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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zusammen wiegen einen Vasco de Quiroga nicht auf.«
    Er lachte wieder und wischte das Kompliment mit einer Handbewegung beiseite. »Trotzdem bin ich nicht der einzige, der daran zweifelt, daß es klug ist, wenn sich der Gouverneur Hals über Kopf auf den Weg nach diesem Cíbola macht. Viele halten es für ein überstürztes und leichtfertiges Unterfangen und glauben, es könnte Neuspanien mehr schaden als nützen.«
    »Wie das?« fragte ich neugierig.
    »Er zieht alle Soldaten, die er auftreiben kann, aus den fernsten Winkeln des Landes zusammen. Er muß sie nicht einmal ausheben. Überall bitten Offiziere und Gemeine darum, vom normalen Dienst freigestellt zu werden, um sich Coronado anschließen zu dürfen. Selbst Zivilisten, Kaufleute aus den Städten und Pflanzer vom Land bewaffnen sich und kaufen Pferde, damit sie in seine Truppe aufgenommen werden. Jeder Möchtegernheld und Glücksritter hält diesen Feldzug für eine einmalige Gelegenheit, reich zu werden. Außerdem beschafft Coronado für seine Männer Reitpferde, Packpferde und Maultiere, zusätzliche Waffen und Munition, alle möglichen Vorräte, Indio- und Morosklaven als Träger und Treiber, und als Marschverpflegung sogar ganze Rinderherden. Er schwächt die Verteidigungsbereitschaft Neuspaniens erheblich, und die Menschen machen sich deshalb Sorgen. Die Überfälle der Purémpe-Amazonen in Neugalicien sind allgemein bekannt, ebenso die häufigen Vorstöße von Wilden an der Nordgrenze. Selbst unter den Gefangenen und Sklaven unserer Minen, Hüttenwerke und Obrajes ist es zu besorgniserregend blutigen Unruhen gekommen. Meine Landsleute fürchten mit gutem Grund, daß Coronado ganz Neuspanien anfällig für Rebellion, Plünderungen und Ausschreitungen von innen und von außen zurückläßt.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte ich und versuchte dabei, nicht allzu glücklich über diese Nachricht zu klingen, obwohl ich nichts Erfreulicheres hätte hören können. »Aber hält der Vizekönig in der Stadt Mexico, dieser Señor Mendoza, das Vorhaben Coronados ebenfalls für eine Torheit?«
    Der Bischof ließ traurig den Kopf sinken. »Wie ich gesagt habe, ich bin kein praktischer und nüchterner Mann. Aber ich kann erkennen, ob ein Unternehmen Vorteile bringt. Coronado und Don Antonio de Mendoza sind alte Freunde. Coronado ist mit einer Cousine von König Carlos verheiratet. Mendoza ist auch ein Freund des Bischofs Zumárraga, und ich fürchte, der ist immer nur allzu bereit, ein Abenteuer zu billigen, das dazu gedacht ist, König Carlos zu gefallen und ihn zu bereichern … und den guten Bischof beim König und dem Papst beliebt zu machen. Gott möge mir verzeihen, wenn ich das sage, doch die Wahrheit liegt auf der Hand. Nimm alle diese Umstände zusammen, Juan Británico, und ich frage dich: Ist es wahrscheinlich, daß irgend jemand, hoch oder niedrig, etwas sagen wird, um Coronado von seinem Vorhaben abzubringen?«
    »Bestimmt nicht«, erwiderte ich leichthin.
    Da habt ihr es, dachte ich zufrieden. Ich bin in euren Augen der Niedrigste der Niederen. Aber jetzt ist es soweit. Der Wurm in der Coyacapúli-Frucht hat lange im Innern gefressen und ist endlich dabei, die überreife Frucht aufplatzen zu lassen.
    »Ich danke Euch für die Güte, mich empfangen zu haben, Eure Exzellenz, und für den erfrischenden Wein und Kuchen. Ich bitte um Erlaubnis, mich jetzt entfernen zu dürfen.«
    Vater Vasco, der sich einem niedrigen Indio gegenüber immer noch anständiger verhielt als jeder andere Weiße, den ich in meinem Leben getroffen habe, forderte mich freundlich auf, noch eine Weile zu bleiben, unter seinem Dach zu wohnen, am Gottesdienst teilzunehmen, die Beichte abzulegen, die Kommunion zu empfangen und mich ausführlicher mit ihm zu unterhalten. Doch ich griff zu einer weiteren Lüge und erklärte, ich sei angewiesen, mich zu beeilen, um einem weit entfernt lebenden Stamm Wilder, die noch immer in der Sünde der Ungläubigen leben, ›die frohe Botschaft zu verkünden‹. Nun ja, es war nicht ganz gelogen. Ich hatte tatsächlich an einem entfernten Ort eine Botschaft zu überbringen …
    Als ich diesmal Compostela verließ, mußte ich mich nicht verstohlen davonschleichen, denn niemand beachtete mich. Ich ging aufrecht und mit weit ausholenden Schritten in Richtung Chicomóztotl.
     
    »Huitzilopóchtli und allen anderen Göttern sei gedankt!« rief Nochéztli. »Endlich seid ihr da, Tenamáxtzin! Und Ihr seid keinen Augenblick zu früh gekommen. Hier lagert

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