Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Zukunft unseres Volkes! Sie sind doch sogar eine Gefahr für die ganze Welt geworden!«
    Awin hatte sich in Rage geredet, und Tuge starrte ihn mit großen Augen an. Schließlich sagte er: »Ich hoffe, du bist ähnlich überzeugend, wenn du zu Eris Kriegern sprichst, denn ich erkenne nun meinen Irrtum. Du solltest das auch den Jungkriegern sagen. Sie folgen dir gerne, aber sie werden dir noch lieber folgen, wenn du ihnen das begreiflich machst, was du mir gerade erklärt hast.«
    Awin nickte. Er konnte den inneren Zwist seiner Leute gut verstehen, denn er hatte ihn selbst lange genug ausgefochten. Seit sie im Sattel saßen, hatte er sich mit dieser Frage herumgeschlagen. Sein Kopf wusste, dass er im Recht war, aber sein Herz war schwerer davon zu überzeugen, dass er sich gegen sein eigenes Volk stellen musste, gegen seine Brüder. Er folgte Tuges Rat und erklärte seinem Sger, dass nicht sie, sondern Eris Männer den Pfad der Hakul verlassen hatten, also die wahren Abtrünnigen waren. Die Krieger nickten, aber er sah, dass sie untereinander fragende Blicke austauschten. Nur Karak starrte ins Nichts, als ginge ihn das alles nichts an.
     
    Am nächsten Morgen umgingen sie einige felsige Höhen, bis sie gegen Mittag auf einen schnell fließenden Bach stießen, den Mahuk wiedererkannte. Sie führten ihre Pferde bachaufwärts durch eine verwinkelte Schlucht, bis sie auf einen kleinen
Talkessel mit einem Teich stießen, der von einem lebhaften, schmalen Wasserfall gespeist wurde.
    »Das Orakel ist dort oben«, erklärte der Raschtar.
    »Wie hast du es entdeckt?«, fragte Tuge erstaunt. Nichts deutete darauf hin, dass dort oben irgendetwas anderes zu finden war als weitere Felsen, Täler und Bäche.
    »Ich suche Kräuter. Sie wachsen an Gebirgsbächen. Ich finde dieses Wasser. Und einen Hakul, der darin badet. Er steigt dort drüben hinauf. Ich folge ihm. Dort sind die weißen Pferde.«
    Awin starrte die steile Wand an. Es schien dort wirklich eine Art Treppe zu geben, grob behauene Stufen, die einem natürlichen Felsvorsprung folgten. Hätte Mahuk sie ihm nicht gezeigt, hätte er sie wohl kaum entdeckt.
    »Als du dort oben warst, hast du da viele Wachen gesehen?«, fragte Tuge nach dem Wichtigsten.
    Mahuk schüttelte den Kopf. »Zwei, vielleicht drei Krieger. Dann einige würdige Männer. Und Frauen. Vielleicht Sklavinnen. Und natürlich die Pferde. Schneeweiß.«
    »Seltsam, sollten sie das heilige Orakel nicht stärker bewachen?«, murmelte Tuge misstrauisch.
    Awin zuckte mit den Schultern. »Sie fühlen sich wohl sicher. Schließlich kommt doch sonst jeder Besucher von unten aus der Stadt. Uns soll es recht sein. Aber denkt daran, wir wollen mit ihnen reden.«
    »Mit den Deutern, aber nicht mit den Wächtern«, schränkte Tuge ein.
    »Dennoch. Ich will an dieser heiligen Stätte kein Blut vergießen. Nicht, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.«
    Dem stimmte Tuge nickend zu, aber sein Blick verriet, dass er nicht daran glaubte, dass es friedlich ablaufen würde.
    Awin befahl Dare und Karak, bei den Pferden zu bleiben, dann schärfte er Limdin und Mabak ein, sich zurückzuhalten.
Er brauchte dort oben keine Jungkrieger, die im Übereifer vielleicht etwas Unbesonnenes unternahmen. Vorsichtig kletterten sie die steile Treppe hinauf. Mahuk ging voraus, Awin und die anderen folgten ihm, Merege als Letzte. Awin hatte eigentlich erwartet, dass sie bei den Pferden bleiben würde, um sich aus dem vorhersehbaren Streit herauszuhalten. Er hatte sie deshalb gar nicht erst gefragt, aber er war froh, dass sie sich ihnen anschloss. Die Treppe führte sie in einen dichten Bergkiefernhain. Mahuk wies auf den ausgetretenen Pfad, aber Awin entschloss, sich abseits dieses Weges zu halten. Leise schlichen sie unter den Bäumen weiter. Sie hatten schnell den Rand des Wäldchens erreicht. Vor ihnen erstreckte sich eine kleine Bergmatte, eine ansteigende Wiese, nur von einigen ausladenden Wachholderbüschen bestanden. Auf der gegenüberliegenden Seite wuchsen zwei mächtige Felsplatten in die Höhe. Sie lehnten sich aneinander, so dass unter ihnen eine große Höhle entstanden war. »Dort wohnen alle. Pferde und Menschen«, raunte Mahuk.
    Awin runzelte die Stirn. Er hätte erwartet, dass die Pferde auf einer offenen Weide gehalten würden. Die heiligen Stuten, eingezwängt in Fels? Das war seltsam. Weiter links, auf der Talseite, zog sich der Wald näher an die Höhle heran, ehe er jäh an einer Kante endete. Awin gab seinen Gefährten

Weitere Kostenlose Bücher