Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
über ihre Lippen leckte. Sie legte den schlafenden Alexander auf das Polster und sagte leise, während sie liebevoll auf ihn blickte, “Er scheint klassische Musik zu lieben. Er wirkt immer sehr entspannt, während er dabei ein ganz friedliches Gesicht macht und oft schläft er dann selig ein.”
“Wenn Du willst, kann ich ihn auch mal ausfahren, bis du dich selbst in der Lage fühlst”, bot er Hannah an, die zustimmend nickte. “Ich esse das bombastische Menu, das du mir gebracht hast … tja und angesichts deines freundlichen Angebotes, würde ich mich gerne eine Stunde hinlegen. Ich brauche wirklich noch ein bisschen, bis ich wieder voll einsatzfähig bin. Wenn du …”. Sie konnte gar nicht fertig sprechen, da antworteteJoey schon ganz euphorisch: “Klar doch, jetzt gleich. Gerne.”
Als Joey sie mit Alexander verlassen hatte, legte sie sich hin und fiel gleich in einen tiefen, erholsamen Schlummer.
Stolz spazierte Joey mit dem kleinen Alexander durch die Straßen seines Quartiers. Natürlich hatte sich in der näheren Umgebung Hannahs Schicksal herum gesprochen. Eine Frau, die des Weges kam, schaute in den Kinderwagen und fragte: “Ist das der Sohn der Kellnerin?”
“Ja, das ist er. Alexander heißt er.”
“Was für ein wunderschöner Knabe mit seinem dichten schwarzen Haar.”
Ja, der kleine Alexander war ein Bild von einem Kind.
8
Sophia und Robert waren voll eingebunden in Pauls Geschäft. Sie hatten ja eine Menge zu lernen. Auch mussten sie sich mit der Sprache vertraut machen. Ihre dürftigen Englischkenntnisse, die sie mitbrachten, reichten da nicht aus. Es war mittlerweile Mitte August und Sophia hatte es noch nicht geschafft, Hannah seit dem letzten Anruf, als sie auf den AB sprach, nochmals anzurufen. Ob das Kind wohl schon da war? “Natürlich war es da’, kommentierte sie die selbst gestellte Frage. ‘Ich muss heute Abend unbedingt anrufen’, dachte sie bei sich und machte sich wieder an die Arbeit. Sie kam aber nicht dazu anzurufen, denn Hannah kam ihr zuvor.
Das Telefongespräch mit Tante Sophia war der reinste Horror. Als Tante Sophia Hannahs Stimme vernahm, jauchzte sie übermannt von ihrer Freude. Mit fröhlicher Stimme wollte Hannah ihr von der Ankunft ihres Sohnes berichten. Doch Tante Sophia, wäre nicht Tante Sophia, hätte sie nicht dieses Feingespür für ganz bestimmte Situationen.
“Hannah, stimmt etwas nicht? Ist das Kind gesund? Geht es dir gut”, forschte sie nach.
“Mach dir keine Sorgen, Tante Sophia, alles ist in Ordnung. Der Kleine ist so süß, kerngesund und hat auch einen gesunden Appetit.”
“Hat der Kleine auch einen Namen”, fragte sie misstrauisch. Hannah gab es einen Stich ins Herz. Stimmt,sie hatte bis jetzt nur vom Kleinen gesprochen, die Nennung des Namens tunlichst vermieden. Kleinlaut sagte sie: “Alexander.”
“Alexander? Wie der Vater? Das ist aber nicht üblich. Außerdem gibt das doch nur Verwechslungen.”
“Ich wollte es so, Tante Sophia.”
“Hannah, bitte sag mir was los ist. Etwas stimmt nicht. Ich spüre es doch. Ich mache mir große Sorgen.”
“Bitte Tante Sophia, es ….”, sie stockte. Ihre Stimme versagte ihr. Sie kämpfte mit den Tränen. Tante Sophia schwieg, denn sie spürte, dass Hannah eben einen inneren Kampf ausfocht. Es vergingen ein paar Sekunden, was ihr wie eine Ewigkeit erschien, bis Hannah kaum hörbar sagte: “Er ist tot, Tante Sophia. Alexander ist tot.”
Tante Sophia brachte im Moment keinen Ton heraus. Dann schließlich fragte sie vorsichtig: “Dein Kind ist tot?” Ihre Stimme klang überraschend ruhig, fast beängstigend ruhig.
“Nein, Tante Sophia, mein Kind lebt, doch Alexander ist tot.”
Die Tante begriff nur langsam. Aufgrund der Namensgleichheit, hatte sie Mühe alles richtig einzuordnen.
“Kind, was ist passiert”, fragte sie jetzt sehr beunruhigt.
Als Sophia erfuhr, dass Alexander zwei Tage vor ihrer Abreise tödlich verunglückte und Hannah, als sie beide im Flugzeug nach Neuseeland saßen, mit dem Toderang, fing sie laut an zu weinen. Sie stöhnte laut. Die Vorstellung, dass sie nicht da war, als ihre kleine zarte Hannah sie dringend gebraucht hätte, schmerzte.
“Bitte, Tante Sophia, bitte, hör auf zu weinen. Du machst es mir nur schwer. Dein Kummer, deine Traurigkeit reißen die Wunden so unbarmherzig wieder auf. Ich bin dabei, alles so gut wie möglich zu verarbeiten. Ich will Alexander junior eine fürsorgliche Mutter sein. Dazu bin ich aber auch angewiesen,
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