Der Sohn des Bannsängers
schlug kraftlos mit den Beinen und fuchtelte in der trockenen Luft herum.
Seine Passagiere versammelten sich und starrten ihren angeschlagenen Gefährten an. Viz ließ sich auf Buncans Schulter nieder. Zu dessen großer Erleichterung wirkte der Vogel keineswegs beunruhigt.
»Was hat er bloß?« fragte er besorgt.
»Ich glaube, der Schock hat sich endlich gelöst.«
»Der Schock?« Neena runzelte die Stirn. »Welcher Schock?«
»Vergegenwärtigt euch bloß mal den Zustand, in dem sich unser Mitreisender befand, als wir das Domizil des Barons stürmten«, meinte Gugelund mit plötzlicher Einsicht. »Durch den plötzlichen Fall aus großer Höhe wurde er unvermittelt wieder aufgeweckt. Und dessen Wirkung ist jetzt verflogen.«
»Was is verflogen?« Squill schnitt eine Grimasse. »Du sprichst in Rätseln, 'ändler.«
»Ich will damit sagen, daß er seitdem unter Schock gestanden hat. Bis jetzt.« Das Faultier betrachtete leidenschaftslos den zusammengesunkenen, fühllosen Haufen. »Jetzt hat er sich endlich gelöst.«
»Genau so ist es«, pflichtete Viz ihm voller Mitgefühl bei.
»Aber das ist Tage her«, meinte Buncan. »Wie ist das möglich?«
»Ich hätte es auch nicht für möglich gehalten, daß sich jemand so betrinken könnte.« Gugelund zuckte die Achseln.
Squill suchte sich einen Flecken weichen Sandes im Schatten eines windpolierten Findlings. »Is wohl Zeit für 'ne Ru'epause, Freunde.«
»Wohl kaum.« Buncan schickte sich an, die Duar bereitzumachen. »Wir müssen den letzten Rest vom Rausch wegsingen.«
»Was, jetzt? 'ier?« Der Otter deutete auf die hochaufragenden Spitzkuppen, die stachligen Gewächse, das kleine, aber hochaktive Reptil, das sich gerade hastig in ein Loch zurückzog.
»Warum warten wir nich einfach, bis er seinen Rausch ausgeschlafen 'at?«
»Das könnte Tage dauern«, erklärte Viz. »Das wäre nicht das erste Mal.«
Gugelund musterte den Himmel. Er war wolkenlos, tiefblau, und wenn die Sonne auch nicht unbedingt herabbrannte, war es doch alles andere als angenehm. »Wir sollten hier besser nicht zu lange bleiben. Nach meinem Geschmack ist es jedenfalls nicht angebracht, länger als unbedingt nötig zu warten.«
»Also los.« Buncan zupfte versuchsweise an den Saiten.
»Braucht ja nichts Großartiges zu sein. Wir wollen bloß einen verspäteten Kater kurieren, keine Vögel verwandeln oder widerspenstige Wale herbeirufen.«
Neena schlenderte zu ihrem Bruder. »Wovor ‘ast du eigentlich Angst, Schleimatem? Also ich, ich will nich 'ier 'ocken bleiben und unser Wasser auftrinken, während wir darauf warten, daß dieser Bauch-auf-vier-Beinen seinen ›Schön'eitsschlaf‹ beendet.« Als sie nach ihm trat, brachte Squill sich hastig in Sicherheit. Buncan bemerkte, daß sie sich alle Mühe gegeben hatte, ihr Makeup zu erneuern, wenngleich es weit weniger eindrucksvoll war als zu Beginn ihrer Reise. Die farbigen Streifen, die von ihrer Schnauze nach hinten verliefen, waren nicht mehr so bunt und scharf abgegrenzt wie früher.
Warum sie sich bemüßigt fühlte, mitten in einer weglosen Wüste Makeup aufzutragen, diese Frage konnte nur eine Frau beantworten.
»Überlassen wir das dem, der ihn am besten kennt.«
»Helft ihm, wenn ihr könnt«, entgegnete Viz. »Wenn er so in der Sonne liegt, trocknet er zu stark aus.«
»Warum tritt er um sich und stöhnt?«
»Delirium tremens«, antwortete der Vogel knapp, dann fügte er hinzu: »Ihr wollt doch bestimmt nicht wissen, was ein betrunkenes Nashorn so alles halluziniert.«
Buncan nickte, suchte sich einen bequemen Felsen, nahm darauf Platz, nachdem er sich zuvor vergewissert hatte, daß er nichts Kleines und Flinkes beherbergte, das ihn in den Hintern beißen könnte, dann legte er sich die Duar auf die Knie. Zur Abwechslung wollte er das Improvisieren einmal genießen. Diesmal ging es nicht um ihr Leben. Sie versuchten lediglich, einem notleidenden Freund zu helfen.
»Kannst 'ier nich lange bleiben Mußt weiterziehn, zum Ziel unsrer Reisen Das is 'n Wettlauf Und wir machen mit, also steh endlich auf Reiß dich am Riemen, zeig endlich Biß Auf geht's, zu 'nem Ort, wo's feuchter is. Mist, du bist Nich down Du mußt Bloß nach vorne schaun.«
Neena folgte mühelos der Melodie und drängte ihren widerstrebenden Bruder in ein harmonisches Duett. Nach der erfolgreichen, wenn auch unberechenbaren Zauberei, die er mit jedem Otter einzeln verbrochen hatte, tat es gut, die beiden wieder gemeinsam singen zu hören, fand Buncan.
Er
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