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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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lassen.
    Mit der Verständigung ging es einigermaßen, wenn Emil Langhans in diesem Augenblick auch bedauerte, daß er im Englischunterricht nur so im letzten Drittel herumschwirrte. Jetzt hätte er gern Karlchen Kubatz mit seiner Eins als Dolmetscher ins Zimmer gezaubert.
    Wenn Tesu mit seinem Deutsch nicht weiterkam, kramte Emil sein Englisch zusammen. Das hörte sich dann etwa so an:
    „I am very happy, that you are gekommen. And you have a good Wetter mitgebracht .“
    „O yes, Sonne in Berlin und Sonne auf ganze Reise.“ Tesu knöpfte seinen schicken Mantel auf. „Ich Sonne lieben. Bei uns in South-Dakota haben every day —“
    „Do you not wish, to zieh out your Mantel ?“ fragte Emil höflich.
    „Thank you“, erwiderte Tesu und warf seinen teuren Trenchcoat lässig und wie ein schmutziges Handtuch über einen Stuhl.
    Die beiden blickten sich an.
    „Was jetzt?“ überlegte Emil fieberhaft. „Wenn wir doch ein Aquarium in der Wohnung hätten, dann könnte ich ihm jetzt wenigstens Goldfische zeigen.“
    Emil war regelrecht nervös.
    Bestimmt langweilte sich der Indianerjunge schon so, daß ihm allmählich die Füße einschliefen.
    „Wieso spaziere ich nicht einfach auf ihn zu“, schoß es Emil durch den Kopf, „schlag’ ihm die Hand auf die Schulter und sag’ einfach: „Prima, daß du da bist.“
    Irgend etwas mußte passieren.
    Und es passierte zum Glück auch etwas.
    Mutter Langhans kam nämlich mit dem Kakao und einer ganzen Platte Streuselkuchen.
    „Na, habt ihr euch schon angefreundet?“ fragte sie vergnügt.
    „Wir sind dabei“, antwortete Emil ein wenig zaghaft, und dann zeigte er mit dem ausgestreckten Arm auf einen Stuhl: „Please, take a seat.“
    „Ach, dummes Zeug, red’, wie dir der Schnabel gewachsen ist“, bemerkte Mutter Langhans. „Der junge Mann will hier Deutsch lernen, so wie dein Bruder Eberhard in Chicago Englisch lernen will.“ Dabei hatte sie Kakao, Kuchen und Tassen von ihrem Tablett auf den Tisch gestellt. Schließlich rückte sie für Tesu einen Stuhl zurecht. „So, und jetzt laß es dir erst mal schmecken bei uns. Was mich betrifft, so verziehe ich mich in die Küche, damit ihr eure Ruhe habt.“ An der Tür drehte sie sich noch einmal um: „Du kannst ihm ja nachher dein Zimmer und deine Sachen zeigen“, schlug sie ihrem Sohn noch vor.
    Emil war seiner Mutter in diesem Augenblick aufrichtig dankbar. Sie hatte im Handumdrehen die bedrückende Stimmung weggewischt. Er fühlte sich wieder wohl in seiner Haut und hatte keine Komplexe mehr. Er gab es jetzt auch auf, sein kümmerliches Englisch an den Mann zu bringen. Wenn der andere ihn durchaus nicht verstand, würde er ihn schon fragen.
    „Uff!“ zischte Tesu erstaunt, als ihn Emil später in seine Bude führte. Das Zimmer hatte ursprünglich seinem Bruder gehört. Aber jetzt durfte es Emil bewohnen. Es bringt eben auch Vorteile, wenn ältere Brüder bis über den Ozean hinweg aus dem Haus flattern.
    Als Emil Langhans dieses „Uff!“ gehört hatte, fing er zum erstenmal an, zu glauben, daß Tesu tatsächlich ein Indianer sei.
    Im übrigen war der Sohn des Apachenhäuptlings Kuguah mit Recht verwundert.
    Überall an den Wänden von Emils Bude hingen Fotos und Zeichnungen, die zum Teil aus Illustrierten ausgeschnitten waren und allesamt irgendwelche Indianermotive zeigten.
    Aber das war nur der Anfang. Der lange Junge mit der Hornbrille plünderte sein Bücherregal und legte ein Indianerbuch nach dem anderen nebeneinander auf die niedrige Couch. Es sah aus wie im Schaufenster einer Buchhandlung. Der „Lederstrumpf“ lag neben dem „Untergang der Inkas“, dem „Rächer der Komantschen“ und zwischen den unvermeidlichen Winnetou-Bänden von Karl May. Alle Umschläge zeigten äußerst phantasievolle Darstellungen von Rothäuten, die über die Prärie galoppierten, von Häuptlingen, die mit wehendem Kopfschmuck hoch zu Pferd thronten oder gebückt über den Kriegspfad schlichen. Natürlich den Tomahawk zwischen den Zähnen.
    An der Wand hingen neben einem Paar Boxhandschuhen Pfeil und Bogen, auf dem kleinen Schreibtisch lag zwischen lauter Schulheften ein regelrechter Tomahawk, und im Kleiderschrank hing neben dem Sonntagsanzug ein wirklich wunderschöner Kopfschmuck über einem Kleiderbügel. Und als Emil Langhans jetzt auch noch die Tür zum Balkon aufmachte, stand dort ein komplettes Indianerzelt mit aufgemalten Mammuts, Bisons und irgendwelchen geheimnisvollen Zauberzeichen.
    „Uff“, sagte Tesu

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