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Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Der Sohn des Apothekers (German Edition)

Titel: Der Sohn des Apothekers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Bildschirm nur von der Rückseite sah, richtete sich auf.
»Das gibt es doch gar nicht, da muss doch etwas erfasst sein«, murmelte sie und
beugte sich vor, um einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen, doch die junge
Frau drehte ihn ein Stück zur Seite.
    »Entschuldigen Sie, aber Sie dürfen …«
    Hanna hob beschwichtigend die Hände. Sie fühlte, dass ihre
Ansprechpartnerin nicht alles verraten hatte, was der Bildschirm anzeigte.
»Hören Sie, ich bin Polizistin und ermittle in einem Mordfall. Nötigenfalls
hole ich mir die Erlaubnis über einen Richter, also: Sagen Sie mir, was steht
da auf dem Bildschirm?«
    Die junge Frau zuckte unsicher mit den Schultern. »Ich weiß
nicht, ob ich das darf, ich bin erst neu hier.«
    Das Mädchen schien der Verzweiflung nahe, so dass sie Hanna
beinahe leid tat. »Gut, dann warten wir eben, lange kann es ja nicht dauern.«
    Das Mädchen entspannte sich und noch bevor sie etwas erwidern
konnte, wurde die Bürotür geöffnet und eine Frau um die fünfzig in hellbraunem
Kostüm betrat das Büro. Sie nickte Hanna freundlich zu. Die junge Angestellte
erhob sich. »Frau Steinberg«, sagte sie. »Da ist jemand von der Polizei, sie
wollen Daten aus unserem Register.«
    Frau Steinberg ging unbeirrt auf eine Tür an der Stirnseite des
Büros zu und wandte sich nur kurz um. »Wenn sie sich ausgewiesen hat, dann
geben Sie ihr die Daten, Kindchen.«
    »Da … da … da ist ein … ein Sperrvermerk«, stotterte die junge
Frau.
    Hanna erhob sich. »Hören Sie, wir ermitteln in einem Mordfall
und benötigen dringend Ihre Hilfe.«
    Frau Steinberg hielt inne,
umkurvte den Schreibtisch und warf einen Blick auf den Computerbildschirm.
Schließlich nahm sie eine Brille aus ihrer Handtasche, ergriff das Datenblatt
und verglich die Einträge. Beinahe zwei Minuten vergingen im Schweigen, bis
sich Hanna räusperte und fragte: »Dürfte ich auch erfahren, was dort auf dem
Bildschirm steht?«
    Frau Steinberg warf erneut einen Blick auf das Datenblatt, das
Hanna aus dem Polizeicomputer mitgebracht hatte und auf dem die Daten der
vermissten Tanja Sommerlath vermerkt waren.
    »Hören Sie, das ist ein etwas komplizierter Fall«, erklärte die
Standesbeamtin. »Wir haben keine Tanja Sommerlath in unserem System, aber mit
gleichem Vornamen und Geburtsdatum ist hier eine Tanja Rosnow eingetragen, allerdings
gibt es einen Sperrvermerk.«
    »Einen Sperrvermerk, was bedeutet das?«
    »Hier steht, Auskunft nur bei berechtigtem Interesse, weitere
Daten sind aus der Akte zu entnehmen.«
    »Dann sollten wir in die Akte schauen oder glauben Sie, ich bin
nicht aus berechtigtem Interesse hier?! Nach unseren Ermittlungen ist diese
Tanja ein Adoptivkind. Es kann durchaus sein, dass sie unter einem anderen
Namen bei Ihnen registriert ist.«
    *
    Er kam zu sich, als das dumpfe Brummen die Stille überdeckte.
Er leckte sich über seine trockenen Lippen. Quälender Durst und infernalischer
Hunger bohrten in seinen Eingeweiden.
    Das Brummen verstärkte sich, wurde lauter und überlagerte das
Rauschen des Blutes in seinen Ohren. Zu dem Brummen gesellte sich ein lautes
Flirren. Kein Zweifel, über ihm kreiste ein Hubschrauber. Trotz der Schwäche,
die seinen Körper im eisernen Griff gefangen hielt, versuchte er sich in seinem
dunklen, modrigen Verlies etwas aufzurichten, doch die Schmerzen im Kopf wurden
unerträglich. Mit einem Seufzen sank er zurück. Inzwischen hatte die
Feuchtigkeit seine Fesseln so weit gelöst, dass er seine Hände daraus befreien
konnte. Doch genutzt hatte es ihm nur wenig, der Deckel seines Sarges ließ sich
nicht öffnen.
    Es war paradox: Er war hier in seiner dunklen Höhle gefangen
und die Rettung schwebte unerreichbar in den luftigen Höhen direkt über ihm.
Mit den Fingern grub er in der feuchten Erde. Sein erkalteter Körper war ohne
jegliches Gefühl, doch seine Finger ertasteten die Feuchtigkeit. Eine kleine
Wasserlache hatte sich neben ihm gebildet. Er tauchte seine Hand hinein und
führte sie zum Mund. Gierig schluckte er die Tropfen, die von seinen Fingern
direkt in den Mund glitten. Das Hungergefühl hatte er am gestrigen Tag
erfolgreich bekämpft, als er ein Stück Wurzel zu fassen bekommen hatte. Bitter
hatte sie geschmeckt und hart war sie gewesen, doch das Innere der zerkauten
Masse hatte ihn gesättigt, den Rest hatte er wieder ausgespuckt.
    Erneut tastete er mit seinen Händen durch die Dunkelheit, wieder
bekam er Wurzelwerk zu fassen. Er musste sich gehörig anstrengen, bis er

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