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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Schatten unseres Walls eure Zelte aufschlagen, doch werde ich euch nicht anbieten, unsere Häuser zu betreten.«
    »Du willst, dass wir hier ungeschützt auf der Lichtung lagern, während der Wald voller Feinde ist?«, fragte Awin ruhig.
    Praane nickte. Ein flüchtiges Lächeln spielte um seine Lippen. Awin betrachtete den Mann genauer. Er war jung, nicht viel älter als er selbst, schlank, beinahe schmächtig, aber doch auch sehnig, im Kampf sicher ein nicht zu unterschätzender Gegner. Eine Narbe am Kinn deutete darauf hin, dass er nicht seine erste Schlacht schlug. Er war offensichtlich kaltblütig, denn er stand schutzlos auf einer Lichtung, umringt von zwei Dutzend Hakul, und wirkte nicht im Geringsten eingeschüchtert. Und er war gerissen, wenn er versuchte, die Hakul als lebenden Schild zwischen sich und seine Feinde zu schieben. Awin begriff, dass er hier Druck ausüben musste, um etwas zu erreichen, auch wenn es ihm gegen den Strich ging: »Ich
kenne die Regeln der Gastfreundschaft in diesem Land nicht, Akradhai, doch ich bin sicher, wir werden heute innerhalb dieser Wälle schlafen. Mit oder ohne eurer Erlaubnis.« Das war eine kaum verhüllte Drohung.
    Plötzlich lachte Praane, er schien gute Miene zum bösen Spiel machen zu wollen. »Verzeih, Fremder. Ich war unhöflich. Im Namen der Hüter, ich biete euch den Schutz des Gastrechts auf Praanes Hof - für diese Nacht.«
     
    »Hältst du das für klug, Yaman?«, fragte Jeswin, als sie abstiegen, um die Pferde durch den niedrigen Torbogen zu führen.
    »Für klüger, als hier auf der Lichtung oder gar im Wald zu übernachten. Wenn wir wachsam sind, wird es keine Überraschungen geben.«
    »Dein Wort in Marekets Ohr, Yaman«, murmelte Jeswin zur Antwort.
    Awin erntete viele finstere Blicke, als er an der Seite von Praane durch das Tor schritt. Das Misstrauen, das zwischen Hakul und Akradhai stand, war beinahe mit Händen zu greifen.
    »Du kannst dich geehrt fühlen, Hakul, noch nie hat einer deines Volkes diesen Hof betreten«, sagte Praane.
    Awin nickte höflich und sah sich um. Der Innenhof war klein, eingezwängt von den beiden Langhäusern und an den Schmalseiten von Verschlägen, in denen er einige Felle und Häute entdeckte, die zum Trocknen aufgespannt waren. In einem anderen sah Awin drei zugedeckte Körper, vermutlich Opfer des Kampfes, den die Hakul beendet hatten. Ein schwerer Wagen stand neben dem Tor. Bogenschützen hatten dort Stellung bezogen und starrten sie nun misstrauisch an. Awin wurde bewusst, dass sie sehr viel Glück gehabt hatten. Der Pfeil steckte immer noch in seinem Schild, das schien der einzige Schaden zu sein, den ihr Sger genommen hatte.

    »Der Platz wird nicht für unsere Pferde reichen«, stellte er jetzt fest.
    Praane zwinkerte ihm zu. »Im Hof sicher nicht.«
    Er führte Awin nach rechts und öffnete ein breites Tor. Überrascht stellte Awin fest, dass dieses Haus ein Stall war. Ein halbes Dutzend Kühe sowie etliche Ziegen und Schafe standen dort in Gattern. Ihre Pferde würden jedoch auch noch Platz finden.
    »Ich habe mich schon gefragt, ob ihr hier kein Vieh haltet«, meinte Awin beeindruckt.
    »Eure Rösser werden es hier drin nicht schlechter haben als wir Menschen - aber du kannst es auch so sehen, dass wir Menschen es hier nicht viel besser haben als die Tiere. Wir sind nicht reich.«
    Awin beruhigte die misstrauischen Hakul, die es nicht gewohnt waren, ihre Pferde in Ställen unterzubringen, dann folgte er Praane in das zweite Haus. Es war wirklich nicht viel besser als der Stall. Es gab nur zwei Räume, im ersten lag ein einzelner Mann auf Stroh gebettet. Er setzte sich auf. »Dies ist Uref, der Älteste unseres Hofes«, erklärte Praane und stellte Awin dem Ältesten vor. Dieser begrüßte ihn höflich, aber kühl, und sagte: »Ihr habt uns gerettet, wie ich höre, dafür meinen Dank. Doch viel mehr als den werdet ihr nicht bekommen, Hakul.«
    »Welcher Art ist deine Wunde, Ältester Uref?«, fragte Awin höflich. »Wir haben Heiler bei uns, die danach sehen könnten.«
    »Es ist nichts, nichts, was wir nicht selbst versorgen könnten, danke«, erklärte Uref steif.
    Awin nahm es mit einem Nicken hin. Sein Blick fiel jetzt auf eine offen stehende Tür. Dahinter lag die zweite, die Vorratskammer des Hauses. Die erwies sich als außerordentlich gut gefüllt, mit Fleisch, Körben voller Früchte, Honigwaben,
Ackergeräten und noch vielen anderen Dingen, die Awin nicht kannte.
    »Wenn ihr das ›nicht reich‹

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