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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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laut.
    Mahuk brummte irgendetwas Missbilligendes, aber Awin betrachtete neugierig das Ding, das Limdin mitgebracht hatte. Es war unzweifelhaft von Menschenhand gemacht, ein Gewirr von dünnen Stricken, an denen unterschiedlich lange, ausgehöhlte und mit Augen bemalte Hölzer baumelten. Als Limdin sie frei schwingen ließ, begannen sie gegeneinanderzuschlagen, und das leise, schnarrende Klappern erklang. »Ich habe lange gesucht, denn immer, wenn ich glaubte, unter dem richtigen Baum zu stehen, erklang das Geräusch an anderer Stelle. Schließlich sah ich etwas hoch oben in einem Baum. Fast hätte ich es nicht erreicht«, berichtete der junge Krieger. Viele Männer klopften ihm auf die Schulter und priesen seinen Mut.
    »Und davor haben wir uns gefürchtet?«, rief Tuge, halb erleichtert, halb belustigt.
    Sie ließen das Ding durch die Reihen wandern, und bald hörte Awin das leise Lachen der Krieger. Nur Mahuk wollte nicht einstimmen.
    »Was ist mit dir, ehrwürdiger Raschtar?«, fragte Awin. »Bist du enttäuscht, dass wir nicht von Geistern umgeben sind?«

    Mahuk schüttelte den Kopf. »Sind wir das nicht? Seltsames Ding. Hängt im Wipfel. Aber wozu? Und wer hängt es auf? Ich rieche, es wohnt kein Geist darin, aber ich weiß es nicht von den anderen, die wir hörten.«
    Das war ernüchternd. Der Ussar hatte Recht. Irgendjemand hatte sich viel Mühe gegeben, dieses fremde Ding und die anderen seiner Art hoch oben im Blätterdach zu verstecken. Doch warum hier, tief im Wald, wo kaum je ein Mensch hinkam? Awin teilte seine Gedanken mit Jeswin, der ihm zustimmte, als er zu verschärfter Wachsamkeit mahnte. Mit gezogenen Schwertern setzten sie ihren Weg fort.
    Das leise Klappern blieb von nun an ein immer wiederkehrender Begleiter, und hätte Mahuk nicht von den Geistern gesprochen, hätte es sie wohl kaum noch beunruhigt. Dann, es musste schon nach Mittag sein, erlebten sie eine Überraschung: Vor ihnen wurde es plötzlich heller. Und als Awin sich noch fragte, ob sie vielleicht auf eine Lichtung gestoßen waren, brach er hinter Mahuk durch einige Sträucher - und fand sich auf einer Straße wieder. Verblüfft blieb er stehen. Es war ein deutlich sichtbarer, breiter Pfad. Das war zwar keine Händlerstraße wie die, der sie im Grünland und auf der Geisterebene gefolgt waren, aber auch hier hatten Wagen ihre Spuren im weichen Waldboden hinterlassen. Die Hakul kamen nach und nach aus dem dichten Wald hervor und staunten. Awin blickte auf. Über den Bäumen zeigte sich endlich wieder blauer Himmel.
    »Ein Reiter war hier, gestern, in großer Eile«, sagte Mahuk und deutete auf ein paar Abdrücke im Boden.
    »Die Akradhai haben nicht viele Pferde, aber ganz unbekannt ist ihnen die Reitkunst nicht«, meinte Jeswin mit einem Achselzucken. Offenbar wollte er der Spur keine besondere Bedeutung beimessen.

    »Und ein Wagen ist hier gefahren. Zwei, vielleicht drei Tage her«, murmelte Mahuk. »Ein schwerer Wagen.«
    »Führt der Weg nach Norden, ehrwürdiger Raschtar?«, fragte Awin. Er musterte die Spur. Sie unterschied sich in nichts von all den anderen Pferdespuren, die er gesehen hatte, aber dennoch hatte er das fast sichere Gefühl, dass sie von jenem geheimnisvollen Reiter stammte, den Mahuk auf der Geisterebene entdeckt hatte.
    Der Raschtar wies jetzt mit ausgestrecktem Arm in eine Richtung, die sich nicht ganz, aber doch ungefähr mit der Richtung des Weges deckte. »Dort ist Norden. Weg führt in den Wald. Ist vielleicht gefährlich, denn das ist Menschenweg. Yeku sagt, Ackerleute.«
    »Akradhai? So tief im Wald?«, fragte Jeswin verwundert.
    »Vielleicht haben sie weniger Angst vor der Waldskrole als vor dem bösen Geist des Grünlands«, meinte Awin mit einem leichten Lächeln.
    »Du solltest nicht über sie spotten, Yaman, nicht, solange wir in ihrem Wald sind«, erwiderte Jeswin düster. »Und vielleicht führt dieser Pfad uns geradewegs zu ihr.«
    Awin nickte, aber dann wies er nach oben. »Verzeih, aber dieser blaue Himmel über uns macht mir das Herz und auch die Zunge leicht. Außerdem glaube ich nicht, dass eine Alfskrole einen derart breiten Weg braucht.«
    »Mag sein«, murmelte Jeswin verstimmt.
    »Und wo führt er dann hin?«, fragte Wela ungeduldig.
    »Das werden wir wohl am ehesten herausfinden, wenn wir ihm folgen«, antwortete Awin, »doch sollten wir den Pferden eine Rast gönnen. Dieser Weg durch den Wald hat ihnen ebenso wenig gefallen wie uns.«
    Wela sah nach der Pfeilwunde des Braunen, die gut

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