Der Sohn des Apothekers (German Edition)
Dienstgebäude in der
Schützenstraße und fuhr mit dem Aufzug in die dritte Etage. Noch bevor er sein
Büro erreichte, wurde er von Oberrat Engel abgefangen.
»Guten Morgen, Kollege Trevisan«, grüßte Engel. Ein
unscheinbarer, dicklicher Mann um die fünfzig mit Hornbrille und Stirnglatze
befand sich in seiner Begleitung. »Das ist Kollege Sobeck vom Kriminaldauerdienst
der Kripo Hannover. Er leitet die Ermittlungen wegen des verschwundenen
Reporters und er würde gerne mit uns kooperieren.«
»Ich dachte, nach einem vermissten Erwachsenen wird nicht
gesucht«, antwortete Trevisan gekünstelt. »Woher dieser plötzliche
Sinneswandel?«
Sobeck räusperte sich. »Ja, das war der Stand, bevor man den
Wagen des Vermissten gefunden hat. Jetzt schließen wir ein Verbrechen nicht
mehr aus.«
»Herr Sobeck möchte, dass wir in dieser Sache gemeinsam …«
Trevisan hob abwehrend die Hände. »Ich habe heute einen vollen
Terminkalender«, fiel er Engel ins Wort. »Wir müssen ein paar Dinge erledigen,
die keinen Aufschub dulden.«
Hanna Kowalski, die Trevisans Stimme durch den Gang hallen
hörte, kam aus ihrem Büro. Sie hielt einen Aktenordner in der Hand. »Mensch,
Martin, wo warst du denn, wir haben das ganze Wochenende versucht, dich zu erreichen«,
sagte sie und nickte Engel kurz zu.
Engel hob die Hand zum Gruß und schaute auf seine Armbanduhr.
»Kümmern Sie sich um Herrn Sobeck, ich habe noch einen wichtigen Termin.«
Der Kriminaloberrat reichte Sobeck die Hand und machte auf dem
Absatz kehrt. Trevisan seufzte, als Engel durch die Glastür verschwand. Er
wandte sich Sobeck zu. »Hören Sie, Kollege Sobeck, wir sind derzeit drei Mann
in diesem Referat. Selbst wenn wir wollten, wüsste ich nicht, wie wir Ihnen
helfen könnten.«
»Ich heiße Günter«, entgegnete Sobeck. »Ich habe vier Mann in
meiner Abteilung. Außerdem gehe ich davon aus, dass wir den gleichen Täter
suchen. Ich schlage vor, dass wir ein Stück zusammenrücken. Zusammen sind wir
schon acht.«
Trevisan lächelte und klopfte Sobeck auf die Schulter. »Das ist
keine schlechte Idee, wir könnten ein klein wenig Unterstützung gebrauchen.«
Hanna Kowalski hüstelte gekünstelt. »Das glaube ich auch.«
Trevisan wies auf den Konferenzraum. »Besprechen wir das da
drinnen.«
Nachdem sie um den Tisch Platz genommen hatten, stieß auch Lisa
Winter zu dem Trio hinzu, sie hielt einen Notizblock in der Hand.
»Also gut, dann schießt mal los«, sagte Trevisan.
Lisa nickte Hanna zu und setzte sich.
Hanna zog ein Blatt Papier aus dem Aktenordner. »Unsere
vermeintlich Vermisste wurde von einem Hotelier wiedererkannt. Er meinte, dass
dieses Mädchen bei ihm unter dem Namen Tamara Sygow als Zimmermädchen
arbeitete. Allerdings nicht lange, sie wurde erwischt, als sie ein paar
Wertsachen von Hotelgästen mitgehen ließ. Man verzichtete auf eine Anzeige
wegen der schlechten Publicity für das Hotel und warf sie hinaus. Das war vor
etwa einem halben Jahr.«
»Ist das glaubhaft?«, unterbrach Trevisan.
»Ich habe umgehend mit dem Hotelier Kontakt aufgenommen und mir
ein Bild aus ihrer Personalakte zufaxen lassen. Sie könnte es tatsächlich
gewesen sein, zumindest ist ihr das Foto sehr ähnlich.«
»In Hamburg, sagst du?«
»Ja, Hamburg«, bestätigte Hanna. »Aber da ist noch etwas. Die
Adresse, die sie als Wohnanschrift im Hotel angab, existiert nicht. Außerdem
ist beim Einwohnermeldeamt keine Tamara Sygow gemeldet. Ich hatte noch zwei
weitere Meldungen aus Hamburg im Fach, die ich zuerst für nicht glaubhaft
hielt, aber angesichts der Sache mit dem Hotelier ist vielleicht doch was dran:
Ein pensionierter Seemann aus Hamburg hat sich gemeldet und mitgeteilt, dass
unsere Vermisste in der Süderstraße der Prostitution nachging, und die
Inhaberin eines Kiosks meint, dass sich unsere Vermisste in zwielichtigen
Kreisen in der Nähe des Kiez herumtrieb. Das könnte zusammenpassen.«
»Hast du schon mit den Hamburger Kollegen Kontakt
aufgenommen?«, fragte Trevisan.
»Ich sagte doch, zuerst hielt ich die Sache mit dem Rentner und
dem Kiosk für unwichtig, in der Ablage liegen noch Dutzende solcher
Zeugenhinweise. Um allen nachzugehen, brauchen wir mindestens fünfzig Mann.
Erst nachdem der Hotelier sich meldete, bekamen die beiden Beobachtungen eine
andere Bedeutung.«
In Hannas Antwort war der bissige Unterton nicht zu überhören,
Trevisan hob beschwichtigend die Hand. »Das ist doch keine Kritik, Hanna. Ich
weiß, viele Dinge sind eine Frage der
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