Der Sohn des Sehers 01 - Nomade
Abeq. Offenbar hatte er das Gefühl, die Lage jetzt wieder im Griff zu haben.
»Wir werden ihn suchen, finden und fragen, wie es dazu kam, dass Malk Numur seine Hand für ihn ins Feuer legte, Mahas, dessen sei versichert«, entgegnete Curru. »Und ich nehme an, dass alle Hakul des Staublandes seiner Antwort sehr aufmerksam lauschen werden. Jedoch wüssten wir gerne, was der Fremde euch dafür gegeben hat.«
Mahas’ verbliebenes Auge funkelte böse. »Nichts hat er uns gegeben, und nichts hat er von uns bekommen. Du bist ein Seher? Nun, Seher, ich prophezeie dir, dass auch ihr nun mit leeren Händen fortgehen werdet. Und lass dir nicht einfallen, uns wieder mit dem Zorn aller Hakul zu drohen, denn ich bin nicht Immit Schaduk. Ich kenne Heredhan Horket, und ich weiß, dass er den Klang von Eisen und Silber weit mehr schätzt als den Lärm der Kriegshörner!«
Plötzlich meldete sich auch Malk Numur wieder zu Wort: »Habt ihr nicht gehört, Hakul? Ihr sollt verschwinden! Geht, bevor unsere Krieger die Geduld mit euch verlieren! Seid ihr in einer Stunde noch hier, so werdet ihr sterben, darauf habt ihr mein Wort!«
Abeq Mahas warf dem Malk einen bösen Blick zu, aber der bemerkte oder verstand ihn nicht. Numur gab seinem Wagenlenker ein Zeichen. Dieser wendete den Streitwagen geschickt auf der Stelle und lenkte ihn zurück in die Stadt. Mahas zögerte einen Augenblick. Er schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann schüttelte er nur unmerklich den Kopf und folgte dem neuen Herrn der Stadt. Die Akkesch-Krieger starrten die Hakul feindselig an, bis sich die gewaltigen Torflügel geschlossen hatten.
»Dieser Mahas ist ein gefährlicher Mann«, meinte Mewe, als sie sich vom Tor zurückzogen.
»Und dieser Numur ist ein Dummkopf, den Hütern sei Dank«, antwortete Harbod.
»Wie meinst du das, Meister Harbod?«, fragte einer der Jungkrieger des Fuchs-Klans.
»Er hat uns sein Wort gegeben, dass sie uns nicht angreifen, wenn wir uns jetzt zurückziehen. Dieser Priester hat gekocht vor Wut, als er das hörte.«
Tuwin und seine Helfer hatten die Tragen fertig gestellt. Sie waren einfachster Bauart: Ein Umhang, mit Seilen verstärkt, der zwischen langen Äste gespannt war. Diese waren am Sattel eines Pferdes befestigt, das dieses Gestell hinter sich herziehen würde. Ein einzelnes, tiefes Ächzen entrang sich der Brust des Yamans, als er die beiden schwarz verhüllten Körper auf diesen Gestellen sah, mehr nicht. Die Männer waren verunsichert. Eile war geboten, doch Aryak schien nicht fortzuwollen, und seine versteinerte Miene hinderte die Männer daran, ihn einfach anzusprechen. Es war schließlich Harbod, der es wagte. Er lenkte sein Pferd an die Seite des Yamans und sagte: »Ehrwürdiger Yaman, ich verstehe deinen Schmerz, doch müssen wir zu einer Entscheidung kommen.«
Aryak betrachtete ihn, als sähe er ihn zum ersten Mal.
Harbod drängte weiter: »Wir können hier nicht bleiben. Wenn du deine Söhne nach Hause bringen willst, sollten wir jetzt aufbrechen. Oder willst du deinen Sohn Eri auch noch verlieren?«
»Eri?«, fragte der Yaman, so als wisse er gar nicht, wer das sei.
»Wir brauchen deine Führung, Yaman Aryak«, drängte Harbod weiter.
Aryak schüttelte langsam den Kopf, als versuche er, einen Albdruck loszuwerden. Er blickte auf, und Awin sah, dass ihm Tränen in den Augen standen. Er sagte: »Wir haben unsere Aufgabe nicht erfüllt.«
Harbod wusste offenbar nicht, was der Yaman meinte.
»Unser Feind ist fort, alter Freund«, sprang ihm Curru bei, »und auch wir sollten hier nicht bleiben.«
»Und der Heolin?«, fragte der Yaman bitter. »Wir müssen den Heolin zurückbringen, habt ihr das vergessen? Ebu und Ech sind dafür gestorben.«
Awin sah in das versteinerte Gesicht des Klanoberhauptes. Es ergab keinen Sinn, was der Yaman sagte. Wenn der Heolin hier war, dann würden ihn die Akkesch nicht herausgeben. Das Einzige, das sie hier noch zu erwarten hatten, war ihr Tod. War es etwa Todessehnsucht, die aus Aryak sprach? »Er ist nicht mehr hier«, hörte sich Awin zu seinem eigenen Erstaunen sagen.
»Der Heolin? Wie kommst du darauf?«, fragte Harbod mit einem Stirnrunzeln. »Glaubst du etwa, dieser Numur hätte dem Fremden wirklich aus reiner Güte geholfen?«
»Das nicht, Meister Harbod, aber ich habe diesem Priester ins Gesicht gesehen. Er ist ein Meister der Täuschung, aber als er sagte, dass sie nichts von dem Fremden bekommen hätten, war keine Lüge in seinen Worten, nicht wahr,
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