Elben ist ganz sicher um einiges fortgeschrittener als die der narbenbedeckten Barbaren des Dornlands«, meinte Borro.
    » Es gibt Dinge, die sind einfach unbegreiflich«, sagte Zalea. » Freu dich lieber darüber, dass du noch lebst, Arvan. Nach allem, was dir in letzter Zeit zugestoßen ist, solltest du dafür den Waldgöttern danken.«
    » Nein«, sagte Arvan sehr bestimmt. » Was ich gesehen habe, lässt mich einfach nicht los. Ich brauche Antworten. Meine Gedanken kreisen immer wieder um dieselbe Frage– eine Frage, die ich bisher vielleicht einfach nur verdrängt habe.« Er fühlte die Blicke der anderen auf sich gerichtet und sah auf. » Wer bin ich?«, sagte er. » Ein Menschling, so nennt ihr mich. Und angeblich wurde ich gefunden. Meine Erinnerungen setzen zu einer Zeit ein, als ich schon bei Gomlo und Brongelle gelebt habe. Aber was war davor?«
    » Du bist erschöpft«, sagte Zalea. » Erschöpft und verwirrt. Es kann sein, dass sich in ein paar Tagen alles von ganz allein in deinem Geist geordnet hat.«

Neue Erkenntnisse
    In den nächsten Tagen ging es Arvan zusehends besser. Die Wunde, an der wahrscheinlich jeder andere Bewohner von Gomlos Baum gestorben wäre, verheilte überraschend schnell. Zaleas Vater Orry kam regelmäßig vorbei, um sich die Verletzung anzusehen und den Heilungsverlauf zu beobachten. Bereits am dritten Tag nach Arvans Erwachen begann sich eine Narbe auf seinem Rücken zu bilden.
    Lirandil war in dieser Zeit unterwegs. Offenbar hatte er noch anderes zu erledigen, als nur dem alten Grebu einen Besuch abzustatten. Eigentlich hatte Arvan gehofft, der Elb würde bald zurückkehren. Schließlich gab es so viele Fragen, die noch unbeantwortet waren. Auch wenn nicht alle diese Fragen Lirandil, die Elben und den alten Schamanen Brass Elimbor betrafen…
    Sosehr sich Arvans Körper auch erholte, in seiner Seele nahm die Verwirrung immer mehr zu. Dazu trugen auch die wirren Träume bei, die ihn in den nächsten Tagen heimsuchten. Träume, die ihm wie Erinnerungen vorkamen, obwohl er wusste, dass das absurd war.
    Einmal sah er den Säugling in den Händen von Brass Elimbor.

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