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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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dass der alte Grebu lange Zeit in Carabor gelebt hat. Er war Schreiber im Handelshaus Aradis. Er lernte dort auch seine Frau kennen. Eine Halblingfrau namens Yoralle.«
    » Ihr Grab liegt unweit von Grebus Baum«, wusste Arvan. » Zum Schutz ihres Sarges vor dem Gewürm der Erde hat er so viel Gift verwendet, dass sich auch die Pflanzen davon fernhalten.«
    » Er hat Yoralle sehr geliebt.«
    » Dann gibt es anscheinend in Carabor mehr Halblinge, als man im Stamm von Brado dem Flüchter wahrhaben will.«
    » Jedenfalls genug, um dort eine Frau kennenzulernen und zum Weib zu nehmen. Carabor ist größer, als du dir vorstellen kannst, und die gesamte Einwohnerzahl der Stadt höher als die ganzer Länder.« Flüsternd und etwas verhalten fügte Gomlo hinzu: » Ich war einmal dort, aber darüber werde ich dir hier und heute ganz bestimmt nichts erzählen, und das braucht auch niemand zu wissen, denn es hat nichts mit dir und deiner Herkunft zu tun. Grebu und Yoralle lebten jedenfalls für lange Jahre glücklich in Carabor, auch wenn es mir schwerfällt zu glauben, dass man an einem solchen Ort als Halbling glücklich sein kann.«
    Gomlo verzog angewidert das Gesicht. Offenbar hatte ihn sein einziger, geheimnisvoller Besuch der großen Hafenstadt in der Überzeugung bestärkt, dass es nirgends besser war als in den Wäldern am Langen See. Damit entsprach seine Einstellung wohl haargenau jener von Brado dem Flüchter– und vielleicht, so vermutete Arvan, beruhte sie ja auch auf ähnlichen Erfahrungen, wie man sie dem Stammvater zuschrieb.
    » Eines Tages«, so fuhr Gomlo fort, » wurde Yoralle schwer krank. Sie bekam die Waldsucht, eine zumeist tödlich verlaufende Erkrankung des Gemüts, deren Ursache unbekannt ist. Die einzige Möglichkeit, sie zu lindern, ist es, in den Wald zurückzukehren, in dem die Ahnen gelebt haben, reichlich von der Magischen Essenz des Baumsaftes zu trinken und zerriebene Wurzeln aus jenen Erdhöhlen zu sich zu nehmen, die den Halblingen früher als Wohnungen gedient haben. So gab Grebu sein Amt im Handelshaus auf, wo er zum Vertrauten der Familie Aradis aufgestiegen war. Sein Sohn Dargu übernahm diesen Posten. Er war von Grebu über lange Jahre hinweg dazu angeleitet worden. Grebu selbst aber zog zurück in den Halblingwald, seiner Frau zuliebe.«
    » Doch er wurde hier nicht wieder richtig heimisch«, stellte Arvan fest.
    » Nein. In all den Jahren in der Menschenstadt hatte er sich verändert. Zudem begegneten die anderen Halblinge seiner kranken Frau mit Misstrauen und Scheu.«
    » Warum?«
    » Jeder Halbling hat insgeheim Angst davor, von dieser besonderen Gemütskrankheit heimgesucht zu werden.«
    » Auch die, die die Wälder am Langen See nie verlassen haben?«
    » Gerade die. Die Ursachen sind unbekannt, und unsere Heiler wissen kaum etwas darüber. Diese Krankheit tritt bei den Halblingen, deren Vorfahren die Heimat verließen, oft noch nach Generationen auf, hin und wieder aber auch bei denjenigen, die nie von hier fortgegangen sind. Genau genommen weiß man nichts über die Waldsucht. Man weiß nur, dass den Betroffenen nach und nach alles gleichgültig wird und sie an ihrer eigenen Traurigkeit sterben, denn irgendwann kann auch die Magische Baumessenz ihre Not nicht mehr lindern. Nur sehr selten gelingt eine Heilung.«
    » Bei Yoralle offenbar nicht«, murmelte Arvan.
    Gomlo nickte leicht.
    Und was hat das alles mit mir zu tun?, ging es Arvan durch den Kopf. Aber er entschied sich, geduldig zu sein. Schließlich hatte er in diesen wenigen Augenblicken schon mehr erfahren als in all den Jahren zuvor.
    » Eines Tages, als Yoralle längst gestorben war und Grebu sich in den wunderlichen Alten verwandelt hatte, der auf seinem eigenen Baum lebt, kehrte auch Grebus Sohn Dargu zurück in den Halblingwald. Er brachte einen Säugling mit und übergab ihn seinem Vater mit der Bitte, ihn in Obhut zu nehmen. Aber der alte Grebu fand, dass ein trauernder alter Halbling, der allein lebt, nicht der rechte Erzieher für ein Kind sein kann, gleichgültig ob Halbling oder Mensch. Und so kam er zu Brongelle und mir. Du musst nämlich wissen, dass Brongelle über einige Ecken mit Grebu verwandt ist. Vielleicht ist sie sogar die einzige Verwandte, die ihm geblieben ist.«
    » Und dieser Säugling?«
    » Das warst du. Dein Name war Arvan, das stand auf einem Amulett, das man um deinen Arm gebunden hatte.«
    » Hatte Dargu mich geraubt, oder wie kam er dazu, einen Menschenjungen zu seinen

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