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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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‘ne ganz schöne Stange Geld kosten lassen, hat der Professor oft genug gesagt. Und einmal hat er’s mir sogar ganz stolz und sozusagen mit einem Augenzwinkern gezeigt. Er hat’s aus einem Fach dieser Brieftasche geholt.
    Für den Fall, daß mal irgendwas passieren würde, man könne ja nie wissen. Es sei der Schlüssel zu einem Banksafe. Ein Metallschild war dran, nicht mal so groß wie eine Hundemarke, mit einer Nummer drauf. In der Brieftasche sei auch der Name der Bank und ein Ausweis, denn selbstverständlich habe er sein Versteck nicht in Bad Rittershude, wo jeder dem anderen über die Schulter guckt.“
    Die beiden hatten den Sack inzwischen neben den anderen in eine Ecke gewuchtet.
    „Sie können sich nicht vorstellen, Herr Pohmann, wie er sich mit dieser alten, vergammelten Brieftasche immer hat. Keinen Moment läßt er sie aus den Augen. Sogar ins Badezimmer nimmt er sie immer mit.“
    „Was für kauzige Marotten manche Menschen haben“, bemerkte der Bademeister.
    „Marotten hin, Marotten her“, erwiderte Frau Erika Bandel. „Ich glaube ja nicht, daß er Geld oder so was Ähnliches dort eingeschlossen hat. Ganz bestimmt geht’s ihm nur um die Aufzeichnungen seiner Erfindungen. Er hat’s ja auch angedeutet, daß in diesem Banksafe so ziemlich alles, was sein Kopf im Laufe der Jahre produziert hat, auf Nummer Sicher sei. Und so, wie sie ihm von überallher nachlaufen und hinter ihm hertelefonieren, müssen diese Papiere nicht von Pappe sein.“ Sie blieb stehen und tat so, als habe sie sich selbst bei einem Diebstahl ertappt. „Um Himmels willen, was ist eigentlich los mit mir, daß ich Ihnen das alles erzähle? Dabei hab’ ich mir geschworen, über diese Sache kein Wort über meine Lippen kommen zu lassen. Sie können doch schweigen, Herr Pohmann, und alles bleibt unter uns?“
    Selbstverständlich könne er schweigen, versicherte der Bademeister. „Notfalls wie ein Grab.“
    Das sei ihr eine große Beruhigung, versicherte Frau Erika Bandel und fügte noch hinzu: „Jetzt hab’ ich Sie aber lange genug aufgehalten, Herr Pohmann.“
    Sie begleitete ihn bis zur Gartenpforte und zu seinem abgestellten Fahrrad. „Nochmals besten Dank, und es geht doch nichts über hilfreiche Nachbarn“, rief sie noch hinter ihm her.
    „Keine Ursache“, rief der Bademeister gedankenverloren zurück.
    Im städtischen Hallenbad war heute vormittag nur ein einziger Gast im Wasser.
    Die dickliche Kassiererin hatte also nichts dagegen einzuwenden, als sich Herr Pohmann für eine gute Stunde verabschiedete, um angeblich noch ein paar Ostereinkäufe zu machen.
    In Wirklichkeit radelte er ins Nachbardorf. Dort gab es gleich neben einem kleinen Supermarkt eine Telefonzelle für Orts- und Ferngespräche.
    Der Bademeister holte eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche und wählte Köln. Dabei blickte er immer wieder hinter sich und zur Seite. Er war sehr vorsichtig gewesen und konnte eigentlich sicher sein, daß man ihn nicht beschattet hatte.
    Er mußte es eine ganze Weile klingeln lassen, bis sich endlich eine ziemlich verschlafene Stimme meldete.
    „Ja, was gibt’s denn? Es muß ja noch mitten in der Nacht sein.“
    „Guten Morgen, Herr Müller“, sagte der Bademeister.
    Daraufhin tauchte der Kölner Anschluß vorerst einmal in komplette Funkstille.
    „Herr Müller“, rief der Bademeister leise.
    „Woher haben Sie meine Nummer?“ fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung schließlich.
    „Das ist jetzt nicht so wichtig, Herr Westernhagen“, erwiderte der Bademeister. „Wundern Sie sich nicht, wenn ich auch Ihren richtigen Namen kenne, Ihre Adresse und, wie Sie inzwischen wohl begriffen haben, auch Ihre Telefonnummer.“
    „Sprechen Sie aus Ihrer Wohnung?“
    „Für wie dämlich halten Sie mich eigentlich?“ fragte Herr Pohmann freundlich.
    „Wenigstens scheinen Sie vorsichtig zu sein“, stellte
    Herr Müller fest, der in Wirklichkeit Westernhagen hieß. „Hören Sie, ich habe bezahlt und will mit der Sache nichts mehr zu tun haben.“
    „Das wird sich leider nicht machen lassen“, stellte der Bademeister fest. „Erinnern Sie sich noch, wie Sie mir damals beim Abendessen erzählten, was für ein Teufelskerl Sie seien. Notfalls könnten Sie die Niagarafälle besorgen oder das Empire State Building, falls es jemand von Ihnen verlangen würde. Nur die Kohlen müßten stimmen. Ich habe Ihnen ein paar Papiere besorgt —“
    „-und die Kohlen haben gestimmt“, knurrte Herr Westernhagen ungehalten.

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