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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hätte Schwierigkeiten gehabt, so weit zu schießen oder gar zu treffen. Die Hakul rätselten lange darüber, woher die Akradhai von ihrem Kommen wussten, denn sie kamen schnell voran, schneller als jeder Reiter, der nicht gerade sein Tier zu Tode hetzen wollte. Schließlich hatte Awin einen Verdacht, und er ging zu Isparra, um ihn sich bestätigen zu lassen.
    »Ehrwürdige Isparra, kannst du hören, was die Männer dort am Ufer sagen?«, fragte er sie.
    Sie nickte leichthin.
    »Dann weißt du auch, warum sie uns angreifen?«
    »Ihr seid Hakul«, lautete die Antwort.
    »Aber woher wissen sie, dass wir kommen?«, fragte Awin hartnäckig nach.
    »Die im Dorf, die hat Suog gewarnt«, antworte Isparra.
    Es war die Antwort, die Awin erwartet hatte. »Du kennst diesen Geist?«, fragte er.

    Isparra ließ den Blick ins Weite schweifen. »Er ist mir nicht begegnet.«
    Auch mit dieser Antwort hatte Awin insgeheim gerechnet. Er hatte längst einen Verdacht, was diesen Suog betraf, doch er würde auf eine Reise des Geistes gehen müssen, um endgültig Klarheit zu bekommen.
    Das Verhalten der Akradhai fand er rätselhaft. Sie machten keinen ernsthaften Versuch, sie anzugreifen. Weder versperrten sie ihnen mit Booten den Weg, noch versuchten sie, auf irgendeine andere Art einen Kampf zu erzwingen. Das Floß fuhr den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch. Immer wieder tauchten zwar bewaffnete Männer am Ufer auf, aber sie gafften sie meist nur an oder stießen leere Drohungen aus, als sie erkennen mussten, dass sie das Floß mit ihren Waffen nicht erreichen konnten.
    »Der Wind trägt die Gerüchte übers Land. Er hat ihnen erzählt, dass Hakul den Fluss hinabkommen«, meinte Isparra, als Awin sie fragte. »Er hat ihnen aber wohl nicht gesagt, was sie dagegen tun können«, fügte sie mit beißendem Spott hinzu.
    Awin war das nur recht. Er konnte keine Kämpfe mit diesen schlecht bewaffneten Bauern gebrauchen. Der dritte Tag der Fahrt begann mit leichtem Regen, und die Hakul verkrochen sich unter das schützende Schilfdach des Verschlags. Sie hatten inzwischen die Annehmlichkeiten des Floßes schätzen gelernt.
    »Ich sage dir, Awin, noch nie hat ein Sger in so kurzer Zeit eine so weite Strecke zurückgelegt«, meinte Yaman Jeswin, während sie ruhig dahinglitten.
    Awin lächelte. Es war das eingetreten, worauf er gehofft hatte. Aber noch hielt er seinen Plan, das Eismeer in Booten zu überqueren, zurück. Offensichtlich hatte Merege aber dieselbe
Idee, denn sie kam später zu ihm und sagte: »Vielleicht sollten wir die Boote in Karno zu unserem Vorteil nutzen, Awin.«
    Leider hatten einige Hakul sie gehört. Und als sie ihr Vorhaben erklärte, rief Jeswin entsetzt: »Das wilde Meer überqueren? Niemals!«
    Awin seufzte. »Ich gebe zu, mir kam derselbe Gedanke, denn du siehst, Yaman, wie schnell wir vorankommen. Mit einem Boot, das anders als das beste Ross niemals müde wird, könnten wir vor Eri im Schneeland sein.«
    »Oder auf dem Grund des Eismeeres. Hast du nicht gehört, wie gefährlich es ist?«, rief Jeswin.
    »Ich nehme nicht an, dass du dich fürchtest, oder?«, fragte Awin.
    »Du hast leicht reden, der du schon auf einer Seeschlange geritten bist, Awin von den Dornen. Aber wir einfachen Hakul, die wir die weite Steppe und nicht die See unsere Heimat nennen, wir scheuen das offene Wasser. Du siehst, dass wir selbst auf diesem großen Floß nicht sicher sind. Wie soll es da erst auf einem kleinen Fischerboot sein? Du hast sie doch gesehen. Zerbrechliche Gefährte aus Schilf sind es.«
    »Das waren die Boote der Fischer auf dem Fluss, Yaman«, warf Merege ein. »Die Fischer am Meer verwenden weit größere, die man beinahe Schiffe nennen kann.«
    »Und dennoch sagt Praane, dass schon viele von denen gesunken sind. Ich sage, ein Hakul sollte auf seinem Pferd sitzen, und nicht in so einer hölzernen Nussschale«, meinte Jeswin.
    »Ich schlage vor, wir sehen sie uns einfach an, wenn wir dort sind«, warf Awin ein, »dann werden wir herausfinden, ob wir ihnen unser Leben anvertrauen wollen. Ich kann jedoch sagen, dass sie schon sehr schlecht sein müssten, damit ich nicht eines besteige, um ins Schneeland zu gelangen.«

    In der Nacht kam wieder ein Traum zu Awin. Er sah eine Kerze, die in einem seltsamen Raum stand. Er war groß und hoch, aber er hatte kein Dach. Dann rollte plötzlich ein verbeulter Bronzekrug über gepflasterten Boden und nässte ihn mit einer dunklen Flüssigkeit. Awin blickte auf und sah, dass der

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