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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sonst gehen mögen.«
    Awin schloss die Augen, um nachzudenken. Hatte er sich etwa ganz umsonst mit dem Pferdezüchter des Wasser-Klans angelegt? Zorn auf die Hofleute? Nur weil sie von den Hakul verschont worden waren und sie so viele Vorräte besaßen? Und warum lebten sie überhaupt so tief in diesem unheimlichen
Wald? Dieser Ort war voller Geheimnisse. Awin nahm sich vor, wenigstens einige davon zu ergründen.
    Als sie durch das Tor zurückgingen, sah Awin Lamban mit verschränkten Armen vor dem Stall stehen. Er zog es in Erwägung, mit dem Mann zu reden, aber dann wurde ihm klar, dass das nicht möglich war. Der Mann hatte ihn beleidigt, und er, der Yaman, hatte ihn zurechtgewiesen. Damit war der Fall eigentlich erledigt. Den Groll, den Lamban hegte, würde er mit Worten nicht ausräumen können, nicht, wenn er sich nicht selbst bloßstellen wollte.
    Ein Knabe kam ihm entgegen, er hielt einen Jagdbogen in der Hand und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Neugierig musterte Awin den Jungen, der offensichtlich etwas von ihm wollte. Jetzt streckte er die Hand aus und sagte: »Meinen Pfeil, kann ich ihn wiederhaben?«
    Awin stutzte. »Du bist also der tapfere Krieger, der auf mich geschossen hat?«, fragte er.
    Der Knabe nickte. Er sah nicht aus, als sei er deswegen verlegen. Awin fiel auf, dass auch dieser Knabe ziemlich mager war. Sie schienen hier wirklich sparsam mit ihren Vorräten umzugehen.
    »Der Pfeil steckt noch im Schild, den du an den Sattel gehängt hast, Awin«, sagte Wela jetzt. »Beides findest du hinter dem Stalltor. Ich habe mir erlaubt, mich um dein armes Pferd zu kümmern, während du mit dem Ore die Zeit verplaudert hast.«
    Awin nahm den versteckten Vorwurf hin. »Ich danke dir, Wela Schmiedetochter«, erklärte er. »Dann komm, tapferer Krieger, ich gebe dir deinen Pfeil wieder. Und du, Heilerin unseres Klans, könntest Uref, den Ältesten, dort im Haus aufsuchen. Er braucht deinen Rat vielleicht nötiger als ich.«
    Wela zog grinsend ab. Im Stall fand Awin seinen Schild an
der bezeichneten Stelle, und er zog den Pfeil vorsichtig aus dem Leder. Seine Spitze war klein und ohne Widerhaken, und die Bronze erschien Awin von minderer Güte. »Es ist kein sehr guter Pfeil. Seid ihr so knapp an Waffen, dass ihr selbst die schlechten Pfeile wieder einsammeln müsst?«, fragte Awin. Er stellte die Frage nicht ohne Grund, denn natürlich sammelten die Hakul ihre Geschosse nach der Schlacht ebenfalls wieder ein, gerade, wenn sie tief im Feindesland waren. Wo sollten sie sonst Ersatz hernehmen? Doch er fand, es konnte nicht schaden, mehr über die Bewaffnung der Hofleute zu erfahren, auch wenn er dazu dumme Fragen stellen musste.
    Der Knabe zuckte mit den Achseln. »Unsere Jäger haben viel bessere. Aber Praane sagt, jeder ist für seinen Köcher selbst verantwortlich. Und wenn er leer ist, muss ich sehen, wo ich neue Pfeile herbekomme. Aber du kannst mir welche von deinen schenken, Hakul.«
    Awin lachte. »Du wirst nicht erleben, dass ein Hakul seine Waffen verschenkt, Krieger. Aber sag, wie kommt es, dass Praane diesen Hof führt, und nicht der Älteste?«
    »Es ist Krieg. Da führt eben der Ore. Ist das bei den Hakul anders?«
    »Das ist es«, antwortete Awin.
    »Und ich bekomme sicher keinen von deinen Pfeilen? Du hast so viele.«
    »Vielleicht, wenn du größer bist«, gab Awin zur Antwort.
    Leicht enttäuscht trottete der Junge davon.
     
    Falls die Akradhai den Hakul dankbar für ihr Eingreifen waren, verstanden sie es, das zu verbergen. Sie luden sie zwar zum Mahl ein, aber angesichts der Vorräte, die Awin gesehen hatte, fiel es geradezu kärglich aus. Die Stimmung war angespannt, Praane hatte die Wachen verdoppelt, angeblich, weil er
einen erneuten Angriff befürchtete, aber Awin glaubte ihm das nicht. Praane verfügte über ein Dutzend Krieger, meist junge Männer, daneben gab es noch einige Frauen, die aussahen, als wüssten sie sich ihrer Haut zu wehren, und auch die größeren Kinder verstanden es wenigstens, mit dem Bogen umzugehen. Die Zahl der Angreifer schätzte Awin zwar auf vier oder fünf Dutzend, aber jetzt waren noch fast zwei Dutzend Hakul auf dem Gehöft, und die waren weit besser bewaffnet als die Akradhai. Nein, in dieser Nacht war der Hof sicher. Es war klar, dass Praane ihnen immer noch nicht traute und deshalb die vielen Wachen aufbot.
    »Die Wachen auf dem First sind sehr verwundbar, Ore Praane«, sagte Tuge irgendwann während des Essens. »Warum schützt ihr die

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