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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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mir nicht vorstellen, dass ihr mich, ein Weib, dabei braucht, Curru«, gab Wela spitz zurück.
    »Natürlich nicht, Mädchen, doch werden wir Awin benötigen, denn wenigstens vier Männer müssen den Schild heben. Und vorher muss der neue Yaman gesalbt werden, und wir müssen die heiligen Riten vorbereiten und durchführen.«
    »Und das wolltest du mir überlassen, Curru?«, fragte Awin ruhig.
    Der Alte starrte ihn finster an. »Du hast recht. Lauft nur zu Harmin und hängt euch an seine Rockzipfel. Ich war ein Narr,
dass ich dachte, ihr könntet eine Hilfe sein. Es ist wirklich besser, wenn ich das allein übernehme.«
    »Dann sind wir wohl beide in dieser Nacht beschäftigt, Curru«, rief Wela wütend. »Ich mache einen Dolch, du einen Yaman. Wir werden bald sehen, welches Werk besser gelingt.«
    Als der alte Seher missmutig davonstapfte, lachte Harmin leise, doch Awin fragte vorsichtig: »Aber Wela, ein Blutdolch, hörte ich, braucht viele Tage, bis er geschmiedet ist.«
    »So ist es auch, Awin Sehersohn, jedoch hat mein Vater mir einige Rohlinge hinterlassen, die in ihren Scheiden schon von ihrem zukünftigen Besitzer träumen.«
    »Gut, vielleicht kannst du sie schon vorbereiten, denn ich muss mit Merege reden.«
    »Der Zauberin?«, fragte Harmin. »Ich sah, wie sie auf den See hinausging. Vielleicht ist sie noch dort. Ich werde nun Amboss und Esse vorbereiten und das Feuer entfachen. Ich erwarte euch in meinem Zelt. Wer weiß, vielleicht wird heute Nacht noch mehr geschmiedet als nur ein Dolch.«
     
    Als Awin zum See ging, fragte er sich, was Harmin mit seiner letzten Bemerkung gemeint hatte. Der alte Schmied wirkte verändert. Awin erinnerte sich gut daran, wie er damals am Rotwasser alles getan hatte, um Auryd, seinem Yaman, Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Und es war offensichtlich, dass die Abneigung, die er damals gegen Curru gefasst hatte, noch stärker geworden war. Aber er bot Wela seine Hilfe an. Warum? Ob er noch daran dachte, die beiden Klans zu vereinigen? Awin konnte sich kaum vorstellen, dass Eri da mitmachen würde - es sei denn, der Fuchs-Klan würde sich ihm unterstellen, und das war nun wieder von Harmin nicht zu erwarten. Außerdem konnte der Schmied das gar nicht entscheiden. Das war Yaman Auryds Sache. Tuge hatte schon erzählt, dass
Auryd im Süden war, auf der Jagd nach dem Räuber des Heolins. Awin fragte sich, ob er Erfolg haben würde. Ausgerechnet Harmin, seinem schärfsten Gegner, hatte Auryd die Führung seines Klans überlassen. Das war seltsam, und Awin beschloss, der Sache später auf den Grund zu gehen. Er hatte den See erreicht. Eine schwarze Gestalt stand weit draußen auf dem Eis. Awin ging vorsichtig hinaus. Es war seit Tagen bitterkalt, aber er traute der Sache trotzdem nicht. Ein leises Knacken unter seinen Füßen verstärkte seine Zweifel. »Merege«, rief er schließlich.
    Die Kariwa wandte sich ihm zu. »Du warst erfolgreich?«, fragte sie leise.
    »Dank dir«, antwortete Awin, nachdem er sich vergewissert hatte, dass es keine unwillkommenen Zuhörer gab.
    Merege nickte, dann kam sie ihm ein Stück entgegen. »Deine Leute streiten gern, wie mir scheint, und das war ein Segen, sonst hätten sie mich sicher gehört.«
    Awin dachte an den Akkesch, dem Merege das Leben hatte nehmen müssen, um sie innerhalb eines Wimpernschlags in die Berge zu versetzen. »Die Lichter, der Yaman, wie hast du … ich meine, hast du jemanden …?« Der Satz verebbte.
    Merege sprach noch leiser als sonst. »Die Lichter waren einfach, keine schwierige Sache. Der Yaman, das war etwas anderes, und die Bewohner eines bestimmten Zeltes werden sich fragen, woran ihre Ziege verendet sein mag. Brediak war weit entfernt, und es waren viele andere Leben zwischen ihm und mir. Es war schwierig, ihm, und nur ihm, die Luft zu nehmen. Ich hoffe, du hast nicht erwartet, dass ich ihn töte?«
    »Aber nein, um Kalmons willen, er sollte doch nicht sterben!«
    »Er hat nach dem Lichtstein gegriffen, Awin. Hätte er ihn dir wirklich weggenommen, hätte er die Nacht nicht überlebt.«
In ihrer Stimme schwang schneidende Entschlossenheit mit, doch plötzlich taumelte sie zur Seite.
    Awin sprang nach vorn, aber da hatte sie sich schon wieder gefangen. »Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt.
    »Es ist nicht gut, fremde Kraft zu borgen, wenn ich sie nicht wieder abgebe, und das konnte ich bei all den Anwesenden schlecht tun. Es war viel Leben in diesem unschuldigen Tier, und es hat wie alle Lebewesen darum

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