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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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dass mir Schweigen auferlegt wurde«, erwiderte Awin verärgert.
    »Aber mit Isparra hast du darüber gesprochen«, stellte die Kariwa fest.

    »Sie ist auch keine Sterbliche«, brummte Awin missmutig.
    »Wenn sie dir wirklich geraten hat, ins Totenreich zurückzukehren, dann taugt ihr Rat nicht viel«, erwiderte Merege kühl.
    »Ich verstehe es«, meinte Mahuk. »Du siehst nicht mehr seit der Schlacht von Pursu. Du hast es oft versucht. Der schwarze Raum. Die Stimmen. Haben dich die Toten gerufen?«
    Awin schwieg. Der Raschtar hatte gut geraten.
    »Und du hast gedacht, hinterher wird es wieder gehen.«
    »Das habe ich gehofft, ja, ehrwürdiger Raschtar.«
    »Aber es geht nicht. Es ist schlimmer geworden. Du sprichst nicht einmal mehr davon. Versuchst es nicht.«
    Jetzt starrte Merege Awin an. »Ist es meine Schuld, dass du deine Gabe verloren hast, junger Seher?«, fragte sie mit sanfter Stimme.
    Awin schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Aber ich darf euch eben nicht sagen, woran es liegt.«
    »Ein Verbot der Toten für einen Lebenden. Eigenartig«, murmelte Mahuk.
    »Und du glaubst, die Gabe kehrt zurück, wenn du das Reich Uos noch einmal betrittst? Ist es das, was Isparra gesagt hat?«
    Awin biss sich auf die Lippen. »Nein, das hat sie nicht. Es wäre ein verzweifelter Schritt. Vielleicht habt ihr Recht. Ich sollte einen anderen Weg suchen. Aber wenn uns kein anderer Weg mehr offen steht … ach nein. Es ist wohl hoffnungslos.«
    Plötzlich lachte die Kariwa laut auf.
    Awin fuhr sie verärgert an. »Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, Merege!«
    »Ein Seher, der nicht sieht, und eine ›Zauberin‹, die nicht
zaubern will, gegen vier mächtige Windskrole und ein vieltausendköpfiges Heer - wenn das nicht wahrhaft zum Lachen ist …« Dann stand sie auf und ging in die Dunkelheit davon. Und immer noch hörte Awin sie leise lachen. »Wenn das ein Witz ist, verstehe ich ihn nicht«, brummte er übellaunig.
    »Die Kariwa lacht. Gutes Zeichen«, meinte Mahuk und klopfte Awin aufmunternd auf die Schulter.
     
    Im ersten Licht des Tages saßen sie auf ihren Pferden. Bei Sonnenaufgang stießen sie dann endlich wieder auf die Spuren, die die Wagen der Händler in vielen Jahrzehnten in die Ebene gegraben hatten.
    »Es kann nicht mehr weit sein«, meinte Tuge.
    »Hoffentlich«, erwiderte Awin nur.
    Es war wirklich nicht mehr weit. Keine Stunde später senkte sich die Ebene nach Norden immer mehr ab, und dann führte der Pfad über eine steile, natürliche Rampe hinab ins Grünland. Die Wand war hier viel niedriger als auf der anderen Seite der Ebene, und auch niedriger als an der Stelle, an der Isparra gesprungen war.
    »Endlich haben wir diese Ebene und ihre Geister hinter uns«, murmelte der Bogner, als sie den Weg hinabritten.
    »Dafür haben wir ein Land voller Feinde vor uns, Tuge. Ob das besser ist?«, erwiderte Awin.
    Tuge zuckte mit den Achseln. »Wir haben Bögen, Speere und Schwerter. Damit können wir es mit jedem Feind aufnehmen, solange er nur einen sterblichen Leib hat.«
    Der Weg führte sie hinab in eine sumpfige Senke. Zuerst freuten sie sich über das offene Wasser, das in den flachen Teichen stand, doch wurden sie dort von Tausenden von Stechmücken empfangen. Also gaben sie ihren Pferden die Fersen und machten, dass sie weiterkamen.

    »Von oben sah dieses Land viel schöner aus«, meinte Wela und schlug einen der Plagegeister auf ihrem Unterarm tot.
    »Kein gutes Land. Das Gras, der Boden. Sie schmecken nicht«, erklärte Mahuk, der vom Pferd gestiegen war und ausgiebig auf einem Grashalm kaute.
    Die Hakul sahen einander befremdet an, aber Awin beschloss, nicht näher auf das Verhalten des Raschtar einzugehen. Auch er war überrascht von dem, was sie hier vorfanden. Das satte Grün, das aus der Ferne saftige Weiden versprochen hatte, entpuppte sich als Sumpf und Moor. Dazwischen gab es undurchdringliche Dickichte aus Dornenhecken und dichte, dunkle Waldstücke, in die kein Hakul freiwillig eingedrungen wäre.
    »Es muss doch irgendwo besser werden. Schließlich haben die Akradhai unsere Vorfahren von hier vertrieben. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Hakul hier seine Pferde weiden lassen will«, meinte Wela.
    »Du vergisst, dass das in der Zeit geschah, bevor Etys uns das Reiten beibrachte«, belehrte sie Awin.
    »Na, selbst eine Ziege würde ich hier nicht weiden lassen«, warf Tuge ein. »Wenn sie nicht in einem Sumpf ertrinkt, verirrt sie sich im Wald oder wird von den

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