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Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Titel: Der Sohn des Apothekers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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kratzte sich am Kinn.
»In der Akte steht, dass damals die Öffentlichkeitsfahndung nach den beiden
Mädchen von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, und diese Anordnung ist
bislang nicht widerrufen. Im Gegenteil, es erging ein neuer Ermittlungsauftrag,
das heißt, alle früheren Maßnahmen im Zusammenhang mit diesem Fall leben wieder
auf. Deshalb will ich, dass du zwei Hochglanzfotos der Mädchen zu einem
Fahndungsplakat zusammenstellst. Wir fragen, ob die Mädchen nach ihrem
Verschwinden irgendwo gesehen worden sind. Vielleicht meldet sich auch jemand,
der jetzt etwas zu sagen hat und damals schwieg, aus welchem Grund auch immer.
Zusätzlich Berichte in den örtlichen Medien und im Raum Flensburg. Auch das
dänische Grenzgebiet und Padborg müssen wir mit einbeziehen. Kümmere dich bitte
gleich morgen früh darum, wenn ich zu den Reubolds fahre.«
    »Aber ist das nicht eine Zumutung für die Familien der
Vermissten?«, wandte Lisa ein. »Ich meine, da kommt doch alles wieder hoch und
die alten Wunden werden erneut aufgerissen.«
    »Denkst du, die Eltern kommen jemals über den Verlust ihrer
Kinder hinweg?«, fragte Trevisan. »Glaub mir, es ist ein Schmerz, der ewig in
dir bohrt. Solange du lebst, wirst du ihn nie vergessen. Und ich weiß, wovon
ich rede.«
    »Entschuldige, ich habe nicht daran gedacht.«
    »An was hast du nicht gedacht?«
    »Deine Tochter«, antwortete Lisa. »Ich weiß, was euch damals passiert
ist und … und es tut mir leid.«
    »Schon gut«, entgegnete Trevisan, ein kurzer Gedanke galt
Paula, doch er wischte das Bild weg. Er wusste, es ging ihr gut und er brauchte
jetzt alle Konzentration für diesen Fall. »Manchmal tut es auch gut, wenn man sich
kümmert. Vergiss nicht, die Leichen wurden nie gefunden und jetzt taucht
plötzlich eines der Mädchen wieder auf. Was, glaubst du, geht gerade in den
Köpfen der Eltern von Melanie vor? Ich kann es dir sagen: Die Hölle ist für sie
zurückgekehrt, viel schlimmer noch als zuvor, alles andere würde mich wundern.
Vielleicht hilft es ihnen wenigstens ein klein wenig, wenn sie merken, dass wir
das Schicksal der beiden nicht vergessen und abgeheftet haben.«
    Lisa knabberte an einem Kugelschreiber. »Wenn ich daran denke,
läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Vielleicht sitzt jetzt gerade ein
Mädchen irgendwo in einem kalten Verlies, vergewaltigt und geschunden, und
wartet darauf, dass wir ihr helfen.«
    »Leider sind die Eltern von Tanja bei einem Autounfall ums Leben
gekommen«, fuhr Trevisan fort. »Wenn sie jemals wieder auf die Beine kommt,
dann wartet schon der nächste Schicksalsschlag auf sie. Also, machen wir uns an
die Arbeit. Kümmere dich bitte um die Plakate, ich muss telefonieren.«
    »So, mit wem denn?«
    »Du bist ganz schön neugierig«, feixte Trevisan. Die jugendliche
Unbekümmertheit seiner neuen Kollegin tat ihm gut. »Ich kenne da jemanden in
Dänemark, der uns vielleicht bei Spur 156 weiterhelfen kann.«
    Lisa warf ihren Stift auf den Schreibtisch. »Die Plakate … Din
A4 oder Din A3?«
    »Am besten beide Formate. Aber die Bilder müssen groß sein, ich
will, dass sie mindestens siebzig Prozent des Plakats ausmachen.«
    Lisa salutierte. »Aye, Käpt’n, wird gemacht.«

7
    Rudolf Thiele, der Apotheker von Mardorf, zog den Vorhang
des kleinen Fensters im Nebenraum zu und warf einen skeptischen Blick aus dem
Fenster.
    »Nehmen Sie Platz!«, forderte er Justin Belfort auf. »Ich werde
Ihnen erzählen, wie es war und ich möchte, dass Sie sich ein Bild von meinem
Sohn Sven machen können. Glauben Sie mir, diese Polizisten hatten überhaupt
kein Interesse, den Fall zu lösen. Das war eine einzige Hexenjagd. Sie hatten
ihn zum Sündenbock abgestempelt, weil er sich nicht wehren konnte.«
    Thiele atmete tief ein. »Wissen Sie, in einem kleinen Dorf zu
leben, ist nicht leicht, wenn man ein Außenseiter ist. Da verschwanden zwei
Mädchen, das ist schlimm genug, die Behörden standen unter Druck und hatten
nichts, rein gar nichts in der Hand. Da liegt es ja nahe, dass man sich das
schwächste Opfer sucht und unter Mordverdacht stellt. Es ging sogar so weit,
dass man mich verdächtigte, die Spuren des Verbrechens beseitigt zu haben. Es
wurde nie ausgesprochen, aber ich wusste, was die Polizisten dachten. Allen
voran unser Dorfpolizist, der war am schlimmsten. Er würde dem Sven diese Tat
zutrauen, hat er behauptet. Dabei ist Sven der sanftmütigste und sensibelste
Mensch, den ich kenne. Ich sage das nicht, weil er mein Sohn

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