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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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flötete Frau Bandel.
    „Wo soll denn das Zeug hin?“ fragte Herr Pohmann. Er holte bereits einen zweiten Sack aus dem Kofferraum und dann noch drei ziemlich schwere Kartons.
    „Alles nur Futter für die Tiere“, erklärte Frau Bandel. „Aber lange mach’ ich das nicht mehr. Entweder der Professor taucht wieder auf oder ich gebe das ganze Viehzeug in ein Heim, so was gibt’s doch.“ Sie richtete sich auf. „Zuerst die Säcke, schlage ich vor.“
    So betrat Herr Pohmann zum erstenmal seit jenem Sonntagmorgen wieder den halbdunklen Korridor und dann den Wohnraum des Hauses in der Haselnußstraße.
    Er trug mit beiden Händen an der einen Seite des Sackes mit dem Futter und Frau Bandel an der anderen.
    „Haben Sie denn überhaupt noch Hoffnung?“ fragte der Bademeister.
    „Ob der Professor je zurückkommt, meinen Sie?“
    „Immerhin sind es seit seinem Verschwinden nun schon fast zwei Wochen.“
    Sie hatten jetzt die Wendeltreppe erreicht, die nach unten führte.
    Hier hatte Pohmann gestanden, als an diesem verdammten Morgen die ersten Geräusche vom ersten Stock her von ihm gehört wurden.
    „Wissen Sie, bei unserem Professor halte ich alles für möglich“, bemerkte Frau Bandel. Herr Pohmann ging beim Tragen vorsichtig rückwärts, während sich Frau Bandel seitwärts fortbewegte und sorgsam auf die Stufen achtete. „Genie und Verrücktheit sollen ja gar nicht so weit auseinander wohnen. Vielleicht irrt er irgendwo herum und hat glatt vergessen, wo er zu Hause ist. Irgendwann wird man dann auf ihn aufmerksam, liefert ihn hier ab, oder er findet von ganz allein wieder zurück.“
    „Aber die Zeitung schreibt doch, daß er nur seinen Morgenrock angehabt hat und daß sonst nichts fehlt —“
    „Er hatte auch noch seinen Schlafanzug an und seine Hausschuhe. Im übrigen ist dieser Hausmantel so schwer wie eine Pferdedecke“, erklärte die Besitzerin der Milchbar. „Und dann kann man ja heutzutage nackt durch die Stadt spazieren und niemand dreht sich um. Nein, daß er nicht richtig angezogen ist, darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Sorge macht mir nur, daß er seine Brieftasche mitgenommen hat —“
    Als sie die letzte Treppenstufe hinter sich hatten, war bereits das Pfeifen und Quietschen der hungrigen Tiere zu hören.
    „Eine ziemlich alte und vergammelte Brieftasche, aber immerhin aus Krokodilleder —“ wiederholte Frau Bandel und stieß jetzt mit dem linken Bein die Tür zum Laboratorium auf.
    Im selben Augenblick wurde das Lärmen der Tiere noch lauter. Die Meerschweinchen wieselten aufgeregt durcheinander, und die weißen Mäuse sprangen in ihren Käfigen an den Gittern hoch.
    „Benehmt euch, ihr Rabauken“, rief Frau Bandel lachend und meinte dann zu Herrn Pohmann: „Können Sie mir noch beim zweiten Sack helfen? Alles andere schaff’ ich dann schon allein.“
    „Aber selbstverständlich, Frau Bandel“, erwiderte der Bademeister.
    Sie gingen inzwischen bereits wieder durch den schmalen Gang im Souterrain zu der eisernen Wendeltreppe zurück.
    „Und der Pistolenschuß und die Splitter von seiner Brille?“ gab Herr Pohmann zu bedenken.
    „Auch nur irgendeine Verrücktheit“, plauderte Frau Bandel scheinbar gedankenlos weiter. „Oder er ist tatsächlich überfallen und entführt worden. Aber dann ist ‘s ja egal, was mit dem Schlüssel und seinem Vermögen passiert ist. Ich hätte ja sowieso nichts geerbt, weil Menschen wie der Professor nie an ein Testament denken.“
    Jetzt waren sie schon mit dem zweiten Sack von dem Sonnenblumenwagen über den verkommenen Gartenweg zum Haus unterwegs.
    „Was für ein Schlüssel, was für ein Vermögen?“ hätte Herr Pohmann am liebsten gefragt. „Und was ist mit dieser verflixten Brieftasche aus Krokodilleder los?“ Aber er biß sich auf die Unterlippe und beherrschte sich. Laut meinte er schließlich nur: „Die Polizei wird den Fall schon aufklären.“
    „Von der Polizei halte ich überhaupt nichts, wenn Sie mich fragen“, antwortete Frau Erika Bandel. „Deshalb hab’ ich diesem Kriminalkommissar auch keinen Ton von der Brieftasche gehustet. Denn wenn es tatsächlich stimmt, was der Professor behauptet, dann warte ich doch lieber, bis sich alles beruhigt hat und nehme mir dann einen Privatdetektiv.“
    Sie waren jetzt erneut vor dem Laboratorium angekommen, Frau Bandel kickte zum zweitenmal mit dem Fuß die Tür auf, und das ganze Viehzeug fing wieder an, verrückt zu spielen. „Manche Leute würden sich das kleine Ding

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