Der Sohn des Sehers 03 - Renegat
dieses Hauses im Wald das sagen. Wir fallen den Angreifern in den Rücken, zu Pferd, nach Hakul-Art. Das wird sie in die Flucht schlagen, denn die Überraschung ist auf unserer Seite.«
»Mareket gebe, dass du Recht hast, Yaman«, rief Jeswin. Kampfeslust leuchtete in seinen Augen. Er nahm seinen Speer aus dem Halfter und schwenkte ihn. Sofort machten seine Krieger sich kampfbereit. Bald verschwanden die Gesichter der Yamanoi hinter den Furcht erregenden Masken aus Bronze.
»Was ist mit dir, Yaman, willst du ohne Kriegshelm kämpfen?«, fragte Jeswin, als er seine Maske am Helm einhängte.
Awin starrte in die ausdruckslosen, viereckigen Augen der Maske und nickte. Er besaß keinen Kriegshelm, weil die Sonnentöchter Wela nicht erlaubt hatten, ihre Ambosse zu benutzen. Jetzt hätte er sein Gesicht gerne hinter so einer Fratze verborgen. Er fasste seinen kleinen Lederschild fester. »Kein Hornzeichen, Tuge, wir wollen sie doch überraschen«, befahl er, als er sah, dass der Bogner sein Horn schon an die Lippen brachte.
»Seid ihr bereit, ihr Krieger?«, rief Jeswin.
»Hakul!«, antwortete es vielstimmig.
»Wela, die Sgerlanze - aber halte dich im Hintergrund«, befahl Awin, als die Schmiedin neben ihm auftauchte.
Sie antwortete nicht, aber ihre Augen sagten, dass sie ihm nicht gehorchen würde.
»Wela!«, mahnte er.
»Hakul!«, rief Jeswin, stieß seinem Pferd die Stiefel in die Flanken und galoppierte los.
»Hakul!«, riefen die Krieger und folgten ihrem Yaman.
Awin reckte seinen Speer in die Höhe. »Hakul!«, rief er, und dann stürmte er mit den anderen voran. Tuge und Mabak waren neben ihm. Das Schlachtfieber hatte ihn gepackt. Es ging noch ein gutes Stück über den breiten Weg. Awin hörte das Donnern der Hufe und das Keuchen der Pferde und konnte es selbst kaum noch erwarten, endlich auf den Feind zu treffen. Der Weg weitete sich zur Lichtung, und in den roten Strahlen der Abendsonne stürmten die Hakul in den Kampf. Karak war plötzlich ganz vorne.
»Hakul!«
Awin brüllte mit, aber mitten im Schrei spürte er mit einem Mal eine kristallene Klarheit, und ein Stimme aus seinem Inneren fragte: Was tust du hier, Awin? Das »Haus« tauchte vor ihm auf. Die Späher hatten es nur unzureichend beschrieben. Es waren zwei große Langhäuser aus grobem Holz, die tief gezogenen Dächer mit Stroh gedeckt. Die Angreifer waren auf allen Seiten, und auf den Dächern wurde gekämpft. Männer standen dort und hieben aufeinander ein. Awin sah, dass sie schlecht bewaffnet waren. Ihm fielen Äxte, aber auch Sicheln und einfache Holzknüppel auf, nur ein oder zwei Schilde. Auf dem Dachfirst des einen Hauses saßen Frauen, die die Männer, die versuchten, sich über das Dach hochzuarbeiten, mit irgendetwas bewarfen. Ist das dein Kampf, Awin? , fragte seine innere Stimme. Er kannte die Antwort, aber er trieb sein Pferd voran. Auf einem niedrigen Holzwall standen Bogenschützen und wehrten Männer ab, die auf langen Stangen emporkletterten.
»Hakul!«
Für einen Augenblick schien die Schlacht zu gefrieren. Die Hakul donnerten auf ihren Pferden heran, und Angreifer und
Verteidiger erstarrten gleichermaßen vor Schreck. Dann schrie jemand schrill auf, es war eine der Frauen auf dem Dachfirst. Unter ihr war ein Mann vom Dach gestürzt, dem ein Hakulpfeil in den Leib gefahren war.
»Lauft! Lauft!«, brüllte eine laute Stimme, und: »Hakul, es sind Hakul!«
»Hakul!«, brüllten die Reiter.
Es gab keine Gegenwehr. Die Angreifer warfen ihre Äxte, Sicheln und Knüppel fort und liefen davon. Sie hatten Glück, dass die Hakul mit mehr Widerstand gerechnet hatten und in geschlossener Schlachtreihe angriffen. Als die Akradhai nun nach allen Seiten davonstoben, konnten dadurch viele ihrem Verhängnis noch einmal entkommen. Schlimm war es für jene, die das Haus vom Süden her angegriffen hatten, von der Seite, an der die Krieger der Steppe aufgetaucht waren. Dort wurden Männer von Speeren oder Pfeilen durchbohrt, von Schwertern niedergehauen oder einfach über den Haufen geritten und niedergetrampelt.
Awin war ein wenig zurückgefallen, aber auch er schleuderte jetzt den Männern auf der Lichtung das laute »Hakul« entgegen und legte seinen Speer zum Stoß ein. Sein Pferd wich einigen Baumstümpfen aus und trug ihn so immer dichter an eines der Langhäuser heran. Vom Dach kam ein Pfeil auf ihn zugeflogen. Awin sah ihn gerade noch rechtzeitig und riss seinen Schild hoch. Mit dumpfem Schlag fuhr der Pfeil ins Leder. Dann
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