Der Sohn des Apothekers (German Edition)
meinen Sie damit, das Amt hat sich
gemeldet?«
»Na, das Jugendamt! Eine Adoption ist hierzulande nicht
einfach«, entgegnete Petra Southgate. »Die ganze Bürokratie, die ganze
Fragerei, man muss sein Innerstes nach außen kehren, bevor man überhaupt erst
einmal in die nähere Auswahl kommt.«
Trevisan wurde blass. »Soll
das heißen, Tanja Sommerlath ist nicht das leibliche Kind Ihrer Schwester und
Ihres Schwagers?«
»Wussten Sie das nicht?«
Trevisan suchte nach einer Antwort, aber die Verblüffung ging
einfach zu tief. Wortlos saß er da und in seinem Kopf arbeitete es fieberhaft.
»Ich habe ebenfalls keine eigenen Kinder«, schob Petra
Southgate nach. »Ein Gen-Defekt, leider. Mit dieser chromosalen Veränderung
bleibt ein Kind ein ewiger Wunschtraum, es sei denn, man adoptiert eines dieser
kleinen verletzlichen Wesen. Tanja war gerade mal ein Jahr alt, als sie in
unsere Familie kam.«
Trevisan erhob sich. »Sie müssen entschuldigen, ich habe noch
etwas Dringendes zu erledigen. Aber ich müsste möglicherweise noch einmal mit
Ihnen sprechen. Wie lange sind Sie noch in Deutschland?«
»Ich bleibe so lange, wie es dauert, ein Pflegeheim für sie zu
finden, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wird. Ihr Kollege weiß, wie man
mich erreicht.«
*
Der Anruf der KTU hatte Hanna überrascht. Es gab Probleme,
den in das Parkhaus an der Nikolaistraße eingestellten Pkw zur Spurensicherung
in den Hof des LKA zu schleppen, da kein Abschleppwagen in das Parkhaus einfahren
konnte.
»Wenn ihr kein verunreinigtes Spurenbild wollt, dann müssen wir
die Spurensicherung vor Ort durchführen«, hatte der Beamte von der KTU
mitgeteilt. »Außerdem brauchen wir einen Schlüssel, sonst müssen wir den Wagen
aufbrechen und dabei könnten Spuren verlorengehen.«
»Ich kümmere mich darum«, hatte Hanna geantwortet.
Es war der pure Stress, bis sie über die Redaktion des Direkt-Magazin s
den Zweitschlüssel besorgt hatte. In der Parkgarage wartete bereits der weiße
VW-Bus der Kriminaltechnik vor dem roten Audi.
»Wo bleibst du denn, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!«,
begrüßte sie der Kollege, der ihres Wissens Kramer hieß.
»Ich musste erst den Schlüssel besorgen«, entschuldigte sich
Hanna.
»Du machst das wohl nicht allzu oft«, mäkelte Kramer.
»Normalerweise ist alles schon vorbereitet, wenn man uns ruft.«
Hanna erntete einen zweiten missbilligenden Blick von Kramers
Kollegen, der mittlerweile einen weißen Spurensicherungsanzug angelegt hatte.
Er ließ sich den Schlüssel reichen und trat an den Kofferraum heran. »Gut, dann
schauen wir mal, was wir da drinnen finden.« Er steckte den Schlüssel ins
Schloss. Der Kofferraumdeckel schwang auf und Hanna atmete auf, denn in ihren
schlimmsten Vorstellungen hatte sie damit gerechnet, dass darin eine Leiche
liegen würde. Doch der Kofferraum war leer bis auf die üblichen Utensilien wie
Warndreieck und Verbandskasten.
Glücklicherweise war die Parkbucht rechts neben dem Audi frei,
so dass die beiden Kriminaltechniker trotz des engen Raumes am Wagen arbeiten
konnten.
»Ich geh dann mal wieder. Wenn ihr fertig seid, dann könnt ihr
den Schlüssel …«
Kramer richtete sich auf. »Moment! Wir sind die Kriminaltechnik,
aber wir sind kein Dienstleistungsunternehmen. Wir werden den Wagen
untersuchen, was mindestens zwei Stunden dauern wird, dann geben wir dir den
Schlüssel zurück und verschwinden. Was dann mit dem Wagen passiert, das ist
deine Sache.«
Hanna fluchte leise. Sie
setzte sich in ihr Auto und ließ die Tür offen stehen. Gelangweilt beobachtete
sie, wie sich die Spurensicherungsbeamten von hinten nach vorne durch den Wagen
arbeiteten, fotografierten, nach Fasern und nach Fingerabdrücken sowie
DNA-Spuren suchten. Hin und wieder blickte einer der Kollegen zu Hanna herüber
und lachte.
Als die beiden den Audi untersucht hatten und die Türen
schlossen, richtete sich Hanna auf. Beinahe wäre sie eingeschlafen.
Kramer kam auf sie zu und warf ihr aus kurzer Distanz den
Schlüssel in den Schoß. »Jetzt ist es wieder dein Wagen«, sagte er salopp. »Den
Bericht kriegt ihr nicht vor Mittwoch.«
»Aber ihr könnt mir doch sicherlich schon sagen, ob ihr was
gefunden habt?«, fragte Hanna.
»Jede Menge«, antwortete Kramer. »Fasern, Fingerprints, DNA,
alles vorhanden. Wenn ihr uns die Vergleichsproben liefert, dann können wir die
Spuren zuordnen.«
Hanna blickte entgeistert. »Sonst nichts?«
»Das Einzige, was ich zum jetzigen Zeitpunkt sagen
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