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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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tauchten vor ihm, nur noch wenige Pferdelängen entfernt, zwei Männer auf. Sie waren vielleicht vom Dach gestürzt, Ackerleute der Kleidung nach, Angreifer, die wohl nicht schnell genug geflohen waren. Erst auf den zweiten Blick erkannte Awin, dass die beiden Männer miteinander rangen. Messer blitzten in ihren Händen. Plötzlich sah einer der beiden Awin heranstürmen. Für einen Augenblick schien er verunsichert, und diese
Unsicherheit brachte ihm den Tod, denn sein Gegner, der Awin den Rücken zukehrte, konnte seine Messerhand aus dem Griff des anderen lösen und stach ihn nieder. Dann hörte er wohl das Ross herankommen, fuhr herum und erstarrte. Awin riss hart am Zügel. Sein Brauner schnaubte, knickte in den Hinterläufen ein, seine Hufe rutschten ein Stück über den Boden, aber dann stand er. Awin hatte so mit dem Tier zu kämpfen, das er erst, als es unruhig zum Stehen kam, bemerkte, dass er die ganze Zeit seinen Speer zum Angriff gesenkt gehalten hatte. Die eiserne Spitze war nur eine Handbreit von der Brust des Fremden entfernt, der sie jetzt ungläubig anstarrte.
    Die Schlacht war vorbei. Die Angreifer waren fort, verschwunden zwischen den Bäumen, und die Hakul, die schnell einsahen, dass sie ihnen dorthin mit ihren Pferden nicht folgen konnten, kehrten zur Lichtung zurück. Awin sah einige reglose Körper im Gras liegen und auch zwei stöhnende Verwundete. Er sah aber auch, dass die Verteidiger unsicher ihre Bögen spannten.
    »Wir sind nicht eure Feinde!«, rief er laut.
    »Aber ihr seid Hakul«, erwiderte der Fremde, der immer noch Awins gesenkten Speer anstarrte.
    Awin stellte die Waffe hastig auf.
    »Dennoch sind wir nicht eure Feinde«, wiederholte er.
    »Praane, alles in Ordnung?«, rief eine Stimme vom Dach.
    »Alles in Ordnung, Nokke«, erwiderte der Mann vor Awin.
    »Aber was sollen wir jetzt tun? Das sind doch wirklich die Hakul, die …«
    Praane schnitt ihm das Wort ab: »Aber anscheinend kommen sie nicht in feindlicher Absicht. Also senkt die Waffen. Aber behaltet sie im Auge!«
    »Aber …«
    »Nokke! Stellst du meinen Befehl in Frage?«

    »Nein, Ore Praane, natürlich nicht«, lautete die kleinlaute Antwort.
    Awin fragte sich, was der Mann vom Dach hatte sagen wollen. Es klang fast, als hätten sie sie erwartet. Der Mann vor seinem Speer war also der Herr dieses Hofes. Dafür war er ziemlich jung.
    Jeswin kam auf seinem Rappen herangetrabt. »Ein leichter Sieg«, rief er, während er seine Kriegsmaske wieder abnahm. »Ein wenig zu leicht, wenn du mich fragst. Ich glaube, wir haben nicht einmal Verwundete. Diese Bauern verstehen es einfach nicht zu kämpfen.«
    »Tretet uns in offener Schlacht entgegen, und wir zeigen euch, dass wir tapfer sind«, rief Praane zornig.
    »Wieso streiten hier Akradhai gegen Akradhai?«, fragte Awin.
    »Warum mischen sich die Hakul ein?«, stellte Praane mit düsterer Miene die Gegenfrage.
    »Ich kann dein Misstrauen verstehen, Akradhai, doch gehören wir nicht zu dem Hereban, der das Grünland und die Stadt Borre verwüstete.«
    Praane sah ihn nachdenklich an. »Ich weiß nicht, zu wem ihr gehört oder nicht, aber ich sehe wohl, dass vieles an euch nicht ist wie bei anderen Hakul. Ich sehe eine junge Frau, die ein Feldzeichen trägt, und ich sehe zwei Fremde in euren Reihen, und eine davon scheint mir wahrhaftig eine Kariwa zu sein. Wer seid ihr?«
    »Ich bin Yaman Awin vom Klan der Schwarzen Dornen, das ist Yaman Jeswin vom Roten Wasser. Du bist ein guter Beobachter, Ore Praane, und ich sichere dir im Namen der Hüter zu, dass keiner unserer Männer die Waffe gegen euch richten wird, wenn wir heute Nacht hierbleiben.«
    »Ihr wollt hierbleiben?«, fragte der Ore.

    »Es wird bald dunkel, und wir werden nicht weiterziehen«, stellte Awin ruhig fest. »Ich glaube, es wäre auch für euch besser, wenn dieser Hof heute Nacht von einigen bewaffneten Männern mehr verteidigt würde.«
    »Und du gelobst Frieden im Namen der Hüter? Das ist ein heiliges Versprechen. Für einen Hakul siehst du zwar ehrlich aus, doch wirst du verstehen, dass ich zögere, dir unsere Gastfreundschaft anzubieten. Denn ihr seid, was ihr seid, Räuber aus der Steppe, und wir haben wenig Gutes von den Hakul erfahren.«
    »So bist du nicht der Meinung, dass wir euch soeben vor euren Feinden gerettet haben?«, fragte Awin mit kühler Freundlichkeit.
    Praane zögerte, aber dann gab er nach. »Auch ich gelobe im Namen der Hüter, dass wir euch heute nicht angreifen werden. Ihr könnt im

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