Der Sohn des Apothekers (German Edition)
sollen wir jetzt tun?«
Er blickte auf seine Armbanduhr. »Jetzt ist es zu spät und am
Wochenende sind die Ämter geschlossen. Aber am Montag werden wir uns an die
Vita unserer adoptierten Tanja machen. Ich will, dass wir jede Einzelheit
herausfinden. Dann werden wir schon sehen, wohin uns der Weg führt.«
»Da bin ich aber mal gespannt«, antwortete Hanna.
»Was tust du heute noch?«
»Lisa ist schon nach Hause gegangen und ich schreibe noch ein
Ermittlungsersuchen nach Köln. Ein Zeuge will Tanja in einem Hotel gesehen
haben, dort hätte sie als Zimmermädchen gearbeitet.«
»Mach Schluss, das hat Zeit bis morgen!«
»Gehen wir noch zusammen etwas trinken?«, fragte Hanna.
Trevisan schüttelte den Kopf. »Ich muss noch kurz etwas
schreiben und dann habe ich eine Verabredung mit Frau Meierling in Tennweide.
Ich bin gespannt, was ich dort noch so alles zu hören bekomme.«
Hanna nickte kurz. »Also dann, einen schönen Abend.«
Samstag
»Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal an einem
Samstag im Büro war«, sagte Hanna Kowalski und warf das Kuvert in den
Postausgang.
»Ich erst letzte Woche«, konterte Lisa und blätterte die
Zeitung um. »Hast du das gelesen?«
Hanna erhob sich und trat an Lisas Seite.
Suche nach den Mördern von Tennweide intensiviert , lautete
die Überschrift des beinahe halbseitigen Artikels in der HAZ , über dem
die Fotos der beiden verschwundenen Mädchen abgedruckt waren. Von erneuten
intensiven Ermittlungen zur Aufklärung des Verbrechens war dort die Rede und
davon, dass ein Massen-Gentest unmittelbar bevorstand. Bei Unkenntnis der
tatsächlichen Umstände konnte der Leser zu der Ansicht gelangen, dass eine mehrköpfige
Sonderkommission des Landeskriminalamtes Tag und Nacht Aufklärungsarbeit
betreibe. Hanna überflog den Artikel und lachte laut.
»Das ist typisch, hast du davon gewusst?«, fragte sie Lisa.
»Trevisan hat den Artikel selbst geschrieben und Engel musste
ihn Wort für Wort bei der Pressestelle durchpeitschen«, antwortete Lisa. »Er
meint, dass wir ordentlich auf den Busch klopfen müssen, damit sich etwas
bewegt.«
»Also, wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich meinen,
die gesamte Polizei in Niedersachen und in Norddeutschland ist auf der Suche
nach den Tätern.«
»Sind wir doch auch, oder?«
Hanna zeigte hinaus auf den Gang. »Schau dich um, außer uns
beiden ist niemand in diesem Stockwerk unterwegs. Noch nicht einmal der feine
Herr Trevisan hat es für notwendig erachtet, heute hier zu erscheinen. Das ist nichts weiter als Show.«
«But the show must go on«, murmelte Lisa
»Was?«
Lisa winkte ab. »Nichts, ich habe nur laut gedacht. Aber sag
mal, wie findest du denn unseren neuen Boss, ich finde ihn süß, du nicht?«
Hanna schüttelte den Kopf. »Er ist wohl nicht ganz deine
Altersklasse.«
»Deine wohl schon eher«, antwortete Lisa mit bissigem Unterton.
»Also ich finde ihn okay. Und in Ermittlungsarbeit macht ihm wohl keiner so schnell
was vor.«
»Ach was, er kocht auch nur mit Wasser und wie soll man etwas
finden, wenn man überhaupt nicht weiß, nach was man sucht«, hielt Hanna dagegen
und umrundete den Schreibtisch. Aus dem Posteingangskorb nahm sie einen weiten
Aktendeckel.
»Vielleicht gefällt dir dieser Aktivismus nicht, aber ich
finde, wir haben in der letzten Woche schon mehr herausgefunden, als damals
diese gesamte Soko ermittelt hatte. Es kann natürlich sein, dass es dir ein
klein wenig zu hektisch in unserer Abteilung wird. Magst es wohl eher gemütlicher.«
»Red doch kein Blech daher«, zischte Hanna. »Du brauchst jetzt
nicht zickig zu werden. Du hast ja recht, ich glaube ja auch, dass er gut für
unsere Abteilung ist. Smisek hat die Dinge hier nur verwaltet und Engel, mein
Gott, Engel, dieser Weichspüler … Der fängt doch noch nicht einmal eine Fliege,
wenn sie direkt vor ihm sitzt, geschweige denn einen Mörder. Nein – es ist
schon wichtig, dass er hier ist, keine Frage.«
»Was macht er denn eigentlich heute, hat er dir etwas gesagt?«
Hanna deutete auf den Zeitungsartikel. »Wenn man auf den Busch
klopft, dann muss man auch sehen, was sich darunter alles bewegt.«
»Aha, ich verstehe, er treibt sich also wieder als Sommerfrischler
in Tennweide herum.«
»Richtig geraten.« Hanna warf einen Blick auf die Uhr über der
Tür. Es war kurz nach elf. Gelangweilt öffnete sie den Aktendeckel. Ein
weiterer Hinweis befand sich darin, eine weitere mögliche Spur, die sich
aufgrund des
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