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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Generalprobe und dann natürlich für alle Vorstellungen verpflichten konnten.“ Theaterdirektor Friedebold kletterte nach dieser Ankündigung wieder auf die Erde, ließ sich in seinen Regiestuhl plumpsen und rief jetzt: „Auf die Anfangspositionen, wenn ich bitten darf. Wir beginnen.“
    Der Hauptdarsteller des Winnetou hatte immerhin ein Kostüm aus Waschleder, und seine lange, schwarze Pferdehaarperücke wirkte auf eine gewisse Entfernung ziemlich echt.
    Der Schauspieler, der Old Shatterhand darstellte, war erkältet.
    Er hatte sich deshalb nicht umgezogen, trug einen Mantel und einen dicken Wollschal. Da er auch heiser war, deutete er seine Texte nur leise an.
    Nach einer halben Stunde protestierte der dickliche Sputnik: „Entschuldigung, aber ich kriege jetzt allmählich eine Gänsehaut.“
    „Ich schließe mich meinem Vorredner an“, krähte Hans Pigge mit dem hellblonden Pagenkopf.
    „Ja, leider haben sich inzwischen Wolken vor die Sonne geschoben“, gab Herr Friedebold zu. „Kostüme also abliefern und wieder Hemd und Hose anziehen.“
    Als er dann am Nachmittag den letzten Akt seines Indianerdramas probiert hatte und endgültig Schluß machte, rollte der Omnibus mit dem Bad Rittershuder Skatklub bereits auf Nürnberg zu.
    Selbstverständlich hatten sich längst überall zwischen den Sitzbänken Gruppen gebildet, sie knallten ihre Karten auf die Lederpolster und ließen die Bierflaschen kreisen.
    Herr Bemmelmann rauchte eine seiner teuersten Zigarren und gewann so ziemlich jedes Spiel.
    „Das da noch für Tante Ottilie!“ rief er gerade und blätterte lachend eine ganze Latte von Assen vor sich hin.
    „Langsam gehst du mir auf den Wecker, du Falschspieler“, schimpfte Fleischermeister Karfunkel.
    „Und ich bin ein dreifaches Hornvieh und ein ausgemachter Idiot“, regte Bademeister Pohmann sich auf. „Dabei habe ich alles in der Hand gehabt. Alles, was man sich nur wünschen kann!“
    Als der Omnibus von der Autobahn in die Ausfahrt nach München kurvte, wurde es schon dunkel, und ein Teil der Fahrgäste war schon ein wenig angeheitert. Trotzdem verabredeten sie sich alle noch zu einem Besuch im Hofbräuhaus.
    „Aber zuerst müssen wir unsere Zimmer belegen und unser Gepäck loswerden“, meinte Rechtsanwalt Dr. Semmelroth.
    Der riesige Omnibus spielte also Taxi und brachte die Herren nacheinander zu den Pensionen und Hotels, in denen das Verkehrsamt für sie gebucht hatte.
    Während sie sich kreuz und quer über München verteilten, klingelte in Bad Rittershude bei Frau Erika Bandel das Telefon.
    Die ganze Stadt hatte sich an diesem Abend schon mit den Hühnern aufs Ohr gelegt, und selbstverständlich war auch die Besitzerin der Milchbar schon mitten im Schlaf.
    „Hat der Mensch Töne“, brummte sie und nahm den Hörer ab. „Ja, wer ist denn da so bescheuert, daß er mich mitten in der Nacht —“ Sie verschluckte den Rest des Satzes, weil sie die Stimme von Professor Keller erkannte.
    „Entschuldigen Sie vielmals, liebe Frau Bandel“, sagte er. „Besser, ich störe Sie jetzt, als daß Sie sich morgen früh auf dem Bahnsteig die Füße in den Bauch stehen und vergeblich auf mich warten.“
    „Wieso? Haben Sie sich’s doch anders überlegt?“
    „Nein, ich würde wahnsinnig gerne in München mit dabeisein“, erklärte der Professor. „Aber ich sitze hier noch mitten in der Arbeit und komme bestimmt nicht vor drei oder vier ins Bett. Leider haben sich für Montag nachmittag überraschend zwei Kollegen aus Bremen angesagt, und da muß ich mit meinem letzten Versuch durch sein. Ich werde also auch morgen nicht aus dem Labor rauskommen. Jetzt hab’ ich Sie wohl sehr enttäuscht?“
    „Ein wenig schon“, gab Frau Bandel zu. „Ich hatte mich auf den gemeinsamen Ausflug wirklich gefreut. Aber was nicht geht, geht halt nicht.“
    „Ich bitte noch einmal um Entschuldigung, trotzdem viel Vergnügen morgen, und schlafen Sie schnell weiter“, meinte der Professor zum Abschluß.
    „Wirklich schade“, dachte Frau Bandel und legte den Hörer wieder auf. Sie wollte gerade die Nachttischlampe ausknipsen, als ihr blitzartig der Page Fridolin Paschulke einfiel. Vielleicht war es noch nicht zu spät. Sie machte wieder Licht, suchte im Telefonverzeichnis nach der Nummer des Hotels zum Kurfürsten und wählte.
    „Sie haben aber eine ulkige Vorstellung von unserem Beruf“, entgegnete Chefportier Pelz, als sie ihn fragte, ob er auch schon geschlafen hätte. „Natürlich können Sie den Fridolin

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