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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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verheilte. Awin überließ ihr das Tier und nutzte die Zeit, um sich etwas abseits
der anderen mit Merege zu unterhalten. »Ich weiß, dass du noch nie in diesem Land warst, Merege, und wenn ich dich richtig verstanden habe, kennt dein Volk eigentlich auch nur die Küste des Bernsteinlandes, aber hast du vielleicht schon etwas über diesen Wald und die Alfskrole, die in ihm wohnen soll, gehört?«
    Die Kariwa schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich hörte von dem finsteren Femewald ebenso wie von den Nebelsümpfen, und wir wissen auch, dass beide nicht gänzlich unbewohnt sind, auch wenn man sich kaum vorstellen mag, dass Menschen hier freiwillig leben wollen. Und natürlich erzählen auch die Kariwa ihren Kindern Geschichten von bösen Geistern und Unholden, die in Sümpfen und dunklen Wäldern hausen. Ich kann aber nicht sagen, ob mehr dahintersteckt als die Absicht, die Kinder von ihnen fernzuhalten.«
    Awin nickte. »Ich habe Jeswin gefragt, wie groß dieser Wald ist, doch konnte er es mir nicht sagen. Wissen die Kariwa vielleicht mehr?«
    »Die Kariwa möglicherweise schon, ich jedoch nicht«, erwiderte Merege mit einem flüchtigen Lächeln.
    Awin fand, dass sie öfter lächeln sollte. Er hatte sich schon fast abgewandt, als er sich plötzlich sagen hörte: »Es scheint dir besser zu gehen, Merege. Das ist … schön.«
    Merege lächelte wieder, doch dieses Mal war das Lächeln abweisend und kühl. »Ich werde dennoch nicht für dich zaubern, Hakul«, erklärte sie ruhig.
    Verstimmt kehrte er zu Wela zurück.
    »Die Wunde heilt gut, Awin, dein Pferd hatte Glück. Darüber solltest du dich freuen.«
    »Tue ich«, murmelte er.
    Welas Augen verengten sich: »Was aber die bleiche Ziege angeht, der du nachläufst wie ein Hund einem Knochen, da musst du Mahuk um Rat fragen. Ich habe keine Ahnung, was
ihr fehlt, ich kann dir nur sagen, dass ihr irgendetwas fehlen muss, so wie sie mit anderen Menschen umgeht.«
    Awin starrte Wela mit offenem Mund an.
    »Sehr starke Frau«, meinte Mahuk grinsend, als sie davongestapft war. »Yeku hat immer noch Angst vor ihr. Ist nicht dumm. Die Kariwa bedrückt etwas. Eine Last, die sie trägt.«
    »Sie ist Uo begegnet. Ich glaube, das hat sie mehr mitgenommen, als wir uns vorstellen können«, erwiderte Awin. »Aber eigentlich hatte ich den Eindruck, dass es ihr umso besser geht, je näher wir ihrer Heimat kommen.«
    Sie saßen wieder auf und setzten ihre Reise fort, umgeben von dunklem Grün, das Awin bald wieder vor Feindseligkeit zu strotzen schien. Dare bot sich an vorauszureiten, um den Weg auszukundschaften. Offenbar hatte er das Gefühl, sich beweisen zu müssen, nachdem sein Bruder im Ansehen der Männer so stark gestiegen war. Awin hätte ihn ohnehin darum gebeten, und Jeswin, der seine Gedanken erriet, befahl Raiwe, einem seiner Jungkrieger, Dare zu begleiten.
    Zunächst blieb ihr Ritt ereignislos. Nur das leise Schnarren und Klappern aus den Bäumen hörte nicht auf und ließ sie wieder beklommen schweigen.
    Mahuk, der immer noch vor Awin und Jeswin ritt, hielt sein Pferd an und hob die Hand. Der Sger blieb stehen.
    »Eure Männer sollten ihre Waffen festhalten«, sagte der Ussar. »Kein Specht, kein Vogel, kein Hirsch im Dickicht. Zu ruhig hier. Schlechtes Zeichen.«
    Awin, der nicht viel über Wälder wusste, fragte: »Kann es nicht sein, dass die Tiere vor uns fliehen, da sie uns kommen hören?«
    Mahuk warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Ich würde sie hören. Aber versteckte Menschen bleiben vielleicht durch unseren Lärm vor meinen Ohren verborgen.«

    Awin verstand, was der Raschtar meinte, und gemeinsam mit Jeswin mahnte er die Krieger zur Ruhe, obwohl sie doch schon schwiegen und leiser kaum sein konnten. Bald war wieder das Stampfen der Hufe, das leise Klirren der Waffen und das gelegentliche Schnauben der Pferde zu hören, untermalt vom Rauschen der Blätter im Wind und dem flüsternden Schnarren der hölzernen Gestelle, die irgendjemand dort über ihnen in die Bäume gehängt hatte.
     
    Sie ritten bis zum späten Nachmittag. Der Weg blieb breit, umging einige Felsen, aber führte dabei immer weiter in nördlicher Richtung tiefer in den Wald hinein. Awin zerbrach sich den Kopf darüber, wer ihn angelegt haben mochte und zu welchem Zweck. Wagen waren hier gefahren, das konnte er sehen, doch warum und wohin? Er hoffte, bald eine Antwort zu finden. Im Augenblick war er jedoch froh, dass dieser Weg es ihm erlaubte, halbwegs schnell voranzukommen. Sie würden

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