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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Awin. Deshalb glauben wir, den Plan hinter diesem Frieden zu erkennen. Wir wissen jedoch nicht, gegen wen sie sich wenden werden. Die Akradhai oder die Budinier?« Sie starrte für einen Augenblick ins Leere, dann schlug sie mit der Hand auf die Stuhllehne: »Sei es, wie es sei. Ich werde sein Angebot im Namen Paeni Gnamas, der Ersten Sonnentochter, annehmen. Drei Jahre werden uns genug Zeit geben, uns auf einen Krieg mit den Hakul vorzubereiten, wenn dieser sogenannte Tiudhan dann noch die Kraft haben sollte, ihn zu führen.«

    Awin runzelte die Stirn. »Verzeih, ehrwürdige Prawani, aber bist du sicher …?«
    Kalya unterbrach ihn barsch: »Ich kenne die Gedanken der Ersten Sonnentochter und weiß mich in dieser Frage mit ihr einig. Die Sache ist entschieden.«
    Awin erhob sich. Die Heftigkeit des Ausbruchs sagte ihm, dass weiterer Widerspruch sinnlos war, aber er spürte auch, dass die Fürstrichterin sich nicht sicher war, ob sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ihre abweisende und verschlossene Miene sprach Bände. Und dieses Gerede, dass sie die Gedanken der Ersten Sonnentochter kannte - die Paeni saß viele Tagesreisen entfernt in der Hauptstadt Dama. Woher sollte sie so schnell auch nur von Eris Angebot erfahren haben?
    »Wann wirst du das dem Boten des Tiudhan mitteilen?«, erkundigte sich Awin förmlich, als er sich erhob. Inzwischen fragte er sich, warum die Prawani ihn überhaupt um seine Meinung gebeten hatte, ihre Entscheidung schien doch schon vorher festgestanden zu haben. Wenn sie seinen Rat nur eingeholt hatte, um die Form zu wahren, hätte sie sich das auch sparen können.
    »Morgen. Je eher diese Hakul aus unseren Wäldern verschwinden, desto besser«, sagte die Prawani.
    »Ich nehme an, das gilt dann auch für uns?«, fragte Awin, und er konnte eine gewisse Bitterkeit nicht unterdrücken.
    Die Fürstrichterin lächelte kühl. »Vierzehn Tage habt ihr Zeit, die Ebene zu verlassen. Genug Zeit, um nach Wastu zu gehen, oder noch weiter, falls es euch nicht doch in eure Heimat zieht.«
    »Das Land der Viramatai steht uns offen?«, fragte Awin überrascht.
    »Glaubst du im Ernst, Yaman, dass ich dich der Willkür dieses
Hakul-Fürsten überlasse? Wir Sonnentöchter achten das Gastrecht. Sollte Eri das je vergessen, wird er es sehr bereuen.«
    Awin verneigte sich stumm, und die Fürstrichterin erklärte diesen Rat für beendet. Die Brami begleitete sie aus der Kammer. Es war ein milder Abend. Der Regen hatte aufgehört.
    »Es ist erstaunlich«, sagte Awin auf der Treppe.
    »Was meinst du, Yaman Awin?«, fragte die Brami freundlich.
    »Kalya scheint mächtiger zu sein, als ich dachte. Sie schließt Frieden mit den Hakul im Namen der Paeni, und sie kann mir und meinen Leuten Schutz in der Festungsstadt Wastu anbieten, ohne erst mit der dortigen Fürstin Rücksprache zu halten.«
    »Wer sagt, dass sie das nicht getan hat?«, fragte die Priesterin lächelnd.
    »Aber Wastu liegt gute fünf Tage entfernt, und der Bote ist doch erst vor vieren hier erschienen«, erwiderte Awin.
    »In der Tat, eine gute Reiterin auf einem noch besseren Pferd bräuchte wohl wenigstens vier Tage, um Wastu zu erreichen«, antwortete die Priesterin. »Doch verzeih, eine unserer älteren Kriegerinnen ist sehr krank, und ich habe versprochen, mit ihr gemeinsam Edhil um Gesundheit zu bitten. Ich nehme an, wir sehen uns noch einige Male, bevor ihr aufbrechen müsst?«
    Awin nickte verdrossen. Die Brami verschwieg ihm offensichtlich etwas, und er mochte es nicht, wenn irgendetwas vorging, das er nicht verstand.
     
    »Und warum gefällt dir jetzt nicht mehr, dass die Viramatai genau das tun, was du ihnen selbst vorschlagen wolltest?«, fragte Tuge.
    Sie standen auf der Mauer und blickten dem Boten nach, der mit seiner Schar gerade wieder nach Tiugar aufgebrochen war. Awin hatte den Bogner erst jetzt, einen Tag nach der geheimen
Unterredung, ausführlich über das Ergebnis unterrichtet. Am vorigen Abend hatten sie zunächst seine glückliche Wiederkehr aus dem Land der Toten gefeiert. Es war ein eigentümliches Fest gewesen. Awin spürte deutlich, dass seine Stammesbrüder und -schwestern große Scheu vor ihm und noch mehr vor Merege empfanden. Es war, als würde nun ein Hauch des Todes zwischen ihm und seinen Gefährten stehen. Merege hatte die Feier fast sofort verlassen. Awin wäre ihr am liebsten gefolgt, denn er hatte viel mit ihr zu besprechen, doch seine Gefährten hatten ihn genötigt, mit ihnen auf seinen

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