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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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auf.
    Der Yaman antwortete: »Ich weiß, du meinst es nur gut, mein Junge, doch wir opfern keine Knaben für unsere Fehler.«
    »Er reitet mit den Yamanoi«, widersprach Awin.
    Alle Blicke wandten sich plötzlich Eri zu. Der erhob sich, zog sich unwillkürlich zwei Schritte zurück und stammelte dann: »Es war doch nicht mein Fehler. Ich konnte doch nicht ahnen … Es war nicht meine Schuld!«
    »Ich werde meinen Sohn nicht opfern, und keiner von euch kann dieses Opfer von mir verlangen«, erklärte der Yaman bestimmt.
    »Vielleicht ist er ja bereit, dieses Opfer selbst zu bringen«, sagte Mewe langsam.
    »Ich verbiete es!«, rief der Yaman laut.
    »Wir könnten doch sagen, dass es Awin war«, rief Eri jetzt. »Der Heredhan weiß doch nicht, wer dein Sohn ist, Baba, und Awin gehört doch noch nicht einmal richtig zum Klan.«
    »Es ist besser, du schweigst, mein Sohn, bevor du dich weiter entehrst!«, herrschte Aryak ihn an. »Wir sind Hakul - wir stehen zu unseren Taten und wälzen sie nicht auf Unschuldige ab.«
    Die Männer starrten betreten zu Boden. Awin konnte ihnen ansehen, dass sie jetzt weit eher dazu bereit wären, Eri zu opfern, als noch vor wenigen Augenblicken. Aber niemand sprach es aus.
    »Hört ihr das?«, fragte der Jäger plötzlich.
    Die Männer lauschten. Im Wind war ein Geräusch, ein fernes Donnern, und jetzt spürte Awin, dass der Boden unter dem Tritt vieler Hufe erzitterte - die Akkesch! Dann konnte er sie sehen. Zuerst waren es nur ungewisse Schemen im Staub, dann dunkle Umrisse, und schließlich zeigten sich Pferde, Wagen, Krieger
und Waffen. Ihre Feinde hatten sie eingeholt. Aryaks Sger saß in Windeseile auf.
    »Schlachtreihe!«, brüllte Aryak. »Aber dass mir keiner von euch den Kampf eröffnet! Überlasst ihnen den ersten Schritt!«
    Awin verstand, was er vorhatte. Sollten die Akkesch den Kampf ohne Vorwarnung beginnen, wäre der Heredhan fast gezwungen, auf Seiten seiner Stammesbrüder einzugreifen. Die Streitwagen hielten, jemand brüllte einen Befehl, und nun begannen auch die Wagen über die Ebene auszuschwärmen. Awin zählte sie - es waren sicher drei Dutzend, wie Mewe gesagt hatte. Zumeist waren es Zweispänner, leichte Wagen, mit zwei oder drei Kriegern besetzt, aber in der Mitte fanden sich auch einige schwere Wagen, die von vier Pferden Schulter an Schulter gezogen wurden und mit fünf oder gar sechs Männern besetzt waren. Awin sah Bogenschützen, aber auch Krieger mit langen Speeren und Schilden. Sie hielten ihre Wagen an und warteten.
    »Warum greifen sie nicht an?«, fragte Tauru aufgeregt.
    »Sie sind leider nicht so dumm, wie wir gehofft hatten«, antwortete Harbod.
    Der Yaman ritt ihre kurze Reihe ab. Vor Awin hielt er seinen Rappen an. »Awin, mein Junge, für dich habe ich einen besonderen Auftrag.«
    »Ja, ehrwürdiger Yaman?«
    »Wenn der Kampf beginnt, ziehst du dich dort zu den Felsen zurück. Ich will, dass du das hier überlebst, denn ich glaube, dass du der Einzige bist, der den Heolin zurückbringen kann.«
    »Aber, ehrwürdiger Yaman …«, begann Awin.
    »Kein Wort mehr!«, unterbrach ihn Aryak. »Ich weiß, dass du tapfer bist. Du musst es mir nicht mit einem sinnlosen Tod beweisen. Heute werden genug von uns sterben, glaube mir. Du wirst die Kariwa dort irgendwo finden. Vielleicht kann sie dir
wirklich helfen, wie es die Alte sagte, vielleicht sogar mehr, als es einer von uns vermag.«
    Awin sah hinüber zu den steilen Felsen. Es war zu viel Staub in der Luft, um zu erkennen, ob Merege wirklich dort irgendwo wartete.
    »Wirst du gehorchen, Awin?«, fragte der Yaman.
    Awin nickte stumm, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte, seine Sgerbrüder im Stich zu lassen. Der Yaman ritt weiter und musterte seine Männer. Er sprach kein Wort mehr, nickte jedem Einzelnen nur ernst zu und kehrte schließlich wieder auf seinen Platz in der Mitte der Yamanoi zurück.
    »Er hat Recht, junger Seher, mit deinem Tod ist keinem gedient«, sagte Harbod halblaut.
    »Aber ich kann euch doch nicht in höchster Not verlassen!«
    »Du musst, Awin«, meinte Tauru ruhig.
    Awin schluckte, er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Einer der Streitwagen setzte sich in Bewegung. Ein rotes Banner flatterte im Wind. Es war einer der großen Vierspänner, aber er hielt nicht auf ihre Schlachtreihe zu, sondern schien sie umgehen zu wollen.
    »Was hat er vor?«, fragte Tauru.
    »Sie wollen mit Horket reden«, meinte Harbod.
    »Woher wissen die Akkesch, dass …«, begann Awin eine Frage,

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