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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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die mitgebrachten Wurstbrote verzehren, die Beine ausstrecken, wie es einem behagte, und trotzdem war man im Theater.
    „Ja, es hat uns ausgezeichnet gefallen“, berichteten die Besucher, als sie wieder nach Hause kamen.
    Und eine gute Mundpropaganda ist bekanntlich mehr wert als ein Dutzend Zeitungsanzeigen.
    Der Theaterdirektor hatte als künstlerischer Leiter mit Schillers „Die Räuber“ den Anfang gemacht. Im nächsten Jahr ließ er eine sehr freie Bearbeitung von Hauffs „Lichtenstein“ folgen, und anschließend versündigte er sich noch an „Götz von Berlichingen“. Beide Dichter wären mit Herrn Friedebold wegen der Verstümmelung ihrer Werke wohl ganz schön Schlitten gefahren, wenn sie noch gelebt hätten. Aber so, wie die Dinge nun einmal lagen, gab es keinen Einspruch, und die Aufführungen brachten der Stadtkasse sehr erfreuliche und kaum erwartete Einnahmen. Wobei auch der Theaterdirektor mit seinen Schauspielern nicht leer ausging.
    Der Erfolg hatte den ehrgeizigen Herrn Friedebold ein wenig übermütig gemacht.
    In diesem Jahr stelle ich das Programm total auf den Kopf“, verkündete er vor dem Gemeinderat. „Ich habe ein Indianerschauspiel geschrieben. Sozusagen eine Mischung aus Karl May und Lederstrumpf. Es wird eine Sensation, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf.“
    Die Herren im Rathaussaal waren betroffen und zeigten bedenkliche Gesichter.
    Aber schließlich hatte sich der Theaterdirektor dann doch durchgesetzt.
    „Was sollen wir machen“, hatte der Erste Bürgermeister nachgegeben. „Sie sind der künstlerische Leiter und müssen es wissen.“
    Schon am nächsten Tag stürzte sich Herr Friedebold mit seinen Schauspielern in die ersten Proben. Vorerst noch auf der Bühne des Stadttheaters. Aber seit einer Woche traf man sich bereits im Freien, und heute am Samstag waren zum zweitenmal auch schon die Schüler des Prinz-Ludwig-Gymnasiums und der Maximilianschule vollzählig erschienen. Sie hatten sich gleich nach dem Unterricht mit der Straßenbahn oder auf ihren Fahrrädern zum Zobelberg auf den Weg gemacht.
    „Wir besitzen weder Pulver noch Blei für unsere Büchsen“, rief gerade ein hochgewachsener, älterer Schauspieler, der am Stadttheater üblicherweise das Fach der schweren klassischen Helden spielte. Vermutlich stellte er Old Shatterhand dar. „Womit sollen wir Widerstand leisten, roter Bruder?“
    Neben ihm stand hoch aufgerichtet und stumm ein ganz gutaussehender Kollege. Er hatte die Arme verschränkt, und sein Blick verlor sich in die Ferne. Eigentlich war er als jugendlicher Liebhaber engagiert.
    „Das soll bestimmt Winnetou sein“, flüsterte Karlchen Kubatz.
    „Dann muß er sich aber gelegentlich die Pomade aus seinen Schmalzlocken waschen“, grinste Emil Langhans.
    Die beiden Schauspieler trugen ihre Straßenanzüge, wobei es ein wenig komisch wirkte, daß der Häuptling der Apachen noch seine Fahrradklammern an den Hosenbeinen hatte.
    „Du vergißt, daß meine Krieger tapfer sind und viertausend an der Zahl“, rief er gerade und warf dabei seinen rechten Arm steil in die Luft. „Der Boden wird zittern unter dem Hufschlag unserer Rosse!“
    „Danke, besten Dank“, ließ sich in diesem Augenblick Theaterdirektor Friedebold vernehmen. „Ausgezeichnet, besser geht’s gar nicht!“ Er saß in einem Regiestuhl dicht vor der Bühne und hatte sem Textbuch auf den Knien. „Da inzwischen unsere Statisten eingetroffen sind, unterbrechen wir und beginnen wieder mit dem ersten Akt. Die Schauspieler haben vorerst Pause.“ Er drehte sich nach den Schülern um, die sich inzwischen erhoben hatten. „Schönen guten Tag, meine jungen Freunde“, begrüßte er sie. „Die Apachen bitte in ihre Ausgangsstellung hinter den Bankreihen und die Sioux auf die Bühne, wie wir es schon geprobt haben.“
    Bühnenarbeiter des Stadttheaters hatten inzwischen ein Stück Brett senkrecht in die Mitte gestellt und abgestützt. Es sollte einen Marterpfahl darstellen, bis die endgültigen Dekorationen in den Werkstätten fertiggestellt waren. Außerdem markierten sie mit Latten, die sie im Kreis in die Erde steckten und dann mit ihren Spitzen zusammenbanden, provisorische Wigwams.
    Die Maxen, das heißt die Schüler aus der Maximilianschule, setzten sich dicht bei dem angedeuteten Marterpfahl um die eingebildeten Lagerfeuer, und ein Teil von ihnen verkroch sich in die provisorischen Zelte.
    Das Prinz-Ludwig-Gymnasium hatte sich inzwischen hinter den letzten Bankreihen

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