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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Meine Cousine sagte: »Die Verurteilten haben sich vielleicht ihrem Los entzogen. Aber sie können sich nicht auf dem Marsch einzeln davongeschlichen haben, sonst hätte die Eskorte es dir gemeldet. Also müssen sie gemeinsam gehandelt haben. Sie waren viele, die Eskorte war klein, und nachdem sie die Wachen erschlagen hatten, sind sie zusammen oder einzeln geflohen und befinden sich inzwischen außerhalb deiner Reichweite.«
    »Natürlich habe ich daran gedacht«, brummte ich. »Aber sie hatten einen Schwur geleistet und die Erde geküßt. Und sie waren einmal ehrenwerte Männer gewesen.«
    »Das war Yeyac früher auch«, entgegnete Améyatl bitter. »Solange unser Vater lebte und dafür sorgte, daß sein Sohn treu, gehorsam und vertrauenswürdig blieb.«
    »Trotzdem«, widersprach ich, »fällt es mir schwer zu glauben, daß nicht wenigstens einer der Männer seinen Schwur gehalten haben sollte. Wenigstens einer könnte zurückkommen und berichten, daß die anderen ihren Schwur gebrochen haben. Vergiß nicht, es ist so gut wie sicher, daß sich Pakápete als Mann verkleidet unter ihnen befand. Sie wäre niemals abtrünnig geworden.«
    »Vielleicht war sie es«, sagte G’nda Ké mit ihrem gewohnten boshaften Lächeln, »die alle Männer erschlagen hat.«
    Ich schenkte der albernen Bemerkung keine Beachtung. Améyatl sagte: »Falls Yeyacs Männer die Krieger der Eskorte getötet haben, wären sie wohl kaum davor zurückgeschreckt, Zehenspitze oder jeden anderen, der sich gegen sie gestellt hätte, ebenfalls umzubringen.«
    »Aber es waren Krieger«, widersprach ich noch einmal. »Das sind sie immer noch, es sei denn, die Erde hat sich auf getan und sie verschlungen. Sie kennen kein anderes Leben. Was sollen sie, gemeinsam oder einzeln, mit ihrem Leben anfangen? Wollen sie gewöhnliche Räuber werden und anständige Menschen aus dem Hinterhalt überfallen? Das wäre für einen Krieger undenkbar, ganz gleich, wie ehrlos er sich auch sonst benommen haften mag. Nein, ich kann mir nur eins denken.« Ich wandte mich an die Yaki-Frau und sagte: »In grauer Vorzeit hat eine gewisse G’nda Ké gute Männer in schlechte verwandelt. Deshalb mußt du in Sachen Verrat eine gewisse Erfahrung haben. Glaubst du, die Krieger haben ihr Bündnis mit den Spaniern erneuert?« Sie zuckte gleichgültig die Schultern. »Zu welchem Zweck? Solange sie Yeyacs Männer waren, konnten sie mit Wohlwollen und Begünstigung rechnen. Ohne Yeyac als Führer sind sie nichts. Die Spanier würden sie vielleicht in ihren Reihen aufnehmen, sie aber zutiefst verachten. Sie würden sich zu Recht sagen, daß Männer, die sich gegen ihr eigenes Volk gewendet haben, ohne weiteres noch einmal die Seiten wechseln können.« Ich mußte ihr zustimmen. »Das klingt einleuchtend.«
    »Die Überläufer wären die Niedrigsten unter den Niederen. Selbst der Pfeilritter würde seinen Rang verlieren und zum bloßen Yaoquizqui werden. Das hätten er und alle anderen mit Bestimmtheit gewußt. Warum sollten sie das also tun? Kein Krieger würde dieses viel schlimmere Schicksal auf sich nehmen, selbst wenn er noch so verzweifelt deinem Zorn entrinnen wollte.«
    »Was immer sie auch getan haben«, sagte Améyatl, »es muß zwischen hier und Compostela geschehen sein. Warum schickst du nicht noch einmal einen Quimichi, um es herauszufinden?«
    »Nein!« fauchte G’nda Ké. »Selbst wenn der Trupp nicht einmal in die Nähe von Compostela gelangt ist, hat die Nachricht die Stadt erreicht. Jeder Holzfäller oder Kräutersammler, der seine Waren zum Markt bringt, muß inzwischen erzählt haben, daß er in der Umgebung eine Einheit bewaffneter und gefährlicher Aztéca-Krieger gesehen hat. Dieser Gouverneur Coronado ist möglicherweise mit seinen Truppen bereits auf dem Weg hierher, um deinem geplanten Aufstand durch die Zerstörung Aztlans zuvorzukommen. Tenamáxtli, du kannst es dir nicht mehr leisten, die Spanier aufs Geratewohl mit Angriffen zu belästigen. Sie werden es dir nach diesem mißlungenen Angriff heimzahlen und sich für die Überfälle der Frauen in Michihuácan rächen.« Sie lachte hämisch. »Ob du bereit bist oder nicht, ob es dir gefällt oder nicht, du befindest dich im Kriegszustand! Du hast dich darauf versteift, Krieg zu führen, und zwar einen großen Krieg. Dir bleibt jetzt keine andere Wahl, als dein Heer in den Krieg zu führen.«
    Ich sagte: »Es ärgert mich, aber ich muß zugeben, daß du auch diesmal recht hast, du Hexe. Ich wollte, ich könnte

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