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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Halblingverwandten zu bringen?«
    » Die genauen Umstände sind mir nicht bekannt, Arvan. Grebu ist in diesen Dingen recht schweigsam, und sein Sohn Dargu blieb nicht lange hier im Halblingwald, sondern kehrte umgehend nach Carabor zurück, noch bevor der alte Grebu dich an uns weitergegeben hatte. Manche behaupteten später, er sei auf dem Rückweg von streunenden Orks erschlagen worden, aber das sind vielleicht auch nur Gerüchte. Niemand hat jemals wieder etwas von ihm gehört.«
    » Und du hast Grebu nie gefragt, woher dieses Menschenkind gekommen ist? Woher ich gekommen bin?«
    » Er sagte mir, es sei besser, ich wüsste es nicht«, antwortete sein Ziehvater. » Und wir waren so glücklich darüber, dass wir noch ein Kind hatten, obwohl Brongelles fruchtbare Jahre längst vorbei waren, sodass wir im Grunde gar nichts Näheres wissen wollten.«
    » Dann werde ich Grebu fragen müssen.«
    » Und Lirandil.«
    » Wieso ihn?«, staunte Arvan.
    » Er hat in deinen Geist geschaut, Arvan. Was du gesehen hast, müssen Erinnerungen sein, die bislang in den tiefsten Abgründen deines Vergessens verborgen waren, und es kann sein, dass er sogar noch mehr über dich weiß als Grebu.«
    Arvan hätte sich am liebsten sofort auf die Suche nach Grebu oder Lirandil gemacht, ohne Rücksicht auf die Gefahren, die normalerweise des Nachts in den Wäldern am Langen See lauerten. Doch Gomlo konnte seinen Ziehsohn davon abhalten.
    » Du musst Geduld haben«, mahnte er. » Und davon abgesehen, ist es wichtiger, dass deine Wunde zunächst gänzlich verheilt.«
    » Welche Wunde?«, entgegnete Arvan. » Wenn du die Wunde in meinem Körper meinst, die spüre ich kaum noch. Aber wenn du von der Wunde sprichst, die in meine Seele gerissen wurde, dann weiß ich nicht, ob sie überhaupt je heilen wird.«
    » Ich verstehe durchaus, dass es dich sehr aufwühlt, nicht zu wissen, wer du bist und woher du kommst.«
    Arvan schluckte und nickte dann mit einem gedankenverlorenen Blick, der ins Nichts gerichtet war. Das Licht der Öllampe auf dem Tisch flackerte in diesem Augenblick besonders unruhig. Ein Windhauch blies durch das Geäst des Wohnbaums, und man hörte es rauschen. Vielleicht war das schon ein Vorbote der halbjährlich wiederkehrenden Nordoststürme, deren Heftigkeit und Zerstörungskraft jedoch nie vorauszusagen war. Fest stand nur, es würde Sturm geben. Einen sehr heftigen Sturm.
    » Ich brauche frische Luft«, sagte Arvan. » Keine Sorge, ich werde nichts Unbedachtes tun.«
    Gomlo sah seinen Menschensohn auf eine Weise an, die deutlich machte, dass er trotzdem das Schlimmste befürchtete. Arvan und nichts Unbedachtes tun, das schienen zwei Dinge zu sein, die nicht zusammenpassten.
    Arvan öffnete die knarrende Tür und trat ins Freie.
    Dabei blies der Wind so heftig herein, dass Gomlos Öllampe verloschen wäre, hätte der umsichtige Baum-Meister die Flamme nicht vorher mit seiner Hand geschützt.
    Arvan ging ein paar Schritte in die Dunkelheit hinaus. Nirgends auf dem Wohnbaum brannte noch Licht. In der Ferne waren ein paar Schreie ausgelassener Baumteufel zu hören, die sich mit Vogelstimmen und dem Zirpen und Brummen von Insekten mischten. Der Platz auf der Hauptastgabel erschien ihm wie ein einziger riesengroßer Schatten, geformt wie eine gewaltige Hand.
    Eigentlich hast du es doch immer gewusst, dachte er. Du wusstest, der Tag würde kommen, an dem du diesen Baum verlässt, um herauszufinden, woher du kommst und wer du bist.
    Er hatte es nur lange Zeit nicht sehen wollen und es sich vielleicht auch einfach nicht zugetraut. Wenn jemand schon in seiner alltäglichen Umgebung nur als Trottel und Tollpatsch bekannt war, wie sollte es ihm dann erst andernorts ergehen? Aber jetzt konnte er die Augen nicht mehr vor dem Offensichtlichen verschließen.
    Carabor … Vielleicht wäre das ein Ziel für mich. Einmal mit eigenen Augen sehen, was mir ansonsten nur im Kopf umherschwirrt.
    Ein Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Es war der eigentlich sehr sanft klingende Ton einer Baumflöte.
    In Zeiten wie diesen waren die Baumflöter so wichtig wie die Nachtwächter, die Gomlo im Geäst der umliegenden Bäume postiert hatte, damit sie einen Angriff rechtzeitig melden konnten. Daher war immer einer von ihnen in Bereitschaft und saß irgendwo im hohen Geäst.
    Und dieser antwortete wohl auf ein Signal, das von weit her durch den Wald geklungen und von Arvan nicht weiter beachtet worden war.
    Ich hätte die Bedeutung der verschiedenen

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