Der Sohn des Sehers 03 - Renegat
deinetwegen,
Yaman Awin. Er brachte eine Botschaft für die Prawani und die Viramatai.«
»Die Fürstrichterin?«, fragte Awin, der immer noch Mühe hatte, zu folgen.
»Du sagst es. Er bietet den Männertöterinnen Frieden.«
»Augenblick. Eri? Frieden mit den Sonnentöchtern? Das ist ein Scherz.«
Tuge schüttelte ernst den Kopf. »Er bietet Frieden für drei Jahre, und die Hakul und ihre Herden werden die Ebene von Pursu für ebendiese Zeit meiden.«
Awin wartete auf den Haken, den dieses Angebot haben musste. Als Tuge schwieg, fragte er: »Und was verlangt er dafür?«
»Nicht viel von den Männertöterinnen. Allerdings betont der Bote, dass sich in diesen drei Jahren kein Hakul hier aufhalten dürfe.«
Awin begriff endlich. »Er will, dass wir aus der Festung gewiesen werden?«
Tuge nickte. »Die Fürstrichterin hat das natürlich verstanden und abgelehnt. Sie meinte, kein Angebot, das Eri machen könne, würde sie dazu bewegen, ein einmal gewährtes Gastrecht zu widerrufen.«
»Und der Bote?«
»Hat ihr sieben Tage Zeit gegeben, es sich zu überlegen. Er lagert mit seinem Sger in einem der Wälder dort draußen. Aber ich hoffe, da kann er warten, bis er schwarz wird.«
Während er weiter Brot und Käse in sich hineinstopfte, dachte Awin nach. Auch er konnte sich nicht vorstellen, dass die Viramatai sich auf dieses unehrenhafte Angebot einließen, aber er fragte sich, was Eri damit bezweckte. Frieden auf drei Jahre? Warum diese Begrenzung? Und warum dieses Angebot jetzt, wo er doch angeblich alle wichtigen Stämme der Hakul
unter sich vereinigt hatte? War das eine Lüge? Das konnte Awin nicht glauben. Und ein Friedensvertrag, nur um Awin aus der Festung zu treiben? So wichtig war er nun auch wieder nicht - nicht, seit Eri den Heolin geraubt hatte. »Hast du eine Ahnung, was Eri vorhat?«, fragte er den Bogner.
»Nein, ich verstehe es auch nicht. Ich würde einsehen, dass er Frieden will, wenn Streit zwischen unseren Stämmen wäre, aber es ist doch das Gegenteil der Fall. Noch nie waren die Hakul so einig wie heute, nach allem, was wir aus dem Staubland hören. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein.«
Ein Händler war vor einigen Tagen in der Festung gewesen. Er hatte Bernstein und Häute von den Akradhai gebracht, und jede Menge Neuigkeiten von den Hakul. Angeblich herrschte Friede zwischen den Stämmen, und das war, wie Tuge es sagte, zu schön, um wahr zu sein. Awin fasste einen schnellen Entschluss: »Sag der Fürstrichterin meinen Dank für ihre Antwort. Aber ich denke, du solltest unseren Aufbruch vorbereiten. Ich will diesem Frieden nicht im Wege stehen.«
»Hast du auch schon eine Vorstellung, wohin wir uns wenden sollen, wenn wir von hier fortmüssen, ehrwürdiger Yaman?«, fragte Tuge ungehalten. »Auf den Weiden der Hakul werden wir nicht besonders willkommen sein.«
»Die Welt ist groß, Tuge, sehr groß sogar. Wir werden schon einen guten Platz für unseren Klan finden.«
»Ich denke, du solltest nichts überstürzen, Yaman. Eris Angebot enthält Gift, da bin ich sicher.«
Kurz darauf kam eine Kriegerin der Viramatai zu Awin. Sie bat ihn und Merege zu einer Besprechung in die Große Kammer der Festung.
Als Awin aufgefordert wurde, Bericht zu erstatten, hatte er sofort das Gesicht des Seelenverwesers vor Augen, wie er ihm
einschärfte, dass er niemandem verraten durfte, was er gesehen und erlebt hatte. »Viel darf ich euch nicht erzählen«, begann er, »denn mir wurde Schweigen auferlegt. Ich wanderte durch ein fremdes Land, und vier Tage brauchte ich, bis ich Merege dort fand, an der Schwelle des Totenreiches der Kariwa. Doch das wisst ihr ja bereits.«
Das Licht des Abends sickerte durch die schmalen Fenster der Großen Kammer. Eine der Wachen begann, die Öllampen zu entzünden. Prawani Kalya saß angespannt auf ihrem schwarzen Stuhl am Ende der Kammer und trommelte ungehalten mit den Fingern auf der Lehne.
»Dein Bericht ist kurz, Awin von den Hakul. Schweigen auferlegt? Von wem? Und weshalb? Und was hast du dort gesehen?«
An ihrer Seite stand Brami Vareda, die junge Priesterin, die sich gedankenverloren mit der Hand über den kahl rasierten Schädel fuhr. »Und die Insel der Seeligen hast du nicht gesehen?«, fragte sie.
Awin schüttelte den Kopf. »Ich habe dort auch nichts entdeckt, was wie Marekets Weiden aussah, oder meinetwegen wie der dunkle Wald der Ussar. Das kann ich euch verraten.«
»Und die Kariwa?« Die Prawani hatte nicht viel Aufhebens gemacht um die
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