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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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später saßen sie an der Wasserstelle, entzündeten ein Feuer, und der Bogner zog befriedigt einem stattlichen Gazellenbock das Fell ab. Sie alle freuten sich auf eine Abwechslung nach den Tagen, an denen es nur Trockenfleisch und wieder Trockenfleisch gegeben hatte. Einige brüchige Felsen schützten sie vor fremden Blicken, aber der Schein eines Feuers würde weithin in die Nacht leuchten, weshalb Awin darauf drängte, dass sie es so früh wie möglich herunterbrennen ließen. Seitdem sie im Lager gewesen waren, hatte ihn das beunruhigende Gefühl, dass sie beobachtet wurden, nicht mehr verlassen. Sie stellten doppelte Wachen, aber die Nacht war ruhig und klar, und es gab keinerlei Anzeichen von Gefahr. Sie brachen noch vor Sonnenaufgang wieder auf. Limdin und Dare ritten wieder vorneweg, doch Awin verfügte, dass sie in Rufweite bleiben sollten. Allmählich veränderte sich die Wüste. Die Hügelkämme wurden zahlreicher, länger und schroffer. Immer wieder zwangen sie steile Hänge zu zeitraubenden Umwegen, und die gehobene Stimmung des vergangenen Abends verflog bald in
der rasch zunehmenden Hitze. Gegen Mittag hörten sie von ihren Spähern plötzlich einen warnenden Pfiff. Sie machten sich kampfbereit, während sie eilig zu den beiden Kundschaftern aufschlossen. Limdin zeigte nach vorn. Awin beschattete die Augen. Auf einem der Hügelkämme bewegte sich etwas. Es war ohne Zweifel ein Reiter.
    »Ist es nur einer?«, fragte er Limdin, der die schärfsten Augen im Sger hatte.
    Der Jungkrieger nickte. »Ich sehe keinen zweiten.«
    Awin biss sich auf die Lippen. »Sein Mantel?«, fragte er.
    Limdin starrte lange hinüber, bevor er antwortete: »Grau.«
    »Es ist vielleicht einer der Plünderer, die vor uns in diesem Lager waren. Wir sollten ihn fangen, befragen und töten, Yaman«, riet Harmin.
    Aber Awin schüttelte den Kopf. »Es ist nicht gesagt, dass es so ist. Wir wollen keinen Streit mit diesem Reiter beginnen«, beschied er den Schmied.
    »Noch ist es nur einer. Aber wenn er mit seinen Klanbrüdern wiederkommt?«, hielt Harmin dem entgegen.
    »Auch mit diesen will ich keinen Streit beginnen.«
    »Bleibt die Frage, ob es darauf ankommt, was du willst, Yaman Awin«, brummte der Schmied.
    Der Reiter verschwand hinter dem Hügel.
    »Ich glaube, er wollte, dass wir ihn sehen«, meinte Tuge.
    Auch Awin hielt das für wahrscheinlich.
    Gegen Mittag entdeckte Wela den einzelnen Reiter wieder. Er war jetzt hinter ihnen. Er schien auf Abstand zu achten, aber er blieb in Sichtweite.
    »Soll ich den Heolin verhüllen?«, fragte die Schmiedin.
    Der Lichtstein hatte viel Kraft gewonnen, seit sie aufgebrochen waren. Der Funke, der in seinem Inneren glomm, war wesentlich heller geworden, und manchmal schien er sich im
Stein zu bewegen. Aus der Ferne mochte man ihn trotzdem für ein Stück Bronze halten, auf dem sich die Sonne spiegelte.
    »Erst wenn der Fremde näher kommt, Wela. Der Stein soll so viel Stärke sammeln wie möglich«, meinte Awin.
    Doch der Reiter kam nicht näher. Manchmal entschwand er ihren Blicken, aber er tauchte immer wieder auf. Awins Sger folgte weiter der Spur Slahans. Kurz nach der Mittagsstunde stießen sie auf eine Gruppe von drei Leichen, Opfer Slahans, ausgedörrt, und noch zusätzlich entstellt durch einige Geier, die träge aufflogen, als sie sich näherten.
    »Das hier war noch fast ein Kind«, stellte Wela betroffen fest, als sie an den Körpern vorüberritten.
    Niemand antwortete. Sie hatten das vielleicht schon zu oft gesehen. Es waren ein Mann, eine Frau und ein Knabe. Awin hatte nur einen Blick auf die Kleidung geworfen. Der Mann trug einen grauen, jetzt völlig zerfetzten Mantel. Ob sie eine Familie gewesen waren? Oder wählte Slahan ihre Opfer willkürlich aus, und nur der Tod am selben Ort verband diese drei miteinander? Danach ritten sie eine Weile im schnellen Trab. Wieder zeigte sich der Fremde auf einem der Hügel. Die Reiter in Awins Sger wurden allmählich unruhig.
    »Wieso kommt er nicht näher und sagt, was er will?«, fragte Tuge.
    »Ich bin sicher, es ist einer der Plünderer. Er weiß, wie weit unsere Bogen reichen«, brummte Harmin.
    Immer wieder tauchte der Reiter an unvermuteter Stelle auf. Bald war es schlimmer, ihn nicht zu sehen, als sich von ihm beobachtet zu fühlen. Awin blickte oft über seine Schulter zurück, und nie erschien ihr Begleiter da, wo er ihn erwartete. Manchmal war er hinter ihnen, dann ritt er wieder auf gleicher Höhe.
    »Es sind zwei«, stellte

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