Der Sohn des Haeuptlings
herumstehen siehst —“ Er unterbrach sich und tat so, als habe er sich an einer grünen Bohne verschluckt.
„Wieso, was ist denn passiert um Himmels willen?“ fragte Mutter Kubatz, und selbst der Setter Nepomuk, der zusammengerollt vor der Standuhr in der Sonne vor sich hingedöst hatte, spitzte die Ohren.
„Ich habe schon viel zuviel gesagt“, erklärte Karlchen Kubatz. „Entschuldigung, aber die Glorreichen Sieben müssen sich auf meine Verschwiegenheit verlassen können —“
In der Zwischenzeit hatte Polizeimeister Kalender aus seinem Revier im Rathaus endlich die Kriminalpolizei in der Kreisstadt erreicht.
„Das wäre alles“, sagte er in diesem Augenblick, nachdem er seinem Vorgesetzten Kollegen den geheimnisvollen Einbruch in der Haselnußstraße geschildert hatte.
„Ich muß hier noch schnell einem Brandstifter sein Geständnis aus der Nase kitzeln und dann hab’ ich noch zwei Autoknacker im Vorzimmer“, antwortete Kriminalkommissar Roland aus seinem Büro in einem alten Backsteingebäude. „Aber Sie wissen ja, daß ich immer wieder gern nach Bad Rittershude komme, und bei einem solchen Wetterchen macht es ja besonderen Spaß. Spätestens in einer Stunde zische ich mit meinem ganzen Drum und Dran zu Ihnen ab.“
Mit „Drum und Dran“ meinte Kommissar Roland seinen Assistenten, Kasimir Specht, und seine Kollegen von der Spurensicherung.
Am frühen Nachmittag war er in dem Haus in der Haselnußstraße dann schon mitten bei der Arbeit.
Das heißt, eigentlich arbeiteten nur seine mitgebrachten Leute.
Kriminalkommissar Roland saß währenddessen mit übereinandergeschlagenen Beinen in einem tiefen Sessel des Wohnraums und beobachtete interessiert, was rund um ihn herum passierte.
Er war etwa fünfzig Jahre alt, groß und sehr dünn. Sein Gesicht bestand eigentlich nur aus Nase, Kinn und einer Menge kleiner und größerer Falten. Trotzdem wirkte er jugendlich, frisch und ausgeruht. Bestimmt machte er jeden Morgen nach dem Aufstehen am offenen Fenster Gymnastik und konnte bei gestreckten Knien noch mühelos seine Zehen berühren. Seine Augen waren auffallend blau und lebhaft.
„Schon was gefunden?“ fragte Kommissar Roland nach einer Weile. Dabei zündete er sich eine kurze Corona an, eine Art Miniaturzigarre, von denen er einen unerschöpflichen Vorrat stets griffbereit zu haben schien und die zu ihm gehörte wie seine Brille oder seine überdurchschnittlich elegante Kleidung.
„Eins ist vorerst mal sicher“, antwortete Kriminalassistent Specht. „Kein einziger Fußabdruck. Der oder die Täter müssen Flügel gehabt haben.“
„Wäre mal was Neues“, gab Herr Roland zu.
Inzwischen hatten sich die Männer der Spurensicherung über das ganze Haus verteilt. Der eine machte von jeder Ecke Blitzlichtaufnahmen, ein anderer kroch auf allen vieren über den Boden und untersuchte mit einer Lupe jeden Zentimeter Parkett oder Teppich. Wieder andere pinselten mit einem schwärzlichen Pulver sämtliche Gegenstände ab, und sobald dabei irgendein Fingerabdruck sichtbar wurde, überzogen sie ihn mit durchsichtigen Folien, registrierten genau, wo sie ihn entdeckt hatten, und ließen ihn daraufhin in einer Cellophantüte verschwinden.
„Immer wieder imponierend“, staunte Polizeimeister Kalender, der, mit dem Rücken in der Sonne, wartend auf einer Fensterbank saß.
„Nichts als Routine“, erwiderte der elegante Kommissar Roland und paffte eine kleine weiße Rauchwolke in den Raum.
„Hoppla, jetzt wird’s spannend“, rief in diesem Augenblick Herr Specht und pfiff durch die Zähne. In komplettem Gegensatz zu seinem Chef schien er auf perfekte Kleidung nicht den geringsten Wert zu legen. Seine Jacke war zu eng, seine zu großen Hosen beulten an den Knien, und seine Schuhe hätten längst einmal geputzt werden müssen. Er war ein großer, kräftiger Bursche von etwa fünfundzwanzig Jahren mit einer Fistelstimme, die überhaupt nicht zu seiner athletischen Figur paßte. Im Augenblick stand er breitbeinig über den letzten Stufen einer Bockleiter und untersuchte, den Kopf ganz dicht an der Wand, ein Loch in der Tapete. „Sieht aus wie ein Einschuß“, murmelte er mehr für sich.
Kurz darauf hatte er mit einer Pinzette ein Stück Metall aus der Mauer herausgeholt.
Er kletterte vorsichtig von seiner Leiter herunter und überließ seinen Fund einem der Beamten von der Spurensicherung, der das Ding so sorgfältig behandelte, als sei es ein irrsinnig wertvoller Diamant.
„Ich kann
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